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5.Mangelware sozialräumliches Vorstellungsvermögen?

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Ausgehend von dieser Crux der Sozialen Arbeit in ihrem Tripelmandat sowie Schopenhauers o. a. Unterscheidung von Wille und Willkür (Schopenhauer 1996) wird deutlich, welche Unruhe der Begriff „Wille“ aktuell im Diskurs Sozialer Arbeit nach wie vor stiften muss und warum es eines besonderen „sozialräumlichen Vorstellungsvermögens“ bedarf, damit die Soziale Arbeit die notwendige Transition zu einer tatsächlich sozialraumorientierten Ausgestaltung ihrer Funktion im 21. Jahrhundert zu bewältigen vermag.

Diese Ausgestaltung ist de facto auch eine willkürliche Entscheidung des Willensträgers, des politischen Souveräns. Und dieser muss von der Leistung an sich und der Leistungsfähigkeit der Akteure/innen überzeugt sein. Wenn aber nun in sozialraumorientierter Arbeit endlich im besten Sinne von „Vox Populi Vox Dei“ die Nutzer/innen Sozialer Arbeit als Teil des demokratischen Souveräns ihre Forderungen und ihren Willen einbringen, verstört dies gegenwärtig die Wahrnehmung auch der sozialpolitischen Expertokrat/innen und Statistiker/innen eher, als dass ein ehrlicher (hermeneutischer) Versuch unternommen wird, diese Botschaften aus dem Sozialraum zu verstehen, das sozialräumliche Vorstellungsvermögen zu erweitern und so auch für die Weiterentwicklung der Profession zu nutzen.

Um jedoch einem allzu handlichen Missverständnis vorzubeugen: Der normative Rahmen des Auftrags der Sozialen Arbeit im Abklärungs- und Gefährdungsbereich darf und soll natürlich nicht unerwähnt bleiben, da unweigerlich die Kritik folgen muss, dass die Willensfreiheit etwa eines/einer Erziehungsberechtigten sich dem gesetzlichen Gewaltverbot unterzuordnen hat.

Es ist unbestritten, dass hier und auch in anderen Zwangskontexten die Soziale Arbeit vielfach für die Regel im Sinne eines impliziten Anpassungsauftrags an gesellschaftliche Normative steht. Es stellt jedoch eine Wende im sozialräumlichen Vorstellungsvermögen der Akteure/innen der Kinder- und Jugendhilfe dar, gemeinsam mit den betroffenen Menschen Arrangements für ihren manifesten Willen – ja, auch der schlagende Vater WILL etwas grundsätzlich Positives für sich, nämlich vielleicht Ruhe, Ordnung, Entlastung im Konflikt – zu entwickeln. In diesen ausgehandelten Rahmungen darf und wird sich der manifeste Wille der Person verwirklichen, ohne mit staatlichen Gesetzen zu kollidieren und genau jene Energie, die sich hier destruktiv nach außen kanalisiert, positiv bzw. innerhalb des Korsetts existierender oder allenfalls zu ändernder Normen in neuen Arrangements zur Entfaltung kommen.

Ein im permanenten Mehr-Augen-Prinzip stattfindendes sozialraumorientiertes Case Management mit dem klaren Ziel eines vom Nutzerwillen getragenen Arrangements (vgl. Budde/Früchtel 2004) mit gesellschaftlichnormativen, aber auch – in systemtheoretischem Verständnis – im Einzelfall durchaus veränderlichen Rahmenbedingungen als oberstes Navigationsinstrument in der professionellen Arbeitsbeziehung, ist also in gewohnten Konstellationen der Leistungserbringung ein massiver Störfall.

Sozialraumorientierung 4.0

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