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1.4 Aspekte der Differenzierung von Zwangsstörungen

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Die beschriebene Klassifikation täuscht eine Einheitlichkeit des Störungsbildes vor, die in der klinischen Realität so nicht gegeben ist: Zwang ist nicht gleich Zwang. Verschiedene Differenzierungen haben sich nicht nur aus deskriptiver Sicht als sinnvoll herausgestellt, sie sind auch in epidemiologischer und vor allem hinsichtlich des Verlaufs und der Therapie relevant.

Generell macht es Sinn, zwischen Zwangsgedanken einerseits und Zwangshandlungen andererseits zu unterscheiden; dabei ist zu berücksichtigen, dass diese beiden Formen in der Regel gemeinsam auftreten – die Gedanken sind zumeist Auslöser, Vorläufer oder Begleiter der Zwangshandlungen.

Bei den Zwangsgedanken unterscheidet man wiederum:

• Reine Gedanken, z. B. zählen, wiederholen von Worten, beten etc.,

• zwanghaft immer wieder auftauchende Bilder, etwa über unerwünschte Inhalte und

• unerwünschte Impulse hinsichtlich einer bestimmten Handlung, etwa Gedanken aggressiver oder blasphemischer Art.

Auch wenn Zwangsgedanken zumeist mit Handlungen gemeinsam auftreten, gehen wir davon aus, dass in rund ¼ aller Fälle keine Handlungen mit den Gedanken verknüpft sind.

Bei den Zwangshandlungen hat es sich als sehr sinnvoll herausgestellt, zu unterscheiden zwischen

a. Waschzwängen (u. a. auch Reinigen, Putzen, Säubern …) und

b. Kontrollzwängen (Ordnen, Symmetrien …).

Die Differenzierung ist nicht nur phänomenologisch relevant, sondern auch hinsichtlich einiger anderer Merkmale von Bedeutung, nämlich:

• Geschlecht: Männer leiden etwas häufiger unter Kontrollzwängen, Frauen eher unter Waschzwängen (Rachman und Hodgson 1980).

• Alter: Der Durchschnitt des Beginns von Zwängen liegt generell bei ca. 23 Jahren ( Kap. 2). Dabei beginnen Kontrollzwänge rund fünf Jahre früher als der Durchschnitt, Waschzwänge ca. fünf Jahre später (Rachman und Hodgson 1980).

• Art des Beginns: Kontrollzwänge beginnen »schleichend«, d. h. der Verlauf kann sich über Jahre hinweg entwickeln; Waschzwänge beginnen eher »abrupt«, d. h. sie können sich innerhalb weniger Wochen oder Tage vollständig ausbilden.

• Überlappungen mit Phobien: Bei Waschzwängen werden viele Überschneidungen mit Phobien beobachtet (z. B. Kontaminationsängste, Verschmutzung, Krankheiten etc.). Für Kontrollzwänge trifft dies offenbar nicht zu.

• Die Differenzierung hat wichtige Implikationen für die Therapie: Bei Betroffenen mit Kontrollzwängen ist es ganz entscheidend, die Verantwortung bei den Patientinnen und Patienen zu belassen (z. B. für die Frage, ob das Licht, der E-Herd, eine Maschine etc. auch sicher ausgeschaltet ist). Bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Waschzwängen spielt dies offenbar keine so große Rolle.

In der Forschung wird vielfach auch darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, eine weitere Gruppe so genannter »atypischer Zwänge« zu klassifizieren (s. o., Merkmale). Gemeint sind damit Patienten und Patientinnen, die sich nur zeitweise vom Inhalt ihrer Gedanken distanzieren können. Generell geht man davon aus, dass dies rund 10 % aller Patienten und Patientinnen betrifft (Kozak und Foa 1994). Diese Form der Problematik stellt für die Behandlung natürlich eine ganz besondere Herausforderung dar. In gewisser Weise bildet diese Gruppe eine Art Übergang zur »Zwanghaften Persönlichkeitsstörung« ( Kap. 9 in diesem Buch).

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