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6 Fazit

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Marga Bührigs Lebenswerk wurde bisher nicht umfassend wissenschaftlich aufgearbeitet, ihre Rezeption beschränkt sich auf den deutschschweizerischen, feministischtheologischen Kontext. Für den Feminismus allgemein ist Bührigs Lebensgeschichte jedoch aus mehreren Gründen ergiebig. Zunächst macht sie deutlich, dass die feministisch-theologische Bewegung im Wellen-Narrativ einen Zwischenraum füllt, dem bisher zu wenig Beachtung geschenkt wurde.29 Anstatt also anhand der Drei Wellen die Dissidenz innerhalb des Feminismus zu betonen, wäre es umgekehrt ein lohnenswertes Unterfangen, über Traditionslinien und Kontinuitäten nachzudenken.30 Zweitens hat Bührig im Studentinnenhaus und in der Beziehung zu Else Kähler und Elsi Arnold alternative Wohn- und Lebensformen gelebt. Diese Beispiele sind anschlussfähig für die historische Erforschung von Frauenräumen und von frauenbezogenen Lebensentwürfen. Dem Namen nach hätte das Studentinnenhaus ein konventionelles Heim für Studentinnen sein können, so wie dies für Studenten in der damaligen Zeit üblich war. Doch das Heim für Studentinnen war das erste seiner Art und darum ein Experiment. Mit der Beziehung zu Kähler und später auch zu Arnold lebte Bührig in einer Frauenformation, deren genaue Definition sie bis zum Lebensende offenließ. Für feministische Theorien, die sich vermehrt den Themen Identität und Differenz widmen, ist dies ein spannendes Beispiel. Und schließlich ist Marga Bührigs Engagement für die Lesben- und Schwulenbewegung in der Schweiz, als diese noch ganz in ihren Anfängen steckte, von großer Bedeutung. Auch hier wäre es weiterführend, aus feministischer Perspektive einmal einen Blick in die Religionsgeschichte zu werfen. Insgesamt trug Bührig mit ihrem beinahe lebenslangen Engagement entscheidend zur Frauenbewegung in der Schweiz bei.

Das Leben und Wirken religiös motivierter Frauen wie Marga Bührig in der feministischen Theoriebildung nicht zu berücksichtigen, bedeutet, auf wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse gesellschaftlich engagierter Frauen zu verzichten. Die breite Palette an Themen in Bührigs Leben – die Rolle der Laiinnen und Laien in den Kirchen, die weltweite Ökumene, die Sichtbarkeit und Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder die Friedensförderung –, lässt bereits anklingen, wie komplex das kaleidoskopische Bild des Feminismus wird, wenn die feministische Theorie und Geschichtsschreibung ihren Anspruch erfüllen will, die Frauenbewegung kritisch zu begleiten und voranzutreiben. Denn das ist ihre Aufgabe: das kaleidoskopische Bild »Feminismus« in seinen vielschichtigen Aspekten immer wieder aufs Neue zu erfassen. Dazu gehören auch die komplexen Wechselwirkungen von Feminismus und Religion.

Handbuch Gender und Religion

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