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Vorwort

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Vor Ihnen liegt ein Buch, das sich um das dreht, was für unser aller Leben grundlegend, aber kein Selbstläufer ist – um die Gesundheit! In die Entstehung haben sich seit 2018 viele Hunderte Menschen eingebracht. Sie haben in der Zusammenschau einer Vielzahl von Veranstaltungen, Zusendungen, über den Weg der Befragung oder über kontinuierliches intensives Engagement zum Ausdruck gebracht und Beiträge geliefert, wie unsere Gesellschaft mit Gesundheit umgehen sollte: Wie schauen wir auf Gesundheit? Was verstehen wir darunter und welchen Stellenwert räumen wir ihr ein? Was soll bereitgestellt werden, um Gesundheit für die Einzelnen und die gesamte Bevölkerung bestmöglich zu erhalten? Und wie gestalten wir unser Gesundheitssystem, damit es im Krankheitsfall Gesundheit wiederherstellt und niemanden mit Erkrankung und Einschränkung allein lässt? Wie kann das System noch verbessert und weiterentwickelt werden, um rasch auf Herausforderungen – wie zuletzt die COVID-19-Pandemie – zu reagieren und um Innovationen aus Wissenschaft und Technologie aufzunehmen, die neue Möglichkeiten für Gesundheit und Gesundung eröffnen? Wie bieten wir auch in Zukunft allen Menschen in Deutschland eine gute Gesundheitsversorgung?

Die Antworten auf diese Fragen sind keine Selbstverständlichkeit. Denn unser Gesundheitssystem steht vor immensen Herausforderungen, von denen einige durch die COVID-19-Pandemie besondere Schärfe erfahren, andere durch die aktuell veränderte Prioritätensetzung aus dem Blick geraten, aber dennoch nicht gelöst sind. Für den Fachkräftemangel, den vorhersehbaren sprunghaften Anstieg von chronisch kranken und alten Menschen mit Unterstützungsbedarf haben wir noch keine tragfähigen Lösungen, ebenso wenig für die Sicherung der Gesundheitsversorgung in strukturschwachen Räumen. Unser Umgang mit der Digitalisierung und neuen, das Erbgut analysierenden und potenziell verändernden Technologien und mit den sich daraus ergebenden ethischen Fragestellungen bleibt ausweichend, umständlich und zögerlich.

Fragen der langfristigen Finanzierbarkeit und der Qualitätsverbesserung fallen derzeit hinter der aktuellen Krisenbewältigung zurück. Im Verständnis der Bedeutung und der Folgen des Klimawandels für die Gesundheit und Gesundheitssysteme stehen wir noch ganz am Anfang. Es ist offenkundig, dass viel getan werden muss, nicht nur um unseren Ansprüchen auf Fortschritt gerecht zu werden, sondern auch um das bereits Erreichte zu erhalten!

Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte in der Steuerung unseres Gesundheitswesens zeigen jedoch, dass sich Reformbemühungen selten in großen Schritten zukunftsgerichteter Veränderungen niederschlagen, sondern angesichts der Pfadabhängigkeit – und nicht zuletzt der Beharrungskräfte – im Gesundheitswesen üblicherweise in nur kleinen Anpassungen erfolgen, die den Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht gerecht werden.

Vor diesem Hintergrund hat die Robert Bosch Stiftung 2018 die Initiative „Neustart! Reformwerkstatt für unser Gesundheitswesen“ mit der Motivation gestartet, einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Gesundheitsversorgung zu leisten und dazu einen gesellschaftlichen Dialog zu eröffnen. Die Neustart!Initiative hat Bürgerinnen und Bürger aus ganz Deutschland in den Mittelpunkt einer mehr als zweijährigen Reformdebatte über das deutsche Gesundheitswesen gestellt. Auch über die Corona-Krise hinweg haben wir den Dialog über Gesundheit und Gesundheitsversorgung ermöglicht und zugehört, was sich die Menschen in Deutschland für die Zukunft wünschen und vorstellen. Mit ihnen und einer Vielzahl von Fachleuten aus Wissenschaft, Versorgungspraxis und Institutionen haben wir uns in die wesentlichen Züge des Gesundheitssystems hineingedacht und sind dabei vor allem auf den Wunsch nach einem Gesundheitssystem gestoßen, das tatsächlich die Förderung und Erhaltung von Gesundheit adressiert, bevor es Krankheiten heilt und lindert, was selbstverständlich ebenso seine Aufgabe ist. Aus dieser Sichtweise und den vielen fruchtbaren Dialogen mit Bürgern, Wissenschaftlern und Praktikern aus dem Gesundheitswesen speist sich das Kernstück der Ergebnisse, die „Neustart! Zukunftsagenda – für Gesundheit, Partizipation und Gemeinwohl“. Wir hoffen und wünschen uns, dass die darin formulierten Vorschläge für die dringend erforderliche Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems gehört und gewogen werden. Wir hoffen darüber hinaus, dass diese Neustart! Zukunftsagenda durch den dialogischen Prozess ihrer Entstehung auch einen Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, ihrer demokratischen Verfasstheit und ihres Zusammenhalts leisten kann.

Das Buch, das Sie in der Hand halten oder am Bildschirm geöffnet haben, versammelt in Sektion I mit der Neustart! Zukunftsagenda alle weiteren Ergebnisse der Neustart!-Initiative: eine Synopse zur Reformfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems, die Dokumentation der Bürgerdialoge und die Diskussionspapiere der Experten Think Labs sowie Zusammenfassungen der Neustart! Veranstaltungen und des Handlungskatalogs für Politik und Selbstverwaltung zur Weiterentwicklung der Sozialgesetzgebung.

