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6.2.2 Zu welchem Verhalten entscheide ich mich?

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• Wie verhalte ich mich in Anwesenheit von Bewohnerinnen?

Eine Bewohnerin, die anscheinend »ohnedies nichts mehr mitbekommt«, verleitet dazu, in ihrer Anwesenheit laut über sie zu sprechen. Gedankenlos vor Bewohnerinnen geführte laute und lange Handygespräche sind nicht nur unhöflich, sie wirken auf alte Menschen irritierend und beängstigend. Lautstarke rhythmische Musik mit dröhnenden Bässen lässt vielleicht die Arbeit leichter von der Hand gehen, belastet alte Menschen aber und steigert ihre Unruhe.

• Wie spreche ich mit der Bewohnerin?

Die Aufforderung »Mach’ in die Windel« ist heute zwar weitestgehend ausgerottet; häufiger hört man noch immer ihre »elegantere« Neuauflage: »Sie haben ohnehin eine Schutzhose, machen Sie doch ruhig hinein!« In der Regel ohne böse Absicht werden »Witze« gemacht, die die Patientin verwirren und durch das laute Gelächter der anwesenden Mitarbeiterinnen oft auch demütigen (»Sie lachen über mich!«). Wenn Pflegende vor der Bewohnerin in anklagendem Ton über sie berichten (»Frau G. hat schon wieder Schmerzen!«, »Herr M. hat sein ganzes Bett mit Stuhl verschmiert!«), verursacht das seelische Schmerzen, die leicht vermeidbar gewesen wären.

• Wie gehe ich mit den Bewohnerinnen um?

Bewohnerinnen werden, wenn sie sich verirrt haben, wenn sie nicht allein zum WC finden oder wenn sie zum Röntgen müssen, von einer Pflegekraft (einem Zivildiener, einem Träger) dorthin geführt. Oft hakt die Begleitperson die Bewohnerin unter, eine gute und sinnvolle Maßnahme, um Gehunsicherheiten auszugleichen. Weniger gut ist es, wenn die Führende rasch und mit großen Schritten voraneilt und den verzweifelnden alten Menschen hinter sich her schleift. Wo bleibt die Würde des Menschen, wenn er, »weil es sich gerade so ergibt«, auf dem Zimmerklo sitzend, womöglich auch noch bei offener Tür, zum Frühstückstisch geschoben wird? Aus Gedankenlosigkeit wurden früher unbewegliche und/oder demenzkranke Bewohnerinnen oft mit ihren Stühlen nebeneinander im Gang aufgestellt. Wenn nicht gerade jemand vorbeiging, sahen sie kein lebendes Wesen und schauten nur auf die gegenüberliegende Wand. Es hätte nicht wesentlich mehr Mühe gemacht, die alten Menschen in Gruppen um Tischchen zusammenzusetzen. Geschieht dies, fühlen sie sich nicht so allein und die Kommunikation zwischen ihnen kommt viel leichter in Gang. Ohne böse Absicht werden in den Heimen noch immer viele sehr alte Menschen mit und ohne Demenz, die ihre Meinung dazu nicht mehr äußern können, für Stunden vor den laufenden Fernseher geschoben und sind für sie meist ungeeigneten und daher verwirrenden Fernsehsendungen ausgesetzt. Es ist schön, dass jemand, der bestimmte Sendungen genießen kann, heute überall die Möglichkeit dazu bekommt. Das Fernsehen ist allerdings kein geeigneter Baby- und noch weniger ein »Alten-Sitter«.

• Wie wird mobilisiert?

Welche persönliche Einstellung hat Frau X. an diesem Tag zum Aufstehen? Wurde sie gefragt? Mobilisation wird zur Zwangsmobilisation, wenn die Bewohnerin aufstehen muss, obwohl sie heute gerne im Bett bliebe, obwohl sie müde ist, sich dagegen wehrt oder bekanntermaßen nur im Sessel »hängt«, wenn sie darum bittet, endlich niedergelegt zu werden und die Antwort erhält: »Es ist jetzt zehn Uhr, bis nach dem Mittagessen müssen Sie noch draußen bleiben!« Es war früher eine häufig geübte Praxis mobilisationsunwillige Bewohnerinnen, die »unerlaubt« selbstständig in ihr Bett gehen konnten daran zu hindern, indem das Bett maximal hochgestellt wurde, auf beiden Seiten Steckgitter angebracht oder die Matratzen aufgestellt wurden.

• Respektiere ich meine Bewohnerinnen?

Wie werden die Medikamente verabreicht? Achte ich darauf, dass die Bewohnerinnen etwas zum Nachtrinken haben? Stecke ich die Tabletten nur in den Mund, oder überzeuge ich mich davon, ob sie tatsächlich geschluckt werden (können)?

• Wie wichtig sind mir ihre Anliegen?

Habe ich immer gerade dann »keine Zeit«, wenn die Bewohnerin ruft? Lasse ich sie schreien und läuten (»ihr ist nur fad«)? Lasse ich sie eine Zeitlang links liegen, weil sie »nicht brav« war? Komme ich bei Pflegehandlungen stumm zu ihr und gehe, sobald ich fertig bin, wortlos hinaus?

Alt, krank und verwirrt

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