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|67|Evangelium nach Lukas 14,1–6. Die Heilung eines Wassersüchtigen am Sabbat
ОглавлениеUnd es begab sich, dass er an einem Sabbat in das Haus eines Oberen der Pharisäer kam, um das Brot zu essen, und sie belauerten ihn. Und siehe, da trat ein Mensch vor ihn, der war wassersüchtig. Und Jesus fing an und sagte zu den Schriftgelehrten und Pharisäern: Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen oder nicht? Sie aber schwiegen still. Und er fasste ihn an und heilte ihn und ließ ihn gehen. Und er sprach zu ihnen: Wer ist unter euch, dem sein Ochse oder sein Esel in den Brunnen fällt und der ihn nicht alsbald herauszieht, auch am Sabbat? Und sie konnten ihm darauf keine Antwort geben.
Er sagte aber ein Gleichnis zu seinen Gästen, als er merkte, wie sie versuchten obenan zu sitzen, und sprach zu ihnen: Wenn du von jemandem zur Hochzeit eingeladen wirst, so setze dich nicht obenan, denn es könnte einer eingeladen sein, der vornehmer ist als du. Und dann kommt der, der dich und ihn eingeladen hat, und spricht zu dir: Weiche diesem! Und du müsstest dann mit Scham untenan sitzen. Gehe stattdessen, wenn du eingeladen wirst, hin und setze dich untenan, damit, wenn der kommt, der dich eingeladen hat zu dir spricht: Freund, rücke hinauf! Dann wirst du Ehre haben vor allen, die mit dir zu Tisch sitzen. Denn wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden.
Dieses Evangelium zeigt uns eine Disputation, die Christus hier mit den Juden halten muss über den Sabbat. Denn sie sind schrecklich geplagt gewesen mit ihrem Sabbat, und ebenso plagt sie der Herr hiermit auch und tut es ganz gern, und er tut auch recht daran. Er, der Herr, hat gewöhnlich an den Sabbattagen, an denen das Volk zusammenkam wie bei uns am Sonntag, gepredigt und nach der Predigt ein Wunder getan, um den armen Leuten zu helfen, und insbesondere um so seine Lehre zu bekräftigen. Nun konnten die Juden dieses Predigen ganz gut ertragen, insofern er sie nicht schalt, aber dass er sich am Sabbat mit Kranken befasste und Wunder tat – das gefiel ihnen nicht, und sie nannten das: den Sabbat brechen.
Nun gehört dieses Stück vom Sabbat in die Katechismuspredigt, in der man von dem Gebot redet: Du sollst den Sabbat oder Feiertag heiligen. Dieses war insbesondere für die Juden ein strenges Gebot, als das dritte in der ersten Tafel, das man an einem dazu besonders bestimmten Tag, nämlich |68|dem siebenten, zu halten auferlegt hatte. Deshalb war es ihnen ernst um den Sabbat, und daher ärgerte es sie, dass Christus gerade am Sabbat die Kranken gesund machte. Und sie gaben ihm die Schuld, dass er den Sabbat nicht halte. So muss sich also die Weisheit von ihren Kindern zurechtweisen lassen! Und auch noch heutigentags beschuldigen sie uns Christen, dass wir die Zehn Gebote und auch vom Sabbat predigen und ihn doch auf ihre Art nicht halten. Aber was sie mit ihrem Schelten und Lästern an Christus und seiner Kirche gewinnen, das sieht man auch in diesem Evangelium: Nämlich, dass sie sich selbst in die Zunge beißen und durch ihr eigenes Beispiel, in dem sie an Ochsen und Eseln überführt werden, öffentlich schamrot werden müssen.
Wir aber wissen aus Gottes Gnade, wie der Sabbat zu halten ist. Denn wir haben es von diesem unserem Herrn, dem Sohn Gottes, gelernt. Es ist wahr: Es war dem jüdischen Volk damals der besondere Tag des Sabbats bestimmt, dazu auch ein besonderer Ort und ein besonderes Geschlecht oder eine besondere Person und ein besonderer Priesterstand und Gottesdienst. Denn das alles sollte nur in ihrem Land und an dem Tempel in Jerusalem geschehen durch die Leviten, die dem Priestergeschlecht angehörten; aus diesem und aus keinem anderen mussten die Tempeldiener ausschließlich stammen.
