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II
ОглавлениеEine Gruppe von Beispielen aus der Zeit der Anakreontik, die Gedichte von Friedrich Hagedorn (1708–1754), bietet uns die Möglichkeit, sowohl die Wandlungen als auch die Kontinuitäten in der erotischen Lyrik wahrzunehmen, während Wolfgang Brylla Einschlägiges zur Barocklyrik beitragen wird, in der viel mehr deftige Erotik, ja Pornographie zu finden ist, als man gemeinhin vermuten würde. Stark auf die klassische Antike zurückgreifend (Horaz, Ovid etc.) operiert Hagedorn laufend mit erotischen Anspielungen, ohne dabei jemals schlüpfrig zu werden, auch wenn die Aussagen ziemlich eindeutig erotisch gezeichnet sind. In dem besonders bekannten humorvollen Gedicht Die Küsse (in Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch, zuerst gedruckt 1738) erfahren wir, dass sich Elisse jeden Kuss, den sie ihrem Geliebten Coridon gewährt, mit dreißig Schafen bezahlen lässt. Sie gewinnt Geschmack daran und begehrt nun selbst, von Coridon geküsst zu werden, so dass er dreißig Küsse für ein Schaf erwirbt. Allerdings erkalten dann bei ihm die Gefühle, was für sie bedeutet, dass sie ihm alle Schafe zurückgeben muss, um überhaupt noch einen Kuss von ihm geschenkt zu bekommen. Zuletzt aber geht dieses Liebesverhältnis in die Brüche, weil sich Coridon einer neuen Dame zugewendet hat, einer Doris, der er kostenlos seine Küsse gewährt.1 Mit am intensivsten mag aber Hagedorn der musa iocosa gefrönt zu haben, als er das Gedicht Der Blumenkranz verfasste, in dem wir erneut auf zwei Liebende stoßen, die sich in freier Natur aufhalten und miteinander zu schäkern beginnen, was schließlich zu den letzten erotischen Freuden führt, über die das poetische Wort aber verschwiegen wird: „Hier schließt sich Buch und Wald / sie huelfreich zu verstecken“ (Erstes Buch, S. 148).
Ganz ähnlich wie bei Walther bekommen wir freilich nur Andeutungen mitgeteilt, denn Hagedorn gelingt es genauso gut wie seinen Vorläufern, die Erotik in der Schwebe zu halten, wenn er zum Abschluss formuliert:
Man glaubt/sie thaten dieß/was einst Aeneas that /
Als Dido und der Held in einer Hoehle waren.
Was aber thaten die? Wer das zu fragen hat /
Der ist nicht werth, es zu erfahren. (S. 148).
Hagedorn bietet die gesamte Palette einschlägiger poetischer Sinnbilder und Motive, Themen und Stoffe auf, um sein Anliegen, Liebe, sexuelle Erfüllung, physische Freuden, Gesang und körperliche Schönheit zu besingen und wird damit zu einem der hervorragendsten erotischen Dichter seiner Zeit. Die Antike wirkte natürlich stark auf ihn ein, aber er besticht noch heute durch seine unbändige Lust daran, das Leben in vollen Zügen so zu genießen, dass die Erotik zwar voll ausgeschöpft werden kann, aber ohne die Grenzen des öffentlichen Anstands zu übertreten.2 Und von hier könnten wir mühelos auf viele zeitgenössische deutsche, französische, italienische oder auch außereuropäische Autoren ausgreifen, ohne zu wesentlich anderen Ergebnissen zu kommen, denn der erotische Diskurs übte allenthalben zutiefst Attraktion aus, wurde aber von Epoche zu Epoche unterschiedlich ausgeprägt.