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Abschied von (familien)biographischer Unschuld im Land der Täter Zur Positionierung theologischer Diskurse nach der Shoah

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Björn Krondorfer

Nur wenige christliche Theologen und Theologinnen haben sich in Deutschland nach 1945 ernsthaft mit der Shoah beschäftigt – also mit dem systematischen Versuch der Ermordung des europäischen Judentums durch die Nationalsozialisten und ihre Kollaborateure. Es entstand eine „Theologie nach Auschwitz“, die sich einer Kultur des Vergessens und Verdrängens widersetzen wollte und die um die Erneuerung eines jüdisch-christlichen Gesprächs bemüht war.

Die „Theologie nach Auschwitz“ ist ein Sammelbegriff, die eher eine thematische Orientierung als eine methodische oder inhaltliche Einheitlichkeit anzeigt. Sie bezieht sich auf Schriften, die im westlichen Deutschland seit den 70er Jahren publiziert werden. Sie umfasst einerseits systematische und ethische Ansätze, etwa in der neuen Politischen Theologie, wie sie vor allem von Johann Baptist Metz, Dorothee Solle und Jürgen Moltmann entwickelt wurde. In diesem Zusammenhang gewann die „Theologie nach Auschwitz“ besonders am Theodizeeproblem Kontur1, also an der Frage nach dem Sinn bzw. der Sinnlosigkeit des massiv verhängten Leidens während der Shoah. Andererseits gibt es eine Reihe biblisch-theologischer, theologiegeschichtlicher und systematischer Ansätze, die hinsichtlich der antijüdischen und antisemitischen Traditionen im Christentum eine Neuformulierung des christlichen Glaubens einfordern, wie etwa die Arbeiten von Peter von der Osten-Sacken, Charlotte Klein, Bertold Klappert, Friedrich-Wilhelm Marquardt, Clemens Thoma und Martin Stöhr. In diesen Arbeiten muss „Auschwitz“ nicht immer explizites Thema sein, und dennoch gehören auch sie zur „Theologie nach Auschwitz“, da sie voraussetzen, dass sich die Theologie nach 1945 den ideengeschichtlichen und ideologischen Verbindungen zwischen dem traditionellen Judenhass des christlichen Abendlandes und dem rassistischen und genozidalen Antisemitismus der Nationalsozialisten stellen muss. Wer um ein neues Verhältnis zwischen Juden und Christen bemüht war, der konnte sich nicht auf eine Position kirchlicher und theologischer Unschuld zurückziehen.

Von Gott reden im Land der Täter

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