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3.1.1Reichweite von Unternehmensverantwortung
ОглавлениеDie Verantwortung für ökologische und soziale Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit wird Unternehmen vollständig zugewiesen. Sie müssen daher bereit sein, diese auch zu übernehmen (s. Matten und Wagner 1998). Voraussetzung dafür ist, dass ein Unternehmen einen umfassenden Dialog mit seinen Anspruchsgruppen führt, da Gestaltungsmodelle für eine nachhaltige Entwicklung nur in der gemeinsamen Zusammenarbeit gesellschaftlicher Akteure gefunden werden können (s. Schneidewind 2000). Ausdruck der Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung sind oftmals die für die eigenen Aktivitäten gesetzte Selbstverpflichtungen bzw. Standards (Codes of Conduct oder Verhaltenskodizes), welche die der Geschäftstätigkeit zugrunde liegenden Verhaltensgrundsätze offenlegen (s. Matten und Wagner 1998).
In den letzten Jahren kam verstärkt die Forderung auf, dass multinationale Unternehmen nicht nur Verantwortung für ihr eigenes Handeln, sondern auch für ihre Zulieferketten übernehmen müssten (s. Simpson 2005). Hinsichtlich der Reichweite von Unternehmensverantwortung sowie bezüglich einer möglichen Wahrnehmung derselben werden drei verschiedene gesellschaftliche Auffassungen unterschieden (s. Koplin 2006a):
Die erste These geht davon aus, dass die Verantwortung für die Durchsetzung von Umweltschutz und Menschenrechten Aufgabe des Staates ist. In diesem Fall wären Unternehmen nur passive Akteure, welche sich an vorgegebene Regeln zu halten haben. Doch bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948 sieht Unternehmen stärker in der Verantwortung, was deren Umsetzung betrifft.
Darauf aufbauend enthält die zweite These die Forderung an Unternehmen, die niedrigen Umwelt- und Sozialstandards vieler Entwicklungs- und Schwellenländer nicht zu akzeptieren oder gar auszunutzen, sondern vielmehr aktiv daran mitzuarbeiten, dass international anerkannte Standards für Menschenrechte und Umweltschutz Beachtung finden und gesetzlich in jedem Land verankert werden. Diese Forderung bezieht sich auch auf die Zustände in Zulieferketten.
Die dritte These verlangt von Unternehmen das aktive Eintreten für eine Verbesserung von Umweltstandards und Menschenrechten gegenüber dem Staat. Diese Extremposition beruft sich auf den Einfluss multinationaler Unternehmen auf die Politik ihrer Gastgeberländer. Denn durch die zunehmende Globalisierung und damit verbundene Entstehung von Machtzentren prägen solche Unternehmen nicht nur über ihre Produktionstätigkeit, sondern auch über ihren Einfluss auf Lebensstile und Konsummuster die Nutzung von Ressourcen sowie die Freisetzung von Stoffen und Energien. Weiterhin wird betont, dass es die Aufgabe multinationaler Unternehmen sei, ökologische und soziale Anforderungen an die Zulieferer weiterzugeben, diese bei der Erfüllung von Umwelt- und Sozialstandards zu unterstützen und nur in wirklich letzter Konsequenz das Geschäftsverhältnis zu beenden, falls keine Bereitschaft zu Veränderungen besteht.
Unternehmen stehen im Spannungsfeld dieser Verantwortungsspannbreite und müssen versuchen, sich unter Beibehaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit in der Weltgesellschaft neu zu positionieren (s. Scherer 2000; Engelhard und Hein 2001). Die Bedeutung von Unternehmen für eine nachhaltige Entwicklung leitet sich einerseits aus ihrer Bedeutung als zentrale Motoren der Globalisierung und andererseits aus ihrer Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme für deren Auswirkungen ab. Neben dem Austausch von Waren und Dienstleistungen, dem Kapitalverkehr und dem Fluss von Informationen kommt es zu einer weltweiten Ausbreitung von Werten und Standards (s. Sautter 2003). Multinationale Unternehmen haben durch den Einfluss auf ihre Geschäftspartner die Möglichkeit, in Schwellen- und Entwicklungsländern eigene Verhaltenskodizes oder international anerkannte Normen zu etablieren, um weltweit die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards zu fördern. Hinzu kommt, dass zukünftige ökologische und soziale Entwicklungen aufgrund ihrer Komplexität und den damit verbundenen hohen Unsicherheiten ein staatlich regulierendes Eingreifen oftmals unmöglich machen. Unternehmen sind deshalb gefordert, flexible Lösungsansätze für eine operative Umsetzung von Nachhaltigkeit innerhalb ihres Wirtschaftens zu finden (s. Epstein und Roy 1998).