Aber wir, die im Reich unseres Herrn Christus sind, sind nicht ebenso an ein Geschlecht oder einen Ort gebunden, dass wir nur an einem Ort und nur aus einem einzigen Geschlecht oder ausschließlich dazu bestimmte Personen haben müssten. Nein, wir sind alle Priester, wie 1 Petr 2 geschrieben steht, dass wir alle zu jeder Zeit und an jedem Ort Gottes Wort und Werk verkündigen sollen und aus allen Personen, Geschlechtern und Ständen zum Predigtamt berufen werden können, die die Gnade und das Verständnis der Schrift haben, um andere zu lehren. Ebenso sind wir auch Herren des Sabbats mit Christus und durch Christus, wie er selbst Mt 12 spricht: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. Darum ist der Menschensohn auch Herr über den Sabbat, und demnach sind auch alle, die an ihn glauben, ebenso Herren über ihn.
Damals hat es mit dem jüdischen Volk so sein müssen, dass sie einen bestimmten, besonders ausgesuchten Tag, ebenso wie auch einen besonderen Stamm, besondere Personen und Orte hatten, bis zur Ankunft Christi, damit sie sich auf diese äußere Weise, die ihnen von Gott selbst geboten und befohlen war, von den Heiden unterscheiden, und sie auch dafür ein |69|äußeres Zeugnis haben sollten, dass sie Gottes Volk seien, unter dem Gottes Sohn geboren werden sollte. Aber da nun dieser unser Herr gekommen ist und ein neues, ewiges Reich in der ganzen Welt angefangen hat, sind wir Christen nicht mehr an eine solche äußerliche, besondere Haltung gebunden, sondern haben die Freiheit: Wenn uns der Sabbat oder Sonntag nicht gefällt, können wir den Montag oder einen anderen Tag in der Woche nehmen und einen Sonntag aus ihm machen, doch so, dass es damit auch ordnungsgemäß zugeht und es einen Tag oder eine Zeit gibt, die uns allen gelegen ist, und es nicht in eines jeden Gutdünken steht, sich etwas Besonderes zu machen in den Dingen, die die Gesamtheit oder die allgemeine Kirche betreffen, oder auch bestimmte Zeiten oder Tage zu ändern, wenn es nicht eine besondere allgemeine Notlage erfordert. Ebenso soll auch der, der ins Amt berufen ist und den Auftrag zu predigen hat, nicht allein sich selbst, sondern der ganzen Gemeinde predigen.
Darum soll man es auch so halten, dass sie alle zu einem bestimmten und passenden Zeitpunkt, zu dem sich der gemeine Mann von seinen Geschäften oder seiner Arbeit ausruhen kann, an einem bestimmten Ort, an dem sie ihren Prediger wissen und hören können, zusammenkommen. Wenn es aber vielleicht eine Notlage gäbe, dass man heute, an dem zuvor bestimmten Tag, nicht predigen oder zusammenkommen könnte, dann könnte man das auch gut morgen oder an einem anderen Tag tun.
Da nun aber allgemein der Sonntag als unser Sabbat oder Feiertag angenommen ist, soll es so bleiben, nur dass wir Herren über ihn sind und nicht er über uns. Denn dass jedermann etwas Neues nach seinem Gefallen machen wollte im Hinblick auf Tag, Stunde und Ort, das wäre auch nicht recht. Vielmehr sollen sich darin alle einigen und darauf einstellen und zusammenkommen, um Gottes Wort zu hören und ihn wiederum miteinander anrufen und für alle Notlagen beten und für empfangene Wohltaten danken. Wenn es nicht unter einem Dach oder in der Kirche geschehen kann, dann geschehe es auf einem Platz unter dem Himmel und wo immer es dafür Raum gibt, wie Paulus in Philippi am Wasser predigte (Apg 16) und in Troas (Apg 20) in einem Saal. Aber es soll doch eine ordnungsgemäße, allgemeine und redliche Versammlung sein, weil man nicht einem jeden einen eigenen Ort und Platz anbieten kann und auch nicht soll. Und man soll nicht geheime Ecken suchen, in denen man sich versteckt, wie es die Wiedertäufer gewöhnlich tun.
Diese Freiheit haben wir Christen auch aus der Lehre des heutigen Evangeliums, und wir sollen auch daran festhalten, dass wir Herren über |70|den Sabbat und andere Zeiten und Orte sind und nicht besondere Heiligkeit oder Dienst an Gott hineindeuten wie die Juden oder unsere Papisten.
