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5 Unterricht

Die Möglichkeiten der unterrichtsintegrierten Förderung von Kindern mit Aussprachestörungen, insbesondere von Kindern mit expressiven phonologischen Störungen, sind generell eher als gering einzuschätzen.

Nach einem Survey der American Speech-Hearing Association (ASHA 2011) wird die Therapie bzw. Förderung bei Kindern mit Aussprachestörungen nur zu 36 % von Lehrkräften in der Schule durchgeführt. Fördermöglichkeiten beziehen sich eher auf phonetische Aspekte von Lauten. Der darauf aufbauende Phonemerwerb ist für alle Kinder der Klasse eine wichtige Grundlage zum Erwerb der Graphem-Phonem-Korrespondenz (Reber / Schönauer-Schneider 2011).

Graphem­Phonem­Korrespondenz In Bezug auf die Graphem-Phonem-Korrespondenz ist es notwendig, dass die Kinder lernen, zu einem identifizierten Graphem automatisch die entsprechende verbale Repräsentation des Phonems zu aktivieren (Beitrag 5). Daher beziehen sich viele Fördermöglichkeiten eher auf den Bereich der Förderung der phonologischen Bewusstheit (z. B. Forster / Martschinke 2002).

Nach Mayer (2016; Beitrag 5) können Lautgebärden (Laut-Hand-Zeichen) eine wesentliche Unterstützung beim Erwerb der Graphem-Phonem-Korrespondenz darstellen. Diese Lautgebärden sind Gesten, die mit der Hand gebildet und im Unterricht mit Buchstaben mit dem entsprechenden Phonem assoziativ verknüpft werden. Mahlau et al. (2016) empfehlen für Kinder mit einem erhöhten pädagogischen Förderbedarf im Bereich Sprache die Lautgebärden des Kieler Leseaufbaus (Dummer-Smoch / Hackethal 2002). Des Weiteren kann eine Lautanbahnung und -festigung im Rahmen des Schriftspracherwerbs erfolgen.

Da eine konsequente phonologische Störung als erhebliches Risiko für die Ausprägung einer späteren Lese-Rechtschreibstörung gilt, muss die Lehrkraft informiert sein, ob diese noch beim Kind vorliegt bzw. ehemals vorlag. Dies macht eine enge Zusammenarbeit mit den betreuenden Sprachtherapeuten zwingend notwendig. Des Weiteren ist eine differenzierte, qualitativ ausgerichtete Diagnostik für Kinder, die in ihrer Aussprache auffallen, für die individuelle Förderplanung unabdingbar.

therapieintegrierende Unterrichtsphasen Sallat / Schönauer-Schneider (2015) nennen als ein Unterrichtskonzept bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen das Konzept der therapieintegrierenden Unterrichtsphasen, in der ein- oder mehrmals täglich 15-minütige Therapiephasen in Anlehnung an Unterrichtsinhalte durchgeführt werden. Dies ließe sich auch für kleine Gruppen von Kindern mit phonetisch-phonologischer Störung (bei Auftreten derselben pathologischen phonologischen Prozesse) umsetzen. Im Rügener Inklusionsmodell (RIM) wird in der Förderstufe 3 eine gezielte, individuelle sprachtherapeutische Förderung von einem entsprechend ausgebildeten Sonderpädagogen durchgeführt (Mahlau et al. 2016). Hierbei wird im Bereich der Aussprachestörungen mit der Psycholinguistisch orientierten Phonologie Therapie (P. O.P. T.; Fox-Boyer 2015) gearbeitet, da sich deren Wirksamkeit in einer Reihe von Einzelfall- bzw. Kleingruppenstudien zeigte (Mahlau et al. 2016). Nach Aussage der ASHA (2011) werden bei Kindern mit isolierten Aussprachestörungen jedoch Individual- gegenüber Gruppentherapien vorgezogen.

Dies ist höchstwahrscheinlich der von Rvachew und Brosseau-Lapré (2012) postulierten individuell-dynamischen therapeutischen Herangehensweise geschuldet, die auf die individuell abgestimmte Bezugnahme auf die spezifischen Stärken und Schwächen des Kindes mit Aussprachestörung verweist (McLeod / Baker 2014).

spezifische Sprachförderung im Unterricht Die Lehrkraft hat jedoch auch im Rahmen der spezifischen Sprachförderung im Unterricht die Möglichkeit, durch den Einsatz von korrektivem Feedback und Modellierungstechniken Kindern mit Aussprachestörungen gezielte Rückmeldung und entwicklungsförderlichen Anstoß zu geben (Sallat / Schönauer-Schneider 2015).

■ Im Folgenden findet sich eine Auflistung zur Praxis sprachtherapeutischen Unterrichts auf der phonetisch-phonologischen Ebene der Kranichschule in Duisburg (Kranichschule Duisburg o. J.):

■ Förderung der auditiven Aufmerksamkeit (Hinhören, Richtungshören, Geräusche erkennen / benennen / zuordnen, Geräusche differenzieren),

■ Förderung der auditiven Aufmerksamkeitsspanne (Zahlenreihen merken, nennen, aus dem „Kopf“ abschreiben lassen),

■ Übernahme des gelernten, angebahnten Lautes in die Spontansprache durch Kennzeichnung des Lautes z. B. auf dem Tisch des Schülers in Form eines Bildes (Schwein

■ als Erinnerung an / ʃ / ) verbunden mit Verstärkersystem,

■ Visualisierung durch Bilder am Sitzplatz (Mundstellungsbild, Phonem / Graphem etc.),

