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Geleitwort

von Ulrich Voderholzer

Zwangsstörungen und ihre verwandten Störungen zählen zu den häufigen psychischen Erkrankungen sowohl im Kindes- und Jugend- als auch Erwachsenenalter und sie zählen zu denjenigen Erkrankungen mit einem besonders häufig chronischen und manchmal lebenslangen Verlauf. Immer noch gilt, was schon Freud vor über 100 Jahren beschrieb, als er darauf hinwies, dass es mehr Patienten mit Zwangsstörungen gibt, als den Ärzten bekannt ist. Scham und Verheimlichung sind auch 100 Jahre nach Freud ein Grund, warum das Krankheitsbild häufig nicht erkannt wird.

Auch heute noch ist die Versorgungssituation bei diesem Krankheitsbild unbefriedigend. Das haben internationale Studien und solche im deutschsprachigen Raum übereinstimmend zeigen können. Zum einen nehmen viele Patientinnen und Patienten erst nach vielen Jahren eine Behandlung wahr, zum anderen ist die Behandlung dann sehr häufig nicht leitliniengerecht. Viele Betroffene nehmen Zeit ihres Lebens gar keine Behandlung war. Einem Review von Schwartz und Mitarbeitern (2013) mit zwölf internationalen populationsbasierten Studien zufolge, suchen nur 30–40 % der von einer Zwangssymptomatik Betroffenen der westlichen Welt in ihrem Leben nach medizinischer/therapeutischer Hilfe bez. ihrer Zwänge. Auch in der epidemiologischen Studie von Jacobi und Mitarbeitern (2014) waren die Behandlungsraten bei Zwangsstörungen geringer als bei den meisten anderen psychischen Störungen. Und wenn eine Behandlung wahrgenommen wird, sind schon viele Jahre ohne Therapie vergangen; nach einer deutschen Befragung von 369 Betroffenen waren es im Schnitt 5,9 Jahre (SD = 8,1 Jahre) (Voderholzer et al. 2015). Die Dauer der unbehandelten Erkrankung zu verkürzen, um Chronifizierungsprozesse zu verhindern und das Risiko negativer psychosozialer Folgen zu mindern, wird ein wichtiges Thema künftiger Versorgungsforschung sein.

In dem o. g. Survey gaben nur 37 % der 369 Patienten an, kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Expositions- und Reaktionsmanagement als Erstbehandlung erhalten zu haben, obwohl weltweit Konsens besteht, dass es sich dabei bislang um die wirksamste und am besten belegte Therapieform handelt.

Eine weitere wichtige Ursache der Unterversorgung von Patienten mit Zwangserkrankungen liegt vermutlich in der oft unzureichenden Qualifikation von Therapeuten, die auch zu Behandlungsfehlern führen. Die Ergebnisse einer anonymen Umfrage von Külz et al. (2010) an 177 ambulanten Psychotherapeuten bestätigen diese Annahmen.

All dies erscheint bitter, wenn man bedenkt, welch gute Behandlungsmöglichkeiten heute für Zwangsstörungen zur Verfügung stehen. Doch leider erreichen die effektiven Therapiemethoden letztlich nur einen kleinen Teil der Betroffenen.

Vor diesem Hintergrund begrüße ich es sehr, wenn sich Ärzte und Psychologen dafür einsetzen, wissenschaftliche Erkenntnisse und klinisches Wissen zu Zwangserkrankungen mehr zu verbreiten. Wer Betroffene mit Zwangsstörungen gut versorgen will, sollte gut über Ursachen, sowohl biologischer als auch psychologischer Art, Komorbiditäten und auch die Besonderheiten in den unterschiedlichen Lebensphasen, die in diesem Buch auch mitberücksichtigt sind, und natürlich über das Spektrum der gesamten Therapiemöglichkeiten Bescheid wissen. Nach meiner persönlichen Erfahrung sind Betroffene mit Zwangsstörung, denen es oft nicht leichtfällt, über ihre Störung zu sprechen, sehr sensibel und spüren schnell, ob sich ihr Arzt oder Therapeut mit dieser Erkrankung auskennt und sich dafür interessiert. Das vorliegende, aus meiner Sicht sehr informative und gelungene Buch informiert umfassend zu allen Aspekten dieses Krankheitsbilds.

Ich wünsche dem Buch eine starke Verbreitung und hoffe, dass es einen Beitrag leisten kann, die Versorgung von Menschen mit Zwangsstörungen zu verbessern.

Prien am Chiemsee, im Frühjahr 2022

Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer

Literatur

Schwartz C, Schlegl S, Külz AK, Voderholzer U (2013) Treatment-seeking in OCD community cases and psychological treatment actually provided: a systematic review. Journal of Obsessive-Compulsive and Related Disorders 2: 448–456.

Voderholzer U, Schlegl S, Diedrich A, Külz AK, Thiel N, Hertenstein E, Schwartz C, Rufer M, Herbst N, Nissen C, Hillebrand T, Osen B, Stengler K, Jelinek L, Moritz S (2015) Versorgung Zwangserkrankter mit kognitiver Verhaltenstherapie als Behandlungsmethode erster Wahl. Verhaltenstherapie 25: 183–190.

Jacobi F, Höfler M, Strehle J, Mack S, Gerschler A, Scholl L et al. (2014) Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul Psychische Gesundheit (DEGS1-MH). = Mental disorders in the general population. Study on the health of adults in Germany and the additional module mental health (DEGS1-MH). Der Nervenarzt 85(1): 77–87. doi: 10.1007/s00115-013-3961-y

Külz AK, Hassenpflug K, Riemann D, Linster HW, Dornberg M, Voderholzer U (2010) Psychotherapeutic Care in OCD Outpatients – Results from an Anonymous Therapist Survey. Psychother Psych Med 60: 194–201.

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