Also soll dieses Haus nach dieser Freiheit gebaut und bestimmt sein für die, die hier im Schloss und am Hof sind, oder die, die sonst hereingehen wollen. Nicht, dass man aus ihm eine besondere Kirche mache – als sei sie besser als andere Häuser, in denen man Gottes Wort predigt. Wenn es aber die Not erforderte, dass man hier nicht zusammenkommen wollte oder könnte, dann könnte man ganz gut draußen am Brunnen oder anderswo predigen. Denn die Propheten haben auch den Tempel in Jerusalem nicht so hoch geachtet – insbesondere, weil sie die Hohenpriester nicht leiden konnten, und auch nicht immer in ihm gepredigt, sondern hier und dort, wie und wo es sich ergeben hat, wie man in ihren Schriften gut sehen kann.
Aber dennoch wünschten sie häufig bei der Menge zu sein und an dem Ort, an dem man öffentlich zusammenkam. So sagt Psalm 42: Wie ich einherzog in großer Schar, mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes mit Frohlocken und Danken in der Schar derer, die da feiern. Nun muss das Volk ja einen Raum und seinen Tag und seine Stunde haben, die den Zuhörern passt. Darum hat es Gott gut eingerichtet und bestimmt, dass er die heiligen Sakramente eingesetzt hat, die in der Gemeinde zu feiern sind und an einem Ort, an dem wir zusammenkommen, beten und Gott danken. So geschieht es ja auch im weltlichen Regiment, wenn etwas, das die Gemeinde angeht, durchzuführen ist. Umso mehr soll es hier geschehen, wo man Gottes Wort hören soll.
Und dabei gibt es den Vorteil, dass, wenn die Christen zusammenkommen, das Gebet noch einmal so stark ist wie sonst. Man kann und soll zwar überall und an allen Orten und jederzeit beten, aber das Gebet ist nirgends so kräftig und stark, als wenn die ganze Gemeinde einträchtig miteinander betet.
So haben sich die lieben Erzväter mit ihrem Gesinde und wer sich sonst noch zu ihnen begeben hat vielleicht unter einem Baum versammelt, oder ein Zelt aufgeschlagen oder einen Altar errichtet. Das ist ihr Tempel und Gotteshaus gewesen, in dem sie von Christus, dem künftigen Geschlecht, das ihnen verheißen war, gepredigt und miteinander geopfert, Gott angerufen und ihm gedankt haben. Und sie sind jederzeit gern, wenn sie es gekonnt haben, bei und mit ihrem Häuflein zusammen gewesen, obwohl sie auch sonst für sich allein Gottes Wort und Zusage bedacht und gebetet haben.
|71|Und wir lesen oft in der Heiligen Schrift, dass auch das Gebet eines einzelnen Menschen sehr kräftig gewesen ist, wie z.B. in 1. Mose 18, als Abraham für die Menschen in Sodom und die umliegenden Orte bittet und Gott soweit bringt und gewinnt, dass er, wenn auch nur zehn Gerechte darin zu finden wären, sie verschonen würde. Und Christus (Mt 18) macht noch eine stärkere Zusage: Wenn nur zwei oder drei in seinem Namen zusammenkommen, dann will er mitten unter ihnen sein. Und worauf sie sich einigen, miteinander zu bitten, das soll ihnen von seinem himmlischen Vater gewährt werden. Wie viel mehr wird sich eine ganze Gemeinde von Christen auf die Zusage verlassen, wenn sie einträchtig miteinander in Christi Namen etwas erbittet?!
Und wenn auch keine andere Frucht daraus hervorginge, wäre doch dies mehr als genug: Wenn zwei oder drei oder eine ganze Menge beieinander sind, wird Christus selbst bei ihnen gegenwärtig sein. Da wird gewiss auch Gott der Vater und der Heilige Geist nicht draußen bleiben und die heiligen Engel nicht weit entfernt sein. Der Teufel aber mit seinem höllischen Haufen wird sich nicht gern in dieser Nachbarschaft aufhalten.
