Читать книгу Sozialraumorientierung 4.0 - Группа авторов - Страница 33

2.2.„Arbeite nie härter als Dein Klient“

Оглавление

Der axiomatische Imperativ „Arbeite nie härter als Dein Klient“ kann, wie oben beschrieben, als eine Faustregel verstanden werden. Und zwar dafür, „aktivierende Arbeit“ zu realisieren.

Doch zunächst ein Intermezzo.

Das Diktum „Arbeite nie härter als Dein Klient“ weist die Stärke auf, ebenso eindringlich wie gut merkbar zu sein. Allerdings ist die Formulierung dahingehend etwas unglücklich gewählt, dass es sich bei dem Wort „Dein“ um ein sogenanntes Possessivpronomen, also ein besitzanzeigendes Fürwort handelt. Das ist zweifach problematisch. Zum einen geht damit der Klient in den Besitz der Fachkraft über, zum anderen bedeutet das Wort „für“ (Fürwort) auch „anstelle von“. Das wiederum konterkariert die eigentliche Idee einer grundsätzlichen Tendenz zur „aktivierenden Arbeit“ in Richtung „betreuende Tätigkeit“; bis hin zur stellvertretenden Übernahme auch von Aspekten, die die Person (hier der Klient) selbst kann. Im Extrem gedacht bedeutet dies, dass, wenn eine Fachkraft behauptet, für jemand anderes da zu sein, diese behauptet, anstelle des Klienten da zu sein. Und wenn das so ist, bedeutet das, dass der Klient selbst nicht mehr da ist (anstelle von!). Es ist keine sonderlich steile These, dass Klient/innen sich im Kontext professioneller Unterstützung zeitweise als überflüssig wahrnehmen. Denn genau das wird ausgelöst, wenn „betreuende Tätigkeit“ vor „aktivierende Arbeit“ gestellt wird und nicht umgekehrt. Somit: So „griffig“ die Formel ist, so wichtig ist es, darunter zu verstehen, dass es darum geht, die jeweiligen Arbeits- respektive Leistungspotentiale auszuloten, damit die beteiligten Parteien erkennen können, dass sie (in etwa) gleich viel arbeiten. Dann sind auch beide da. Intermezzo Ende.

In abgewandelter Form kann also gesagt werden, dass es sich bei der Faustregel um die Handlungsanweisung handelt, „nicht härter als der/die Klient/ in zu arbeiten“. In all den Jahren, die wir nun schon mit den fünf Prinzipien arbeiten, ist dieser Lehrsatz immer wieder Auslöser für eines der größten Missverständnisse im Kontext der sozialraumorientierten Arbeit gewesen. Das Missverständnis besteht darin, dass Fachkräfte den Satz gelegentlich dahingehend fehlinterpretieren, sozusagen nichts tun zu müssen. An diesen Stellen wird die Tendenz zur „betreuenden Tätigkeit“ erkennbar, die dann mit der Erwartungshaltung einhergeht, der/die Klient/in müsse den ersten (aktiven) Schritt machen. Damit setzt die Arbeit, wenn überhaupt, jedoch einen Schritt zu spät an. Denn, wie im nachstehenden Unterkapitel gezeigt werden wird, der erste Schritt in der Arbeit mit dem zweiten Prinzip ist die Klärung der und die Verständigung über die aktuellen Aktivitäts-Potentiale.4 Nicht härter als der/die Klient/in zu arbeiten bedeutet somit zunächst, den Potentialen der Person nicht im Weg zu stehen. Das wiederum bedeutet, dem Gegenüber nicht „nur“ zu vertrauen, sondern ihm auch etwas zuzutrauen. Die Devise lautet schlicht „try and error“, wobei der Versuch (try) im Fokus steht. In Anlehnung an Theodor Mommsen prägte Heiner Müller (1993) den Ausspruch, dass es der Mut zum Irrtum sei, der zum Historiker qualifiziere. Diese „Qualifikation“ kann ohne Abzüge auf professionell Handelnde in der Sozialen Arbeit übertragen werden.

Sozialraumorientierung 4.0

Подняться наверх