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Stil als indifferentes Merkmal: Vagheit und Chance des Stilbegriffs

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Gleichwohl Stil begriffsgeschichtlich im Lateinischen stilus als ›Schreibart‹ verankert ist, der verwandt mit stimulus, stimulare, stinguere, instinguere zugleich auf »etwas Pflanzliches, einen Stengel oder einen Stiel«1 verweist, findet dieses etymologische Wissen keinen erkenntnistragenden Widerhall in kunstästhetischen Reflexionen. So ist in den letzten Jahren eine literatur-, kultur- und vor allem sozialwissenschaftliche Renaissance der (historischen und philosophischen) Bedeutungen und Funktionen von Stil zu verzeichnen,2 deren Untersuchungen gewissermaßen als methodischen Einsatzpunkt ihrer Analysen zumeist auf die Vagheit und Widersprüchlichkeit des Begriffs rekurrieren: »Wer sich heute (noch) mit dem Stilbegriff beschäftigt, gerät schnell in einen eigentümlichen Schwebezustand«, betont hierzu K. Ludwig Pfeiffer und reflektiert: »Dem Stilbegriff eignet eine – vielleicht – untilgbare Vagheit; aber diese Vagheit besitzt systematischen Charakter.«3 Pfeiffers kursorische, sprach- und literaturtheoretisch ausgerichtete Untersuchung zur Funktionsgeschichte des Stilbegriffs fahndet genau jener systematischen Charakterisierung des Stils als vagem Begriff nach und kehrt die impliziten Machtdiskurse hervor, die sich in den Verwendungen und Verwerfungen des Stilbegriffs abzeichnen. Pfeiffer folgt hierzu der These, »daß der Sprachstilbegriff stets als Suchbegriff für die Kontrollmöglichkeiten oder doch zumindest als Erfassungsraster für die Implikationen von Sprachhandlungen fungiert«4 und dass »für alle Virulenzbereiche des Stilbegriffs gilt, […]: der Stilbegriff zielt nicht vornehmlich auf die Erfassung eingrenzbarer Sachverhalte ab. Er überdeckt vielmehr analytische Schwächen anderer Kategorien. Das macht ihn irritierend, aber auch interessant.«5 Diese kritische und nicht minder engagierte Perspektive auf die Funktionen des Stils als ästhetischer Denkraum eröffnet einen erkenntnisreichen Zugang zu den vergleichsweise wenigen tanzwissenschaftlichen Beiträgen zur Begriffsfigur des Stils. Auch sie konstatieren als Einsatzpunkt ihrer Untersuchungen interessanterweise dessen »untilgbare Vagheit«.6 Mit Verve und philosophischem Elan eröffnet Stil hiernach einen ästhetischen Denkraum über besondere Phänomene von bewegungsästhetischer Prägnanz.

Das Rauschen unter der Choreographie

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