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Der gute Für- und Vorsorgestaat

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Seine heutigen Repräsentanten sprechen etwa so: »Wir sind nicht die Zwangsvollstrecker irgendeiner Elite, denn wir verkörpern das Wohl der Nation. Wir kujonieren nicht, wir bedienen das Staatsvolk. Wir umsorgen und versorgen, wir schützen und versichern es gegen die allfälligen Risiken menschlicher Existenz«. Früher waren der Feind Krieg, Katastrophe, sozialer Abstieg, schiere materielle Not. Heute sind es Corona und Wirtschaftskollaps.

»Haben wir euch nicht von Polio und Masern befreit«, fahren die Repräsentanten des guten Staates fort, »von Pest und Cholera? Wehren wir nicht jedwede tödliche Bedrohung ab – ob Rauchen, Klimawandel, Atomkraft oder Drogen? Und schenken wir euch nicht einen einklagbaren Anspruch nach dem anderen? Wir sind doch kein Politbüro, keine Nachgeburt der Schreckensherrschaft im 20. Jahrhundert.« Der Staat ist vielmehr der gute Samariter. Er hegt, pflegt und alimentiert. Keine Allianz, keine Axa kann, was allein der wohlwollende Staat mit seinem unerschöpflichen Reichtum kann: Ab- und Versicherung von der Wiege bis zur Bahre.

Wer in seinen Angstvisionen vom neoautoritären Staat fantasiert, mag zunächst Mut fassen. Keine Folterkammern, keine Volksgerichtshöfe. Und Datenschutz über alles! Das echte Problem aber ist eine bizarre Mischung aus Inkompetenz und schleichendem Übergriff im Namen des Guten: der absoluten Risikoabwehr. Auf der einen Seite liegen Millionen ungenutzter Impfdosen, das chaotische Nebeneinander ewig wechselnder Befehle. Auf der anderen steht ein Staat, der mit jedem Fehltritt seine Macht ausdehnt. Die Inzidenzzahlen steigen? Dann Versammlungsverbot, Ausgangssperre und Lockdown – und zwar mit dem Bürger als willigem Komplizen.

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