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2.4 Funktionsbeeinträchtigungen und Inanspruchnahme von Behandlung
ОглавлениеMehrere epidemiologische Studien konnten überzeugend aufzeigen, dass Personen mit einer Zwangsstörung beachtliche Einschränkungen in ihren sozialen und beruflichen Funktionbereichen erleben und auch deren Lebensqualität stark beeinträchtigt ist (vgl. Adam et al. 2012; Ruscio et al. 2010). So berichteten etwa in dem NCS-R nahezu zwei Drittel der Personen, die in den zwölf Monaten vor der Erhebung die diagnostischen Kriterien für eine Zwangsstörung erfüllten, schwerwiegende Rollenbeeinträchtigungen (Ruscio et al. 2010). Zudem liegen Befunde vor, die darauf hinweisen, dass betroffene Personen in ihrem Alltag nicht nur stärker beeinträchtigt sind als gesunde Personen, sondern ebenfalls stärker beeinträchtigt als Personen mit einer anderen psychischen Störung (Torres et al. 2006).
Die Befunde epidemiologischer Studien weisen ebenfalls darauf hin, dass bereits Personen mit einer subklinischen Ausprägung der Zwangsstörung in ihren sozialen oder beruflichen Funktionbereichen beeinträchtigt sind (Adam et al. 2012; De Bruijn et al. 2010; Fineberg et al. 2013). Die Ergebnisse des im Jahr 1998 in Deutschland durchgeführten Bundesgesundheitssurveys deuten zudem darauf hin, dass bereits das Vorliegen von Zwangssymptomen mit bemerkenswerten Beeinträchtigungen des täglichen Lebens verbunden ist (Adam et al. 2012).
Epidemiologische Studien haben sich ebenfalls mit der Frage der Inanspruchnahme von professioneller Hilfe von Personen mit Zwangsstörungen befasst. Hier zeigt sich eine eher heterogene Befundlage. Während in einigen Studien eher niedrige Behandlungsraten beobachtet wurden (z. B. 10,2 % (Subramaniam et al. 2012) in einer asiatischen Population), kamen andere Studien zu höheren Raten. In dem US-amerikanischen NCS-R berichteten ca. 50 % der Personen mit einer 12-Monats-Diagnose, dass sie im Jahr vor der Erhebung eine Behandlung erhielten (Ruscio et al. 2010). Im Rahmen des deutschen Bundesgesundheitssurveys berichteten immerhin 68 % der Personen mit einer 12-Monats-Diagnose einer Zwangsstörung die Inanspruchnahme einer Intervention (Adam et al. 2012). Torres et al. (2006) konnten zudem beobachten, dass Personen mit einer Zwangsstörung häufiger als Personen mit anderen psychischen Störungen eine Behandlung aufsuchen (40 % gegenüber 23 %), wobei hier Personen ohne eine zusätzliche komorbide Störung geringere Raten zeigen als Personen, die noch die Kriterien für mindestens eine zusätzliche komorbide Störung erfüllen (14 % gegenüber 56 %).
Der Befund von Torres et al. (2006) stimmt mit den Ergebnissen anderer epidemiologischer Studien überein, die aufzeigen konnten, dass die Komorbidität mit anderen psychischen Störungen ein starker Prädiktor für das Aufsuchen einer Behandlung zu sein scheint (Jacobi et al. 2004; Mayerovitch et al. 2003). Studien, die sich die Frage gestellt haben, wie lange es dauert, bis eine Person ab erstem Auftreten der Zwangssymptomatik eine Behandlung aufsucht, ergaben einen sog. »treatment delay« von 9 bis 14 Jahren (Cullen et al. 2008; Pinto et al. 2006; Subramaniam et al. 2012). Diese »Behandlungsverzögerungen« fallen zeitlich länger als bei affektiven Störungen aus, sind jedoch vergleichbar mit denjenigen, die für Angststörungen berichtet wurden (Wang et al. 2005).