Das sei zum Anfang des Evangeliums vom Sabbat gesagt, wie und wozu und in welchem Maße wir Christen Gebrauch von ihm machen sollen. Nämlich, dass wir zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, auf den wir uns verständigt haben, zusammen kommen, Gottes Wort auslegen und hören und Gott unsere eigene und die allgemeine und besondere Not anderer vortragen und damit ein starkes und kräftiges Gebet zum Himmel schicken und auch miteinander Gottes Wohltat mit Danksagen rühmen und preisen. Denn wir wissen, dass das der rechte Gottesdienst ist, der ihm von Herzen wohl gefällt, und dass er selbst dabei ist. Wir brauchen ihm keine besonderen Kirchen oder Tempel zu bauen mit großen Kosten oder Belastungen und sind nicht notwendig an einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit gebunden. Vielmehr gewährt er uns die Freiheit, dass wir das tun können wann, wo und wie oft wir können und uns darauf verständigen, damit, wie wir es auch sonst im ganzen christlichen Leben schuldig sind, wir in diesen äußeren oder äußerlichen Dingen in der Liebe zum Dienst an unserem Nächsten von unserer Freiheit Gebrauch machen und deshalb auch in diesen Dingen einträchtig und mit anderen Übereinstimmung pflegen.
Zweitens sehen wir, dass Christus die Blindheit der Juden bestraft und diejenigen, die ihn schulmeistern und tadeln wollen, zuschanden macht. |72|Und er überführt sie mit ihrem eigenen Beispiel, wie man vom Sabbat in Freiheit Gebrauch machen kann, nach unseren und des Nächsten Bedürfnissen. Denn hier fangen sie an, sich mit ihm darüber zu verkämpfen, dass er den Wassersüchtigen gesund machte. Sie beschuldigen ihn, er breche den Sabbat, und sind der Meinung, sie hätten es ganz richtig getroffen. So wie zuvor in Lukas 13, als Christus eine kranke Frau, die achtzehn Jahre lang gekrümmt gegangen war, in der Synagoge am Sabbat gesund machte. Das sieht auch der Synagogenvorsteher – oder wie wir sagen, der Pfarrer – und spricht zu der Menge: Es sind sechs Tage in der Woche, an denen man arbeiten soll, an denen sollt ihr kommen und euch helfen lassen, nicht am Sabbat, an dem man freimachen soll und nichts anfangen. Er will mit dieser Predigt Christus heftig gescholten haben, dem er doch selbst nicht unter die Augen zu treten wagt.
Er gibt ihm aber die passende Antwort, dass er mit seinen Freunden darüber rot werden und verstummen musste: Ihr Heuchler, es ist doch keiner unter euch, der nicht seinen Ochsen oder Esel von der Krippe losmacht und ihn zur Tränke führt am Sabbat, wenn ihn dürstet. Und ich sollte diese, die doch Abrahams Tochter ist, aus ihrer Gefangenschaft nicht lösen, mit der sie der Teufel ganze achtzehn Jahre gebunden hat? Ebenso spricht er hier: Wer ist unter euch, dem sein Ochse oder Esel am Sabbat in einen Brunnen fällt, der ihn nicht sofort herausholt?
Ich wollte gern in aller Klarheit mit unseren deutschen Worten sagen: Ihr seid doch selber grobe Ochsen und Esel und sogar gröber als die, die ihr losbindet, und hättet es sicher nötig, dass euch ein Esel vorliest und der Ochse in die Schule führt. Denn er kann euch schön lehren, dass ihr ihn losbindet, wenn ihn dürstet und ihr ihm am Sabbat zu trinken gebt oder ihn aus einem Brunnen hebt, wenn er hineingefallen ist, damit er nicht umkommt. Könntet ihr denn nicht verstehen oder doch lernen, wie viel nötiger es ist, dass man einem Menschen hilft, wenn er es braucht? – Aber ihr seid so grobe Klötze, dass ihr verbietet, einem Menschen in seiner Not zu helfen, wo ihr doch selbst wolltet, dass eurem Vieh in kleinerer Not geholfen wird. Denn euer Ochse oder eure Kuh würde nicht so schnell an Durst sterben, auch wenn ihr ihnen am Sabbat nichts zu trinken gäbet. Und ihr meint doch, ihr dürftet sie wegen des Sabbats nicht Durst leiden lassen, und haltet damit eines unvernünftigen Tieres Not für viel größer als die eines Menschen, der euer Nächster ist, nach Gottes Ebenbild geschaffen, und euch so herzlich von Gott zu lieben anbefohlen ist, wenn er sagt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!