■ Übungslaute der Kinder (mit Fortschrittsbeschreibung) auf Klassenplakat auch für andere Kollegen visualisiert,

■ Festigung der Laute durch Einsatz diskreter Zeichen bei Fehlbildung sowie korrektives Feedback,

■ Einführung der Buchstaben unter Berücksichtigung der Lautbildungsprobleme einzelner Schüler / Einbindung der Laute in Geschichten,

■ Verknüpfung erlernter Lautbildung mit Lesen,

■ Übung neuer Laute (Therapie) in speziell auf die Schüler zugeschnittenen Unterrichtssequenzen:

– Vorbereitung von Lesetexten, Arbeitsblättern durch Laut- / Graphemkennzeichnung (Unterstreichung / Textmarker, etc.),

– Material mit Schwerpunkt: An- / In- / Auslautphoneme in Wörtern, teilweise für Gruppenarbeiten / Freiarbeit,

– Lautzeichen (Handzeichen / Bildtafeln / eigenes Lautzeichensystem der Kranichschule), die zur visuellen Artikulationsunterstützung dienen,

– bestimmte Lautübungen innerhalb eines Themas (z. B. Weihnachten),

– punktuelles Einbauen artikulatorischer Übungen,

– Zuordnung von Lauten zu bestimmten Wörtern,

– Finden von Wörtern zu Lauten und

– Zuordnung von Bildern mit gleichem Anlaut.

■ Berücksichtigung und Korrektur von Aussprachefehlern unter Beachtung der psychischen Belastbarkeit des Schülers sowie der Situationsangemessenheit.

Reber / Schönauer-Schneider (2011) sehen in der Lehrersprache als Pilotsprache eine weitere gute Fördermöglichkeit für die Störungsebene der Phonetik. Hierbei werden folgende Kriterien hervorgehoben:

■ genaue Artikulation,

■ gut sichtbare Artikulationsbewegungen, die ein Absehen der Lautbildung ermöglichen,

■ nie mit dem Rücken zum Kind artikulieren,

■ langsames und adäquat lautes Sprechen beim Lesen und Vorsprechen („Schneckensprache“ / „Gummibandsprache“) und

■ „Robotersprache“ beim Schreiben.

Evaluation von Fördermethoden Zu bemerken ist allerdings, dass für die Effektivität des bewussten Einsatzes der Lehrersprache noch keine Evidenzen vorliegen. Zukünftig wäre eine detailliertere Konzeptualisierung des sprach(behinderten)pädagogischen Unterrichts wünschenswert. Eine Evaluation von Fördermethoden ist im Hinblick auf Evidenzen gerade in der Inklusion auch zwingend notwendig.

Zusammenfassung

Die Möglichkeiten der unterrichtsintegrierten Förderung von Kindern mit Aussprachestörungen, insbesondere von Kindern mit expressiven phonologischen Störungen, sind generell eher als gering einzuschätzen. Die bewusst eingesetzte Lehrersprache kann jedoch als gutes Mittel dienen. Zudem können Fördermöglichkeiten wie der Einsatz von Lautzeichen und Visualisierung der zu erlernenden Laute als Mundbild am Sitzplatz des Kindes oder auf einem Klassenplakat die Einzelförderung / -therapie unterstützen.


Auf´m Kolk, A. (1993): Lesen üben leicht gemacht! Kopiervorlagen. Arbeitsmittel für den Erstleseunterricht. Auer, Donauwörth

Balhorn, H., Brügelmann, H., Kretschmann, R., Scheerer-Neumann, G. (Hrsg.): Spieleset zur Regenbogenlesekiste. Verlag für pädagogische medien, Hamburg


1. Definieren Sie ein „Phon“ und ein „Phonem“ und erläutern Sie den Unterschied!

2. Welche Bedeutung hat das Lallen für die spätere lexikalische Sprachentwicklung?

3. Was wird unter einer konsequenten phonologischen Störung verstanden und auf welcher Störungsebene lässt diese sich im Sprachverarbeitungsmodell nach Stackhouse und Wells (1997) verorten?

4. Analysieren Sie! Welche Prozesse erkennen Sie in den Äußerungen

ZielwortRealisierung
<Katze>[tatsɘ]
<Bank>[ban]
<Schlange>[ʃaŋɘ]
<Telefon>[tefelon]
<Schule>[ɵule]
<Ring>[hin]
<Krokodil>[todil]

5. Ein Kind im Alter von 3;8 Jahren zeigt folgende Prozesse:

a. Vorverlagerung von / ʃ / und / ç / ,

b. Reduktion von initialen Konsonantenverbindungen,

c. glottale Ersetzung von / ʁ / ,

d. Vokalisation von / l / und

e. Rückverlagerung von / t d n / .

6. Die Inkonsequenzrate liegt bei 25 %. Bestimmen Sie, welcher Art die Prozesse sind! Welche Diagnose können Sie daraus ableiten und warum?

7. Nennen Sie den Aufbau der Artikulationstherapie nach Van Riper!

8. Welche Art Arbeitsauftrag muss an das Kind bei P. O.P. T. in Phase I gestellt werden?

9. Was unterscheidet den zyklischen Ansatz von den anderen phonologischen Therapieansätzen?

10. Warum ist es nicht sinnvoll, einen ätiologischen Klassifikationsansatz für die Einteilung von Aussprachestörungen zu nutzen?

11. Welche Erkenntnis hat man bei einer Einteilung in partielle, multiple universelle Dyslalie oder bei dem Wissen um die PCC?

Sprachtherapie mit Kindern

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