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2 Epidemiologie und Verlauf1 Roselind Lieb und Marcel Miché 2.1 Einleitung

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Epidemiologie ist die wissenschaftliche Disziplin, in der die Verteilung von gesundheitsbezogenen Phänomenen, wie z. B. von psychischen Störungen, körperlichen Erkrankungen oder Substanzkonsum in definierten Populationen untersucht wird. Zudem werden in epidemiologischen Studien Faktoren untersucht, die diese Verteilung beeinflussen (Lieb 2015).

Epidemiologische Forschung ist entscheidend für das Verständnis unterschiedlicher Aspekte von gesundheitsbezogenen Phänomenen. So ist etwa Wissen darüber, wie häufig eine Störung (z. B. Prävalenz oder Inzidenz) in spezifischen Bevölkerungsgruppen oder auch in der Gesamtbevölkerung aufritt, von entscheidender Bedeutung für die Planung von Versorgungsdiensten (z. B. Behandlungsangebot).

Andere Aspekte epidemiologischer Forschung umfassen den natürlichen Verlauf einer Störung. Hier wird z. B. untersucht, in welchem Alter sich eine Störung in der Regel erstmalig manifestiert, wie sich ihr Verlauf ohne Behandlung gestaltet oder mit welchen Komplikationen ein Störungsbild kurz- und langfristig verbunden ist. Ein weiterer Aspekt umfasst unterschiedlichste Faktoren, die an der Ätiologie und Entwicklung des Verlaufs einer Störung oder Krankheit beteiligt sein können. Ein besseres Verständnis all dieser Aspekte kann zur Entwicklung von neuen Präventions- oder Interventionsmethoden herangezogen werden. Die Epidemiologie kann grob in die deskriptive und analytische Epidemiologie unterteilt werden. Die deskriptive Epidemiologie fokussiert primär auf die Untersuchung der Häufigkeit und des Verlaufs von Störungen in umschriebenen Populationen, wie auch auf die Evaluation von bestehenden Versorgungseinrichtungen. Die analytische Epidemiologie hingegen befasst sich primär mit der Identifikation von Faktoren (Risikofaktoren, kausale Faktoren), die an der Entstehung von spezifischen Störungen oder auch deren Verlaufsgestaltung (z. B. chronischer vs. remittierender Verlauf) beteiligt sind. Epidemiologische Forschung ist eine zentrale Ergänzung zur klinischen Forschung, da Forschungsbefunde, die an klinischen Gruppen ermittelt werden, nicht unkritisch auf nichtklinische Populationen verallgemeinerbar sind, somit z. B. auf Personen, die eine Störung entwickelt haben, sich aber nicht an eine Behandlungseinrichtung begeben. Beispielsweise haben epidemiologische Studien an Personen der Allgemeinbevölkerung aufgezeigt, dass bei weitem nicht alle Personen, die von einer psychischen Störung betroffen sind, auch eine Behandlung bekommen (Bijl et al. 2003) – die Inanspruchnahme einer Behandlung und die Rekrutierung von Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern über das klinische Setting könnten somit in klinischen Studien mit einem sog. Selektions-Bias assoziiert sein (siehe etwa Nohr und Liew 2018; Patten 2000). Daher können Befunde, die an betroffenen Personen ermittelt wurden, die sich in Behandlung befinden, nicht auf betroffene Personen generell verallgemeinert werden. Epidemiologische Studien, die betroffene Personen unabhängig davon untersuchen, ob diese sich in Behandlung befinden oder nicht und zudem zufällig aus der Allgemeinbevölkerung ausgewählt werden, sind daher erforderlich, um zu ökologisch validen Befunden zu kommen. Dieses Kapitel soll einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zur Epidemiologie von Zwangsstörungen bieten. Dabei soll zunächst auf die Auftretenshäufigkeit (Prävalenz) von Zwangsstörungen in der Allgemeinbevölkerung, das Alter der erstmaligen Manifestation, Beeinträchtigungen, Aspekte der Versorgung und das gemeinsame Auftreten von Zwangsstörungen mit anderen psychischen Störungen (Komorbidität) fokussiert werden. Das Kapitel schließt mit einem Überblick über den aktuellen Wissensstand zu Risikofaktoren.

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