|73|Lieber Freund, lege es auf die Waage und mache die Rechnung nach Gottes Wort: Du meinst, es sei eine große Unbarmherzigkeit, wenn dein Vieh Durst hat und du es nicht zur Tränke führst. Und bist ein solcher Teufel, der einen Menschen, dem du nach Gottes Gebot alle Liebe und Freundlichkeit, auch dein eigenes Leben schuldig bist, in seiner Not liegen lässt, und willst dabei noch Recht haben. Und mich willst du strafen, der ich einem Kranken helfe, wo du doch gerne willst, dass man dir, wenn du es brauchst, am Sabbat hilft, und hättest es nicht gerne oder hieltest es für richtig, wenn dich dein Nächster in der Not stecken ließe und viel vom Sabbat schwadronierte, wie du es jetzt gegen deinen Nächsten tust, und möchtest dabei ein großer Heiliger gescholten sein und den Sabbat schon gehalten haben und verstehst doch nicht, was der Sabbat ist und wie er zu halten ist, dass auch deine Kuh und dein Esel hier klüger sind als du Schriftgelehrter, die dich belehren, was du an ihnen in ihrer Not, ja, vielmehr an deinem Nächsten tun sollst.
Aber so sind diese Heuchler, die vom Evangelium nichts wissen oder hören wollen und sich dünken lassen, sie seien aller Welt Meister und Lehrer – und sind doch die Blindesten und Unverständigsten. Und es scheint mir, dass diese, mit denen Christus diesen Streit hat, eben diejenigen gewesen sind, die Priester und der Levit oder jedenfalls solche Leute, von denen Christus in Lukas 10 spricht, die an dem Verwundeten, der halbtot an der Straße lag, vorbeigingen, ihn halb tot liegen und – was an ihnen war, in seiner Not verderben ließen.
Das wird bestimmt an einem Sabbat geschehen sein, als sie zu ihrem Gottesdienst gehen und einen guten Grund haben wollten, den Verwundeten liegen zu lassen, und gesagt haben: Ei, bewahre mich Gott, dass ich diesen heute anfasse. Ich darf mich jetzt nicht unrein machen oder meinen Gottesdienst verpassen.
So tut es der ganze Bodensatz ihrer Hurenkinder auch noch heute, die an ihrem Sabbat keinen Apfel braten dürfen, viel weniger einem armen Menschen in seiner Not die Hand reichen, insbesondere einem Christen. Sie hülfen viel lieber derweil alle Christen totzuschlagen. Aber was ihren Hass und Neid, darüber hinaus Wucher und Schinden und Schaben an den Christen angeht – daraus machen sie sich gar kein Gewissen, achten weder den Sabbat noch Gottes Gebot. Wenn es aber um ihren Vorteil geht, ließen sie um des Sabbats willen, den sie doch so strikt zu halten vorgeben, nicht ein Huhn oder eine Gans umkommen. Und zusammengefasst: Sie sind genau die Kinder der frommen Heiligen – obwohl sie der Herkunft nach |74|selbst noch nicht wissen, woher sie stammen –, die auch der Prophet Jesaja in Kapitel 58 in Bezug auf ihren Sabbat rügt, dass sie an ihm nur täten, was ihnen gefalle, mit verbotenem Gottesdienst und Verachtung oder Bedrückung des Nächsten. Nur dass diese noch viel schlimmer sind, die da gegen Christus und seine Christen immerzu voll Blutdurst sind und doch große Ernsthaftigkeit zur Schau stellen, Gott zu dienen mit der Feier des Sabbats, wo sie doch selbst sehen, dass es jetzt mit ihrem Gottesdienst, Priestertum, Tempel und Sabbat aus und vorbei ist.
Darum geschieht es diesen Heuchlern recht, dass sie vor Christus schamrot und öffentlich zuschanden werden müssen. So soll es denen gehen, die Christus, Gottes Sohn, schulmeistern und tadeln wollen, dass sie ihm an die Ehre greifen und als verrückter und toller erkannt werden als ein Ochse oder Esel, weil sie diese unvernünftigen Tiere für mehr und höher halten als einen Menschen. Und sie sind also recht und billig von Christus abgefertigt, dass sie anstelle ihrer Ehre und Meisterschaft, die sie an ihm gewinnen wollten, sich selbst öffentlich vor jedermann in Schande gesetzt haben.
