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2.1.2 Kipppunkte

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Der Temperaturanstieg auf der Erde korreliert nicht linear mit den atmosphärischen Konzentrationen an Treibhausgasen. Ursächlich sind sogenannte Kipppunkte: Wenn eine bestimmte Temperatur überschritten wird, treten kaskadenartige, sich selbst verstärkende und unumkehrbare Prozesse in Gang, die zu einer weiteren Erhöhung führen – auch wenn die anthropogenen Emissionen auf null sinken würden (Lenton et al. 2008). Die wichtigsten neun Kipppunkte sind (von Nord nach Süd):

1. das arktische Meereis,

2. der grönländische Eisschild,

3. der Permafrostboden,

4. die borealen Nadelwälder,

5. die atlantische Meeresströmung,

6. die Korallenriffe,

7. der Amazonas-Regenwald,

8. der westantarktische Eisschild und

9. das Meereis des Wilkes Bassin in der Ostantarktis.

Früher wurde davon ausgegangen, dass solche „points of no return“ erst bei einer Erhöhung von 5°C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erreicht würden. Mittlerweile ist aber davon auszugehen, dass relevante Kipppunkte bereits bei einem Plus von 1° bis 2°C erreicht werden. In der Kryosphäre, also im Meer- und Schelfeis, im Inlandeis und bei den Gletschern, in Permafrostböden und Eishöhlen rücken sie bereits gefährlich nahe.

Das Abschmelzen der Eisflächen führt zu einer geringeren Reflektion der Sonneneinstrahlung und trägt damit selbst zur Aufheizung bei. Ein vollständiges Abschmelzen der Eisflächen in den kommenden Jahrhunderten würde außerdem mit einem Meeresspiegelanstieg von 66 Metern einhergehen (WCRP Global Sea Level Budget Group 2018). Bislang ist durch geschmolzenes Eis und die Erwärmung der Ozeane der Meeresspiegel bereits um 20 cm angestiegen, was zu häufigeren Überschwemmungen und Überflutungen in tiefliegenden Gebieten der Küste führt.

Durch Modellberechnungen und Auswertungen von Daten der vergangenen Jahrzehnte konnte gezeigt werden, dass wir in Zukunft mit den Auswirkungen deutlich höherer Meeresspiegel zurechtkommen müssen (IPCC 2019). Die letzte Dekade hat gezeigt, dass sich in der Westantarktis die „grounding line“, also die Stelle, wo sich Ozean, Eis und der darunterliegende Fels treffen, zurückzieht. Dadurch wird der gesamte westantarktische Eisschild destabilisiert und rutscht – wie einander umstoßende Dominosteine – ins Meer. Das kann in wenigen Jahrhunderten zu einer Meeresspiegelerhöhung von drei Metern führen (Feldmann u. Levermann 2015). Jüngste Daten zeigen, dass auch das Wilkes Bassin, ein Teil der Ostantarktis, in ähnlicher Weise instabil wird. Dadurch kämen 3–4 Meter Meeresspiegelerhöhung hinzu. Die nördliche Hemisphäre ist bislang von der Temperaturerhöhung stärker betroffen, dadurch schmilzt dort das Eis bereits schneller. Hier kämen in den nächsten tausend Jahren weitere sieben Meter Meeresspiegelerhöhung hinzu. Der Kipppunkt, der dieses Szenario irreversibel in Gang setzt, liegt bei 1,5°C und wird voraussichtlich bis 2030 erreicht. Das heißt: Diese Entwicklung lässt sich nur noch verlangsamen, verhindert werden kann sie nicht mehr.

Die Geschwindigkeit, wie schnell diese Situation eintritt, kann allerdings maßgeblich beeinflusst werden. Bei einer Erhöhung von 1,5°C könnte es 10.000 Jahre dauern, bei über 2° weniger als 1.000 Jahre (Aschwanden et al. 2019). In den kommenden Jahren werden weitere Daten eine präzisere Einschätzung ermöglichen.

Ohne eine Verstärkung des Schutzes der Küsten durch höhere Deiche wird erwartet, dass im Jahr 2100 bei einem mittleren globalen Meeresspiegelanstieg von 25–123 cm jährlich 0,2–4,6 Prozent der Weltbevölkerung überflutet werden, und dies geschätzte Verluste von 0,3–9,3 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts nach sich zieht. Die globalen Kosten für den Schutz der Küste durch Deiche sind mit jährlichen Investitions- und Wartungskosten von 12–71 Mrd. US-Dollar im Jahr 2100 beträchtlich, aber dennoch viel geringer als die globalen Kosten der vermiedenen Schäden (Hinkel et al. 2014).

Die derzeitigen nationalen Zusagen zur Reduktion von Emissionen würden immer noch in einer Erwärmung von mindestens 3°C resultieren – und damit deutlich über dem Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens liegen. Mittlerweile ist klar, dass aufgrund bereits früher erreichter Kipppunkte noch deutlich höhere Anstrengung zur Einhaltung der Ziele notwendig sind (Lenton et al. 2019). Dazu kommt, dass die verschiedenen Kipppunkte sich gegenseitig verstärken (Rocha et al. 2018). Das Erreichen eines Kipppunktes kann also weitere auslösen, ein Erreichen mehrere Kipppunkte bewirkt, dass das Klima für viele Jahrtausende kippt und die Temperaturerhöhung so groß wird, dass der Planet für die Menschen unbewohnbar wird. Die aktuellen Modelle gehen von einer noch höheren CO2-Empfindlichkeit des Klimas aus als bislang angenommen und es spricht viel dafür, dass ein globaler Kipppunkt existiert.

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