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1.2 Handlungserfordernisse

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Die Erhebung von Wohnwünschen und eine nachfolgende Realisierung von Wahlmöglichkeiten erfordert ein Umdenken in der bisherigen Vorgehensweise, um den Bedarfslagen der Betroffenen Rechnung zu tragen. Für beide Aspekte – 1) die Erhebung des Wohnwunsches und 2) die Umsetzung dieser Wünsche in Bezug auf Wohnen – gibt es für Menschen mit Komplexer Behinderung aufgrund struktureller wie auch personengebundener Gründe bislang noch keine erprobten Modelle und Konzepte. Es fehlen Kenntnisse darüber, wie die Wünsche, insbesondere von Menschen, die sich nicht oder nur eingeschränkt verbalsprachlich äußern, ermittelt werden können und wie deren Umsetzung unterstützt werden kann.

Zentrale Herausforderungen sind damit:

1. die Entwicklung und Erprobung von Methoden und Instrumenten zur Erfassung individueller Wünsche und Zukunftsperspektiven von Menschen mit Komplexer Behinderung in besonderen Wohnformen (unter Berücksichtigung von Aspekten »›konditionierter‹ Nichtselbständigkeit« (Gerspach & Mattner 2004, S. 76) sowie

2. eine daran anschließende Entwicklung und Bereitstellung von Wohnangeboten (jenseits der Orientierung und Zuweisung an der Höhe des Hilfebedarfs).

Hinweise zur Ermittlung von Wohn- und Lebensperspektiven finden sich in der Methode der Zukunftsplanung. Sie ermöglicht es, durch die Verknüpfung unterschiedlicher methodischer Zugänge, Wünsche und Bedürfnisse systematisch zuzulassen und zu erfassen und durch eine darauf aufbauende kreative Planung zu realisieren (Doose 2013). Die Methode wird durch Netzwerke und internationale Forschungsprojekte weiterbefördert (ex. New paths to Inclusion 2013–2015).

Eine zentrale Erkenntnis daraus ist, dass die Entwicklung von Zukunftsperspektiven mit Organisations- und Sozialraumentwicklung einhergehen muss. Echte Wahlmöglichkeiten erfordern die Bereitstellung oder Entwicklung alternativer Wohn- und Unterstützungsangebote, die den Wünschen, Bedürfnissen und Bedarfen entsprechen (ex. New paths to Inclusion 2013–2015).

Für den Personenkreis von Menschen mit Komplexer Behinderung und hohem Unterstützungs- und Pflegebedarf ist die o. g. Methode jedoch bisher noch nicht konsequent weiterentwickelt. Es fehlt an evaluierten Konzepten, die eine systematische Erfassung und Entwicklung von Wohnwünschen und Zukunftsperspektiven von Menschen mit Komplexer Behinderung ermöglichen.

Mit der Umsetzung von Wohnwünschen muss auch die Bereitstellung gewünschter, bedürfnis- und bedarfsgerechter Unterstützungsangebote einhergehen. Studien zeigen, dass insbesondere im Hinblick auf ambulante Unterstützungsangebote diese Voraussetzungen als nicht hinreichend erfüllt erlebt werden (Hellmann et al. 2007; Hofmeister et al. 2010). Die Ausgestaltung von Unterstützungsarrangements ist derzeit geprägt vom Spannungsfeld zwischen:

• sozialrechtlich unterschiedlichen Anforderungen der Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung,

• unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und

• Aushandlungsprozessen unterschiedlicher professioneller Akteur*innen, die insbesondere zwischen pflegerisch und (heil-)pädagogisch qualifizierten Professionellen nicht immer konfliktfrei verlaufen (Seifert et al. 2001; Tiesmeyer 2003).

Wie genau diese Ausgestaltung in den unterschiedlichen Unterstützungsarrangements erfolgen kann und welche gemeinsam geteilte Wissensbasis und Kompetenzerweiterungen (insbesondere im Bereich der Pflege) dazu ggf. notwendig sind, ist bisher nicht hinreichend untersucht (Tiesmeyer 2015).

Wohnwunschermittlung bei Menschen mit Komplexer Behinderung

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