Darum lerne hier von Christus, was das rechte Verständnis des Sabbats ist und wie man die Unterscheidung zwischen dem äußeren Gebrauch, was Zeit, Stunde oder Ort betrifft, und den nötigen Werken der Liebe, die Gott allezeit, zu jeder Stunde und an allen Orten, wenn es die Not erfordert, gehalten haben will. Man soll wissen, wie er anderswo sagt, dass der Sabbat um des Menschen willen und nicht der Mensch um des Sabbats willen gemacht ist und also der Mensch Herr über den Sabbat ist und ihn nach seinem oder des Nächsten Bedürfnis brauchen soll, so dass er damit dieses und andere Gebote Gottes ungehindert halten kann. Denn das rechte Verständnis des dritten Gebots ist eigentlich dieses: dass man den Sabbat dazu brauchen soll, dass man Gottes Wort hört und lernt, wie man alle anderen Gebote, sowohl gegen Gott und den Nächsten, hält und dazu anderen dient und hilft durch die Liebe.
Von dieser Unterscheidung wissen die Heuchler nichts und können auch nichts davon wissen, weil sie allein das äußerliche Werk, den Tag zu feiern, in diesem Gebot betrachten und für nötig halten. Und doch, wenn es ihnen nützt, ihn selbst nicht zu halten, wollen sie ihren Ochsen oder ihren Esel nicht ungetränkt lassen. Aber ihres Nächsten Not bedeutet ihnen gar nichts. Da wollen sie das Gebot so strikt halten, dass sie keinem die Hand reichen, wenn sie sehen, dass er ihre Hilfe braucht. Und hier soll der Ochs oder Esel vorgehen vor dem Nächsten, und was sie an ihm tun, |75|das soll nicht bedeuten, den Sabbat gebrochen zu haben. Aber wenn sie ihrem Nächsten in seiner Not dienen oder helfen oder wenn sie das von anderen sehen – das soll den Sabbat entheiligt und gebrochen heißen, so wie sie es anderswo im Evangelium von Christus sagen: Wie kann der von Gott sein, der den Sabbat bricht?
Wir aber wissen durch Gottes Gnade, wie dieses Gebot vom Sabbat zu verstehen ist. Denn es heißt so: Du sollst den Sabbat oder Feiertag heiligen. Hör auf die Worte. Was heißt heiligen oder weihen? Einen Tag, eine Stunde oder eine Woche? Wahrlich nicht, wie es die Juden und unsere tollen Heiligen träumen, ganz müßig dasitzen und nichts tun, sondern erstens etwas an ihm tun, das ein heiliges Werk ist, das heißt, das Gott allein zusteht, nämlich, dass man vor allen Dingen Gottes Wort rein und heilig predigt, nicht wie diese Schriftgelehrten und Pharisäer, die Gottes Gebot verfälschen und verkehren, weil sie einen Ochsen oder ein anderes Stück Vieh für besser halten als einen Menschen. Ebenso, dass die anderen Gottes Wort hören und lernen und dazu helfen, dass es rein gepredigt und erhalten wird. Das heißt recht Feiertag halten und die Stätte oder Kirche weihen oder heiligen, so wie wir Gott Lob dieses Haus einweihen. Ja, dieses Predigtamt ist der Weihwassersprengel, an den wir alle zugleich greifen sollen, um uns und andere damit zu segnen und zu heiligen.
Zweitens, dass wir Gottes Wort, das wir gehört haben, in unser Herz aufnehmen und uns so damit besprengen, dass es in uns Kraft und Frucht bringen möge und wir uns öffentlich dazu bekennen und dabei im Leben und im Tod zu bleiben gedenken.
Drittens, wenn wir Gottes Wort gehört haben, dass wir auch gemeinsam Weihrauch oder Rauchwerk vor Gott bringen, nämlich, dass wir ihn miteinander anrufen und beten. Denn wir wissen, dass es ihm sicher angenehm und wohlgefällig ist, insbesondere in der Versammlung der Gemeinde, dass wir einmütig daneben auch Gott loben und ihm danken mit Freude für alle seine zeitliche und ewige Wohltat und alle Wunderwerke, die er an seiner Kirche tut. Es ist also alles, was da in einer solchen Versammlung der ganzen Gemeinde oder Kirche geschieht, nur heiliges göttliches Geschäft und Werk und ein heiliger Sabbat, mit dem Gott recht und heilig gedient und allen Menschen geholfen wird.
Denn dass ich, wenn wir in der Gemeinde zusammenkommen, predige, das ist nicht mein Wort noch Tun, sondern geschieht um euer aller willen und wegen der ganzen Kirche. Es muss nur einer da sein, der dort redet und das Wort nach der Anordnung und mit der Einwilligung der |76|anderen führt, die sich doch, indem sie die Predigt hören, alle zu dem Wort bekennen und so andere auch lehren. Wenn also ein Kind getauft wird, dann tut das nicht allein der Pfarrer, sondern auch die Paten als Zeugen, ja, die ganze Kirche. Denn die Taufe ist, wie das Wort und Christus selbst, Gemeingut aller Christen. Ebenso beten, singen und danken sie alle miteinander, und es gibt hier nichts, was einer für sich selbst allein hat oder tut, sondern: Was ein jeder hat, das gehört auch dem anderen.
