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2 Frauenbewegungen in globalen Kontexten 2.1 La Lucha

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Viele kraftvolle Stimmen kommen von Lateinamerikanerinnen, die auf dem amerikanischen Kontinent und den Philippinen leben. Ihre Wurzeln haben sie im langanhaltenden Widerstand gegen Gewalt und Unterdrückung, der sowohl den Frauenbewegungen der 1970er Jahre als auch der lateinamerikanischen Befreiungstheologie vorausging.

Nancy Pineda-Madrid verortet einen Ausgangspunkt dieses Widerstands im Vertrag von Guadalupe Hidalgo (1848), der dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg ein Ende setzte, indem ein großer Teil des heutigen nordamerikanischen Westens und Südens den USA überlassen wurde. Der daraus resultierende »erschütternde Verlust von Kultur, Sprache, Land und Existenzgrundlage«10 wurde von etlichen Autorinnen aufgezeichnet und kritisiert, u. a. von Nina Otero-Warren (1881–1965), Cleofas Jaramillo (1898–1956) und Fabiola Cabeza de Baca (1884–1991).11

Pineda-Madrid weist darauf hin, dass lateinamerikanische Wissenschaftlerinnen, Autorinnen und Aktivistinnen mit jeweils eigenen, authentischen, historisch verwurzelten Beiträgen auf die mehrfache Unterdrückung ihrer Gemeinschaft reagiert haben. Diese Beiträge waren weder eine Reaktion auf den Feminismus der 1970er Jahre, noch wurden sie davon abgeleitet. Im Kontext des Krieges, des Kolonialismus, des Rassismus und der absichtlichen Unterdrückung kultureller Identität, »wurden in den Schriften dieser Frauen […] die vielfältigen Arten, in denen Beiträge von Frauen minimiert und die Rollen der Frauen gering geschätzt wurden, erkannt«.12

Dadurch kamen lateinamerikanische Autorinnen erst ins Gespräch mit dem Feminismus. Während manche die Sprache des Feminismus passend finden und übernehmen, verwenden andere, wie die Theologinnen Yolanda Tarango und Ada María Isasi-Díaz, den Begriff mujerista, um die gesamte Unterdrückungsstruktur zu beschreiben, gegen die man in den Kampf – La Lucha – zieht.

Isasi-Díaz war eine der wichtigsten Sprecherinnen und Vertreterinnen der Mujerista-Theologie, die versucht, »dem religiösen Denken und der religiösen Praxis der lateinamerikanischen Frauen«13 eine Stimme zu geben und diese Stimme in die breitere Debatte einzubringen. Sie meint, diese Debatte bringe nur dann Akzeptanz, »wenn wir in der Art und Weise, wie andere denken und entscheiden, mitberücksichtigt werden«.14 Die Mujerista-Theologie ist daher in die La Lucha – den Kampf um Befreiung und Gerechtigkeit – eingebettet, und zwar zum einen auf der Ebene mehrfach unterdrückender Gesellschaften, wie den USA, zum anderen auch im Privatleben, im lo cotidiano: »Die Art und Weise, wie Lateinamerikanerinnen es schaffen, ihre Familien zu ernähren, Arbeit zu finden, sich auszubilden, Respekt zu verdienen, die Rechnungen zu bezahlen, gesund zu bleiben, Entscheidungen zu treffen, zu beten und Liebe zu machen, sind die Quellen, aus denen wir theologisieren.«15

Die Gemeinschaften von Lateinamerikanerinnen sind unterschiedlich: Viele leben in der Diaspora, andere als ausgebeutete oder unterdrückte Minderheiten in Lateinamerika. Das erzeugt ein Gefühl von Offenheit und Fluidität, das mit Begriffen für »Halb-Kaste« oder »Hybride« bezeichnet wird: mestizaje und mulatez.16 Hybridität stellt die festgelegten Grenzen und gesetzten Identitäten infrage, die europäische und amerikanische Denkweisen kennzeichnen.

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