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Bericht über Montesinos’ Predigt für die Rechte der Indios

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In dieser Zeit hatten sich die Dominikanermönche schon mit dem traurigen Leben und der äußerst harten Knechtschaft befaßt, unter denen die Eingeborenen dieser Insel2 litten, und sie hatten auch in Erwägung gezogen, wie sie zugrunde gingen, ohne daß sich die Spanier um sie kümmerten, denn sie beherrschten diese Menschen unumschränkter, als wenn sie unnütze Tiere gewesen wären, und es tat ihnen erst leid, daß sie ihnen wegstarben, nachdem sie schon tot waren, weil sie ihnen dann in den Goldgruben und bei den anderen Erwerbstätigkeiten fehlten. Deshalb zeigten sie den Überlebenden gegenüber nicht mehr Mitgefühl oder Sanftmut, sondern bedrückten, plagten und vernichteten sie mit der gewohnten Strenge und Härte. Und in all diesen Angelegenheiten gab es bei den Spaniern solche, die sich schlimmer verhielten, und andere, die es weniger schlimm trieben, weil einige maßlos grausam waren und kein Mitleid oder Erbarmen kannten, da sie nur darauf bedacht waren, sich mit dem Blut jener Unglücklichen zu bereichern; andere waren weniger grausam; und von wieder anderen darf man glauben, daß ihnen wohl deren Elend und Qual leid tat. Allen aber, den einen wie den anderen, waren ihre privaten und zeitlichen Einzelinteressen stillschweigend oder ausdrücklich wichtiger als Gesundheit, Leben und Seelenheil der Unglücklichen. Ich erinnere mich nicht, einen Mann zu kennen, der sich der Indios bediente und ihnen gegenüber barmherzig gewesen wäre, außer einem, der Pedro de la Rentería hieß […].

So begannen denn die genannten Ordensbrüder (da sie viele Tage lang die Taten mit ansahen, betrachteten und bedachten, welche die Spanier an den Indios verübten, und da sie auch sahen, daß sich jene nicht im geringsten um deren leibliches und geistliches Wohl kümmerten, während die Indios voller Unschuld, unschätzbarer Geduld und Sanftmut waren) als fromme Männer und innige Freunde Gottes, Recht und Praxis miteinander |58|zu verbinden und untereinander die Schändlichkeit und Ruchlosigkeit einer solch unerhörten Ungerechtigkeit zu besprechen, wobei sie sagten:

„Sind das etwa keine Menschen? Muß man ihnen gegenüber nicht die Gebote der Nächstenliebe und Gerechtigkeit halten und befolgen? Hatten sie nicht ihre eigenen Länder, ihre Herren und Herrschaften? Haben sie uns mit irgend etwas beleidigt? Sind wir nicht verpflichtet, ihnen das Gesetz Christi zu predigen und uns mit allem Eifer zu bemühen, sie zu bekehren? Wie kommt es denn, daß sie, die so viele und so unzählige Menschen auf dieser Insel waren, wie man uns erzählt, in solch kurzer Zeit, das heißt in ungefähr 15 oder 16 Jahren, auf derart grausame Weise umgekommen sind?“

Es kam hinzu, daß ein Spanier von denen, die sich damit beschäftigt hatten, die grausamen Metzeleien und Blutbäder an diesen Menschen zu verüben, seine Frau erdolchte, weil er sie verdächtigte, ihn zu betrügen; und sie gehörte zu den vornehmen eingeborenen Damen der Provinz La Vega und war Herrin über viele Leute. Aus Angst vor dem Gericht schweifte dieser Mann drei oder vier Jahre lang in den Wäldern umher, bevor der Dominikanerorden auf diese Insel kam. Als er erfuhr, daß der Orden eingetroffen war und im Geruch der Heiligkeit stand, ging er eines Nachts zu der Strohhütte, die man den Ordensbrüdern als Unterkunft gegeben hatte, und nachdem er sein Leben erzählt hatte, bat er sehr eindringlich und beharrlich, man möge ihm die Kutte eines Laienbruders geben, und in dieser wollte er mit Gottes Hilfe zeitlebens dienen.

Man gab sie ihm aus christlicher Liebe, weil man bei ihm Zeichen der Bekehrung, der Abscheu über sein früheres Leben und das Verlangen, Buße zu tun, erkannte, und hierauf tat er äußerst schwere Buße, und wir halten es für gewiß, daß er endlich als Märtyrer starb, weil Gott Seine unermeßliche Barmherzigkeit an den großen Sündern zu zeigen pflegt, indem Er Wunder an ihnen wirkt. […]

Dieser Mann, den man „Fray“ Juan Garcés und in der Welt Juan Garcés nannte und den ich gut kannte, offenbarte den Ordensbrüdern besonders anschaulich die abscheulichen Grausamkeiten, die er und alle übrigen an diesen unschuldigen Menschen in den Kriegen und im Frieden (wenn man das überhaupt Frieden nennen könnte) begangen hatten und bei denen er Augenzeuge war.