Siehe, so wird der Sabbat recht geheiligt und Gott recht gedient zu unserer Seligkeit. Und eben damit wird auch dem Nächsten gedient durch Lehre und Gebet. Das ist der höchste Dienst und die größte Wohltat, durch die ihm auf ewig geholfen wird. Wenn du danach in die zweite Tafel kommst, die insbesondere unseren Nächsten betrifft, sollst du ihm auch in leiblicher Not helfen, insbesondere wenn du siehst, dass er deine Hilfe braucht. Denn das hat Gott auch geboten, und sein Gebot soll nicht nur außerhalb des Sabbats, sondern jederzeit und alle Stunde gehalten werden, doch so, dass dennoch das Amt der Kirche an Gottes Wort und Gebet nicht vernachlässigt wird. Denn es sind auch in dem Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen die Werke der Liebe und anderer Gebote nicht verboten oder untersagt, sondern nur die, durch die das Predigtamt des göttlichen Wortes und das Gebet verhindert wird.
Also ist in diesem Gebot vom Sabbat auch das ganze Gesetz enthalten, dass die anderen Gebote darum nicht aus und vorbei sein sollen. Ein Beispiel: Wenn ich meinen Nächsten in Not und Gefahr für sein Leib und Leben sehe, soll ich nicht an ihm vorbeigehen wie der Priester und Levit und ihn liegen und verderben lassen. Ich werde gerade darin, dass ich vorgebe, den Sabbat rein zu halten, ein Mörder an meinem Bruder. Vielmehr soll ich dienen und helfen, wie der Samariter den Verwundeten verband und auf sein Tier legte, bis er ihn in die Herberge brachte.
Daran sehen wir, was unser Herr Christus selbst getan und mit seinem Beispiel uns zu tun gelehrt hat. Denn wie die Geschichte aus dem Evangelium zeigt, ist das seine Art gewesen, dass er gewöhnlich am Sabbat in die Synagoge, die bei ihnen so etwas gewesen ist wie unsere Pfarrkirche, gegangen ist und dort eine Predigt gehalten hat vor den Leuten, die da gebetet und Psalmen gesungen haben, und dort, wenn die Predigt zu Ende gewesen ist oder danach, wenn er von jemandem eingeladen wurde, bei Tisch die Kranken, die es da gab oder die zu ihm gebracht wurden, gesund gemacht hat. Das sind seine guten Werke und Almosen gewesen, mit denen er um sich wirft mit schönen Stücken der heilsamen Lehre und Gaben |77|der Gesundheit. Und überdies gibt er Vergebung der Sünden und Gottes Gnade allen, die dies bei ihm suchen, so wie er das noch heutzutage tut in seiner Kirche eben durch das Predigtamt, das er selbst ausgeübt hat.
Dagegen ist an diesen Heuchlern, die Christus strafen und tadeln als einen, der den Sabbat nicht hält, nichts zu sehen als nur das Gegenteil hinsichtlich dieses und der anderen Gebote, was ihre Lehre und ihr Leben betrifft. Denn sie lehren erstens nicht recht, verkehren Gottes Gebot, lehren weder beten noch Gott danken, ja, sie lehren, die rechten Werke der Liebe gegen den Nächsten zu unterlassen, ihm sowohl geistlich zum Reich Gottes als auch leiblich in seiner Not zu helfen, wo sie doch selbst am Sabbat solche Werke tun – und daran Recht getan haben wollen, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen und ihrem Bauch dienen, indem sie ihren Ochsen und Esel, der Durst leidet oder vielleicht in eine Grube gefallen ist, nicht Not leiden lassen, überdies, dass sie am Sabbat – wie Christus anderswo sagt – Ochsen, Kälber und Schafe schlachten und für das Opfer vorbereiten und das Volk lehren, ihnen ja nur viele solcher Opfertiere zu bringen. Ist das nicht auch mit der Hand gearbeitet? – Frage einen Fleischer danach!