Den Einsichten der Neustart! Zukunftsagenda folgend haben wir zusätzlich Experten und Wissenschaftler gebeten, mit ihrer Expertise die verschiedenen Dimensionen und Aspekte der Agenda zu vertiefen. Dabei geht es nicht um ein Rezeptbuch mit abmessbaren Zutaten und exakter Handlungsanweisung für die Umsetzung oder um eine vollständige und inhaltlich erschöpfende Darstellung einzelner Reformschritte. Im Vordergrund steht vielmehr der Wunsch, einer Politik der langen Linien Orientierung und Perspektiven an die Hand zu geben. Denn angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen wird zunehmend bedeutend sein, dass wir uns jenseits von „Feuerlösch-Dynamiken“ in Pandemiezeiten und über die Grenzen von Partikularinteressen hinweg, auf ein gemeinsames Fundament besinnen und verlässlich daran arbeiten, dass es ausreichend Stabilität erhält, um Gesundheit für uns alle zu erzielen.

Sektion II skizziert dieses Fundament. Es zeigt die Grundlagen von Gesundheit auf und wie unumgehbar diese mit Lebens- und Umweltbedingungen verhaftet ist. Es ist daher eine die verschiedenen Politikbereiche übergreifende Steuerung notwendig, die zudem die zunehmende Vernetzung im globalen Geschehen im Blick behält.

Eine gute Gesundheitsversorgung ist mehr als technokratisch befriedigend gelöste Probleme und gelungene Prozesse. Gesundheit bzw. ihre Kehrseite – die Erkrankung – rührt immer auch an die existenzielle Seite des Menschseins und führt uns in ethische Fragestellungen. Sektion III liefert Denkanstöße für einige zentrale Fragen unserer Zeit.

Die eigentliche Ressource des Gesundheitswesens ist der Mensch selbst. Sektion IV setzt sich mit Aspekten dieser „Ressource“ auseinander, die verstärkt die Zukunft der Gesundheitsversorgung prägen werden: die Patientenrolle, die sich mehr in Richtung Selbstbestimmung und Eigenverantwortung entwickelt und die erhebliche Bedeutung des soziokulturellen Kontexts in der individuellen Krankenbehandlung großer und weiter wachsender Patientengruppen.

In der Begegnung mit den Patienten zeigt sich die Qualität der im Gesundheitswesen tätigen Fachkräfte – ob Ärzte, Pflegende oder Therapieberufe. In Sektion V werden Kernaspekte für das professionelle Handeln beleuchtet mit Impulsen für die Medizin und die Pflege als auch den Beitrag der Therapieberufe. Entscheidungshandeln, Kommunikation, Kooperation und die Veränderungen durch die digitale Transformation sind weitere Eckpunkte.

Die Neuausrichtung des Gesundheitswesens muss bei den Menschen ansetzen – bei ihrer Gesundheit und dort, wo sie leben. Sektion VI versammelt Beiträge, wie eine umfassende Gesundheitsversorgung vor Ort organisiert und in der Region integriert werden kann und wie in einem weiteren Schritt eine strukturierte, übergreifende Weiterentwicklung denkbar wäre.

Sektion VII schließlich enthält eine Reihe von Beiträgen, die sich Fragen der Veränderung und Innovation widmen. Sie fordern einerseits die Reformfähigkeit des Gesundheitssystems und der Versorgungspraxis heraus, andererseits zeigen sie einige der Themen auf, die für die Zukunft des Gesundheitswesens elementar sein werden. Menschliche Gesundheit im Kontext des Klimawandels zu betrachten und sie in die Verbindung zur Gesundheit aller Lebewesen zu setzen, wird eine der großen Aufgaben der kommenden Jahrzehnte sein.

Wir bedanken uns bei allen, die sich aktiv in die Neustart!-Initiative eingebracht haben, den Bürgerinnen und Bürgern sowie allen Expertinnen und Experten, die sich in den Think Labs und in Neustart! Veranstaltungen beteiligt haben. Wir bedanken uns ebenfalls bei den Mitgliedern des Beirats für ihre jahrelange, engagierte Begleitung: Marion Caspers-Merk, Hans-Jürgen Firnkorn, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Dr. Zun-Gon Kim, Dr. Wolfgang Klitzsch, Dr. Claudia Maier, Prof. Dr. Gabriele Meyer, Prof. Dr. Andreas Michalsen, Dr. Dominik Graf von Stillfried und Dr. Matthias Zuchowski. Unser Dank gilt außerdem den Kooperationspartnern Prof. Dr. Mujaheed Shaikh, Dr. Alexander Haarmann, Prof. Dr. Detlev Ganten und Dr. Britta Rutert sowie den Mitgliedern des Arbeitskreises zur Neuausrichtung des SGB V: Prof. Dr. Claudia Hofmann, Prof. Dr. Gerhard Igl, Franz Knieps, Hartmut Reiners, Prof. Dr. Felix Welti, Prof. Dr. Ulrich Wenner, Dr. Silvia Woskowski und Julian Visarius für die redaktionelle Begleitung des Arbeitskreises.

Und schließlich geht unser Dank an die Autorinnen und Autoren dieses Buches, die uns mit ihrer jeweiligen Expertise Denkanstöße mit auf den Weg geben und vielfältige Möglichkeiten des Handelns für die Zukunft unseres Gesundheitswesens sichtbar machen.

Dr. Bernadette Klapper und Irina Cichon

Robert Bosch Stiftung GmbH

Stuttgart, im September 2021

Neustart!

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