Die Ordensbrüder, die bestürzt waren, als sie von solchen der Menschlichkeit und christlichen Sitte derart widersprechenden Werken hörten, faßten neuen Mut, den Grundsatz, das Mittel und den Zweck dieser entsetzlichen |59|und ungewöhnlichen Form tyrannischer Ungerechtigkeit zu bekämpfen; und da sie inbrünstig, eifrig und glühend für Gottes Ehre eintraten und sie das vielfache Unrecht schmerzte, das man Gottes Gesetz und Geboten antat, ebenso die Schändung ihres Glaubens, der durch die erwähnten Werke bei diesen Völkern in Verruf geriet, da ihnen der Verlust einer so großen Zahl von Seelen leid tat, wie sie, ohne daß es jemanden gab, der sich ihrer erbarmte oder sich um sie kümmerte, umgekommen waren und stündlich weiter umkamen, flehten sie zu Gott und empfahlen sich Ihm angelegentlich mit ständigen Gebeten, Fasten und Vigilien, damit Er sie erleuchte und sie sich nicht bei einer Sache irrten, bei der soviel auf dem Spiel stand, weil sie ihnen so ungewöhnlich und unerhört erscheinen mußte, und damit sie Leute aufwecken könnten, die in einem solch abgrundtiefen Schlaf und so gefühllos ruhten; und nachdem sie sich schließlich reiflich und oft beraten hatten, beschlossen sie, öffentlich von den Kanzeln zu verkündigen und zu erklären, in welchem Zustand sich unsere Sünder befanden, die diese Menschen beherrschten und unterdrückten, und wodurch sie ihren Lohn erhalten würden, nachdem das Ende für ihre unmenschlichen Grausamkeiten und ihre Habsucht gekommen wäre, wenn sie in diesem Zustand sterben sollten.

Alle unter ihnen, die am gelehrtesten waren, vereinbarten im Auftrag des Fray Pedro de Córdoba3, des sehr klugen Gottesknechtes, der ihr Vikar war, die erste Predigt, die man über dieses Thema halten sollte, und alle unterzeichneten sie mit ihrem Namen, damit sich zeige, daß deren Urheber nicht nur derjenige war, der sie vortragen mußte, sondern daß sie auf der Meinung und Beratung, dem Einverständnis und der Billigung aller beruhte. Der genannte Vikar erteilte den Auftrag (indem er es aufgrund der Gehorsamspflicht des Ordens befahl), daß ihr nach dem erwähnten Vikar größter Prediger jene Predigt halten sollte, und dieser hieß Fray Antón Montesino, und er war der zweite von den drei, die den Orden hierherbrachten […]. Dieser Fray Antón Montesino war ein begnadeter Prediger; äußerst hart tadelte er die Laster, und vor allem mit seinen Predigten und Worten erreichte er als ein leicht in Zorn geratender Mann große Wirkung; und so brachte er großen Nutzen mit seinen Predigten – oder man glaubte, daß er ihn brachte. Diesem Mann übertrug man, da er sehr beherzt war, die erste Predigt über das genannte Thema, das für die Spanier auf dieser Insel so neuartig war; und das Neuartige daran war nichts anderes, als daß er versicherte, diese Menschen zu töten sei eine größere Sünde, als Wanzen zu töten.

|60|Und da es in der Adventszeit war, beschlossen sie, daß die Predigt am vierten Sonntag gehalten werden sollte, wenn man das Evangelium liest, worin der Evangelist Johannes sagt: Sie waren von den Pharisäern gesandt, daß sie Johannes den Täufer fragten, wer er sei, und er antwortete ihnen (Joh 1,23): „Ego vox clamantis in deserto“ (Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste). Und damit sich die ganze Stadt Santo Domingo bei der Predigt einfände und niemand fehlte, wenigstens keiner von den Vornehmen, luden sie den zweiten Admiral ein, der damals diese Insel als Gouverneur regierte, und auch die königlichen Beamten und alle dort lebenden Rechtsgelehrten, wobei sie jeden einzelnen zu Hause aufsuchten und ihnen sagten, am Sonntag werde er in der Hauptkirche eine Predigt halten, und man wolle ihnen eine Sache bekanntgeben, die alle ganz nahe angehe; man bitte sie, sich einzufinden und sie anzuhören.

Damit waren alle höchst bereitwillig einverstanden; einerseits wegen der großen Verehrung, die sie ihnen gegenüber empfanden, und wegen der Wertschätzung, die jene durch die Tugend und die Entbehrungen, die sie auf sich nahmen, und die strenge Frömmigkeit bei ihnen erworben hatten; andererseits wollte jeder endlich jene Sache hören, die, wie man ihnen gesagt hatte, sie derart nahe anging. Wenn sie es früher erfahren hätten, so hätte er ihnen die Predigt gewiß nicht halten können, weil sie es nicht hätten hören wollen und ihm auch nicht erlaubt hätten, die Predigt zu halten.

