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4.Schluss
ОглавлениеAktuell gibt es v. a. drei Kritikpunkte an der am Willen ausgerichteten Sozialen Arbeit:
1.Es gibt den einen Willen nicht.
2.Klient/innen Sozialer Arbeit haben keinen Willen.
3.Der Wille eignet sich nicht, um die Leistungsberechtigung zu überprüfen.
Da der erste Punkt im Grunde kaum Gewicht hat, die Antwort mit einem „Na und?“ reichlich kurz ausfällt und der zweite Punkt bereits diskutiert wurde (s. auch Raspel 2019, S. 67-84), möchte ich mich auf das dritte Argument konzentrieren.
Bei der Orientierung am Willen geht es nicht um die regelgeleitete Feststellung der formalen Leistungsberechtigung. Ausgangslage von Hilfen sind meist subjektiv empfundene und zum Teil objektiv nachvollziehbare Problemlagen der Betroffenen. Dadurch ist ein erster Zugang zum Unterstützungssystem möglich. Häufig werden nach dem Überprüfen der formalen Leistungsberechtigung Ziele formuliert – manchmal mit der Person, oft auch für die Person – und daran anschließend werden Maßnahmen zur Unterstützung angeboten. Das helfende System folgt mit diesem Vorgehen allerdings eher einer Logik der zu platzierenden Angebote als einer Logik der Begleitung von Entwicklung und Veränderung. Und genau hier setzt die Orientierung am Willen an, die auf der Haltung beruht, dass sich ohne den Willen der Person weder Entwicklung noch Veränderung ethisch vertretbar realisieren lassen (s. Gromann 2019, S. 326-328). Es geht dann nicht mehr (nur) darum, unter vorgefertigten Hilfeangeboten das passendste auszuwählen, es geht darum, einzuschätzen, ob Veränderung und Entwicklung gewollt sind und somit potentiell gelingen können.
Die in der Sozialraumorientierung postulierte Orientierung am Willen stellt die Frage des Bedarfs nicht als eine von Fachkräften zu beantwortende Frage in den Raum, sondern schafft ein professionelles Setting, in dem Fachkräfte die vom Klientensystem dargestellten Problemkonstrukte zu verstehen versuchen. Der Bedarf wird lebensweltorientiert erfasst.
Haben Helfersystem und Klientensystem den Eindruck, verstanden zu haben, worum es geht, wird daraus nicht automatisch die Installation einer Hilfe abgeleitet. Es geht dann vielmehr um einen co-kreativen Prozess der Entscheidungsfindung bei dem Klienten/der Klientin: Möchte ich wirklich in die Veränderung/Entwicklung gehen, was v. a. bedeutet, dass ich selbst aktiv werde und mich wahrscheinlich ganz schön fordern wird? Damit ist die Feststellung des institutionellen Leistungsanspruchs nicht ersetzt, sie wird aber ergänzend qualifiziert.