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ОглавлениеEthnologie – Theater – Interkulturalität
Ein Ausblick zur Einführung
Dieter Heimböckel (Luxemburg)
Der Annäherungsprozess zwischen Theater und Ethnologie, der sich in den 1960er Jahren angebahnt hat, stand von vornherein unter Fragestellungen, die bis heute von interkultureller Relevanz sind. Das hat zum einen mit dem disziplinären Selbstverständnis der Ethnologie als einer Wissenschaft zu tun, die traditionell ihre Aufgabe im Studium der Unterschiede zwischen den Kulturen sieht, und ist zum anderen auf eine Theaterentwicklung zurückzuführen, bei der die Überschreitung kultureller Grenzen zur Erschließung neuer ästhetischer Erfahrungen und Ausdrucksmittel seinerzeit eine Art „Theaterrebellion“ in Gang gesetzt hat.1 Wer über Ethnologie und Theater in diesen Jahren sprach, sprach zwangsläufig auch immer, wenngleich nicht unbedingt explizit, über Interkulturalität.
Angesichts der globalen Blickrichtung des Theaters seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert verwundert es nicht, dass sich Theater und Ethnologie in der Zwischenzeit weiter einander angenähert haben. Die Bedeutung, die im Bereich der Theaterwissenschaft der Performance-Theorie und -Ästhetik in der jüngeren Vergangenheit beigemessen wurde,2 zeugt vielmehr von der Nachdrücklichkeit, mit der sie den Austausch mit der Ethnologie vollzogen hat. Der Reflexion über Interkulturalität ist dieser Austausch allerdings nicht unbedingt zugutegekommen. Woran das liegt, in welcher Form Ethnologie und Theater dieses Defizit befördert haben und inwieweit neuere Ansätze der Interkulturalitätsforschung zur (theoretischen) Fundierung der Grundlagen beider Felder und ihrer ‚Kooperation‘ beitragen können, soll im Zentrum der nachfolgenden Ausführungen stehen. Dabei entspricht es ihrem einführenden Charakter, dass sie den Zusammenhang von Ethnologie, Theater und Interkulturalität allenfalls kursorisch in den Blick nehmen. Sie sollen einerseits als eine Art begrifflich-heuristischer Referenzrahmen für die in dem vorliegenden Band versammelten Beiträge dienen, andererseits aber auch weitere Denkanstöße zur Komplexitätserweiterung der Interkulturalitätsforschung vermitteln.3