Als der Sonntag und die Stunde der Predigt gekommen waren, bestieg der erwähnte Fray Antón Montesino die Kanzel, und als Thema und Grundlage seiner Predigt, die er schon geschrieben hatte und die von den übrigen mitunterzeichnet war, nahm er (Joh 1,23): „Ego vox clamantis in deserto“ (Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste).

Nachdem er seine Einleitung vorgetragen und etwas zum Wesen der Adventszeit gesagt hatte, sprach er zunächst eindringlich über die unfruchtbare Wüste des Gewissens der Spanier auf dieser Insel und über die Verblendung, in der sie lebten; wie sehr sie von der Gefahr bedroht seien, verdammt zu werden, da sie nicht die äußerst schweren Sünden wahrnähmen, denen sie ständig und mit solcher Gefühllosigkeit verfallen seien und in denen sie sterben würden. Dann kam er auf sein Thema zurück und sagte das folgende:

„Um euch das bekanntzugeben, bin ich auf diese Kanzel gestiegen, ich, der ich die Stimme Christi in der Wüste dieser Insel bin; und deshalb ist es angebracht, daß ihr sie aufmerksam anhört, und zwar nicht so aufmerksam, |61|wie es euch gut dünkt, sondern mit eurem ganzen Herzen und all euren Sinnen; diese Stimme wird für euch ungewöhnlicher sein als alles, was ihr jemals gehört habt, die rauheste, härteste, schrecklichste und gefährlichste, die ihr jemals zu hören meintet.“

Nachdrücklich sprach er eine ganze Weile mit sehr beunruhigenden und fürchterlichen Worten über diese Stimme, so daß sie am ganzen Leibe zitterten und es ihnen schien, als stünden sie schon vor Gottes Gericht. Nachdem er also sehr eindringlich und im allgemeinen über diese Stimme gesprochen hatte, erklärte er ihnen, was jene Stimme sei oder was sie in sich fasse:

„Diese Stimme“, sagte er, „[tut euch kund], daß ihr alle der Grausamkeit und Tyrannei wegen, die ihr gegen diese unschuldigen Menschen gebraucht, in Todsünde seid und in ihr lebt und sterbt. Sagt, mit welchem Recht und mit welcher Gerechtigkeit haltet ihr diese Indios in solch grausamer und entsetzlicher Knechtschaft? Mit welcher Machtbefugnis habt ihr solch verabscheuungswürdige Kriege gegen diese Menschen geführt, die ruhig und friedlich in ihren Ländern lebten, in denen ihr so unendlich viele von ihnen getötet und mit unerhörten Verheerungen ausgerottet habt? Wie bedrückt und plagt ihr sie, ohne ihnen Essen zu geben oder sie in ihren Krankheiten zu pflegen, die sie sich durch die übermäßigen Arbeiten zuziehen, die ihr ihnen auferlegt, und durch eure Schuld sterben sie, oder, besser gesagt, ihr tötet sie, um täglich mehr Gold herauszupressen und zu gewinnen? Und wie sorgt ihr für jemanden, der sie in der christlichen Lehre unterweist, damit sie ihren Gott und Schöpfer erkennen, getauft werden, die Messe hören, die Sonn- und Feiertage in Ehren halten? Sind sie etwa keine Menschen? Haben sie keine vernunftbegabten Seelen? Seid ihr nicht verpflichtet, sie wie euch selbst zu lieben? Versteht ihr das nicht? Fühlt ihr das nicht? Wie könnt ihr in einen so tiefen, so bleiernen Schlaf versunken sein? Haltet es für gewiß, daß ihr euch in dem Zustand, in dem ihr euch befindet, nicht besser retten könnt als die Mauren oder Türken, denen der Glaube an Jesus Christus fehlt und die ihn nicht haben wollen.“

Schließlich erklärte er ihnen die Stimme, über die er zuvor höchst eindringlich gesprochen hatte, so anschaulich, daß er sie ganz verwirrte; viele schienen in Ohnmacht zu fallen, andere waren verstockter, und einige zeigten etwas Reue, doch keiner wurde bekehrt, wie ich später hörte.

Nachdem er seine Predigt beendet hatte, stieg er von der Kanzel herab und hielt dabei den Kopf nicht allzu tief gesenkt, weil er kein Mann war, |62|der Furcht zeigen wollte, wie er denn auch keine hatte und sich nicht viel darum kümmerte, den Hörern zu mißfallen, als er das tat und sagte, was ihm nach Gottes Willen angebracht schien; zusammen mit seinem Gefährten begab er sich in seine Strohhütte, wo sie zufällig nichts anderes als eine Kohlsuppe ohne Öl zu essen hatten, wie es ihnen manchmal widerfuhr. Als er hinausgegangen war, kam es zu einem allgemeinen Gemurmel in der Kirche, so daß man, wie ich glaube, kaum die Messe beenden ließ. […]

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