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8 Linguistic Landscape
ОглавлениеDie Analyse der Verteilung und Verwendung visuell realisierter Sprache im öffentlichen Raum (linguistic landscape) in Form von Straßen- und Verkehrsschildern, Plakaten, Ladenbeschriftungen usw. kann als Indikator dafür dienen, wie in einer Gesellschaft das Rederecht organisiert ist.1 Dieser Aspekt ist besonders interessant in Mehrsprachigkeitskontexten, da hiermit sehr gut der Status der koexistierenden Sprachen und v.a. ein eventuelles Spannungsverhältnis zwischen Mehrheit- und Minderheitensprache erfasst werden kann (Androutsopoulos 2008, Gorter et al. 2012). Ein solches Spannungsverhältnis ist gerade für die Deutschprachige Gemeinschaft angesichts ihrer Autonomie bei gleichzeitiger Situierung im Territorium der Wallonie anzunehmen.
In einer Untersuchung der visuellen Sprachlandschaft der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (Verhiest 2015) wurden die Verhältnisse in Eupen und Sankt Vith vergleichend gegenübergestellt. In der Auswertung von jeweils „etwa 600 Metern im kommerziellen Herzen der betreffenden Stadt“ (Verhiest 2015: 58) zeigte sich, „dass Französisch in Eupen quantitativ-statistisch stärker präsent ist als in St. Vith“ (Verhiest 2015: 67). Die konkreten Zahlen sind in Tabelle 1 zusammengefasst:
Zwar entfällt in beiden Städten die absolute Mehrheit auf die einsprachig deutschen Einheiten, in Eupen kommt jedoch in 43 Prozent der Einheiten Französisch vor (St. Vith 27 Prozent). Verhiest führt dies auf die unterschiedlichen Kontexte zurück, in denen die beiden Städte stehen. Dabei kann die Gegend um Eupen als eher städtisch, stärker französisch orientiert und die um Sankt Vith als ländlich, stärker deutsch geprägt charakterisiert werden (Verhiest 2015: 67).
In einem weiteren Analyseschritt wurden die Sprachenkombinationen auf Schildern und Beschriftungen nach Diskurstypen getrennt ausgewertet. Für den regulatorischen sowie den infrastrukturellen Diskursbereich ergeben sich sehr niedrige Fallzahlen (sodass nur schwerlich verallgemeinernde Aussage darüber getroffen werden können); die weitaus meisten Einheiten stammen aus dem kommerziellen Diskursbereich. Dort finden sich ähnliche Verhältnisse wie im Gesamtergebnis wieder (Tab. 2):
Verhiest (2015) ergänzt:
Hinzu kommt ein qualitativer Unterschied: Während die Informationen in Eupen in den meisten Fällen vollständig zweisprachig vorliegen […], werden in Sankt Vith nur die Kerninformationen zweisprachig präsentiert und sind die deutschsprachigen Informationen insgesamt vollständiger. (Verhiest 2015: 64)
Sein abschließendes Fazit lautet:
Es entsteht der Eindruck, dass es vor allem darum geht, die französischsprachige Minderheit öffentlich überhaupt in Erscheinung treten zu lassen, dass hier also jenseits funktionaler Erwägungen vor allem der ‚rechtlichen‘ Funktion öffentlicher Schriftlichkeit […] genüge getan werden soll. (Verhiest 2015: 67f.)