Und sie tun das nicht um Gottes willen, wie sie vorgeben, sondern um ihres Bauches und Nutzens willen, wie sie selbst damit bezeugten, dass sie an den großen Festen im Tempel Schafe, Ochsen und Tauben verkaufen ließen, damit man ihnen bloß viel für das Opfer brächte. Ansonsten hätten sie auch wohl zu den Leuten sagen können, wie der Synagogenvorsteher sagt: Es sind sechs Tage in der Woche, an denen bringt und bereitet euer Opfer, und nicht am Sabbat.
So haben wir es bisher unter dem Papsttum auch gehalten. Dafür kann ich mich selbst wohl als ein Beispiel anführen, der ich mehr als fünfzehn Jahre in lauter Abgötterei und Gotteslästerung gelebt habe, im Unglauben gegenüber Gott und in falschem Vertrauen auf die toten Heiligen, die ich anrief, ebenso auf meine Messen und mein Klosterleben. Und ich hätte darum, so wie sie es jetzt in ihrer Verstockung tun, auch dazu beigetragen, fromme, unschuldige Christen zu verdammen, zu verfolgen und totzuschlagen, die diese Abgötterei nicht hätten loben wollen, und gedacht, Gott damit einen großen Dienst zu tun, während ich immer meine täglichen Gottesdienste und Feiern in der Kirche mit großer Andacht hielt.
Aber jetzt hat Gott mich gnädig davon erlöst und gegeben, dass ich sehe, dass dies nur Verführung und gottloses Wesen und das ganze Papsttum nichts anderes oder Besseres ist als nur solche grobe Lehrer und Schüler, |78|die in die Ochsen- und Eselsschule gehören, ja, es nicht einmal wert sind, dass sie mit ihnen verglichen werden. Denn sie sind nicht einmal so gut wie die Juden, die auf ihren Sabbat hielten, der ja doch von Gott geboten war. Aber diese haben nichts für sich als ihren eigenen erfundenen Menschenkram und selbsterwählte Werke und Lebensweisen, die sie weit über Gottes Gebot heben.
Denn über das hinaus, dass sie mit ihrer Abgötterei und gottloser Lehre Gott täglich schänden und lästern, achten sie auch kein Werk der Liebe gegen ihren Nächsten, ja, sie ließen eher jedermann in seiner Not sterben und verderben, ehe sie ihm die Hand reichten. Und sie sind hierin so fleißig, dass sie nicht ein Haarbreit gegen ihre menschlichen Erfindungen, Regeln und Ordnungen tun, so wie die Juden am Sabbat nicht ein bisschen Wasser über ein Senfkorn gießen durften, weil sie meinten, sie täten Unrecht, wenn sie die Werke ihres eigenen erfundenen Gottesdienstes hintanstellten oder versäumten um ihres Nächsten willen. Sie machten sich kein Gewissen, dass sie derweil dem Nächsten nicht nur nicht halfen, sondern ihn auch mit falscher Lehre verführten und ihn überdies um Geld und Gut betrogen, damit sie ihren Bauch füllen und an allem genug haben und sich daran nichts abgehen lassen. Sie geben vor, das als Kirchengüter zu verteidigen und keinen Abbruch daran geschehen zu lassen, es möge derweil Gott oder dem Nächsten gehen, wie es wolle.
Solche verkehrten, tollen Heiligen, törichter als Ochsen und Esel, sind auch die Türken, Mohammeds Haufen und wie sie allesamt heißen, die Christus nicht hören und annehmen. Darum sollen wir Gott mit Recht loben und danken, dass wir sein Wort rein und lauter hören und haben und wissen, wie wir uns gegen Gott und den Nächsten verhalten sollen, recht Gottesdienst halten und unser ganzes Leben in allen Dingen recht führen können. Und wir sollen auch mit Ernst Gott darum anrufen, dass er uns dabei erhalten wolle, dass wir bei seinem Wort in rechtem Glauben und wirklicher Heiligung des Sabbats bleiben.
Das sei genug vom ersten Stück des Evangeliums vom Sabbat, das uns lehrt, wie er zu heiligen ist, dass wir nicht an Zeit, Stätte, Haus oder Person gebunden sind, sondern diese dazu nehmen und gebrauchen, wie es uns gelegen ist und nach unseren Bedürfnissen; dass wir miteinander Gottes Wort hören, miteinander beten und danken. Das geschieht am besten in der Versammlung, in der man allein darum zusammenkommt, und Herz und Gedanken weniger zerstreut sind als sonst, wenn ein jeder für sich selbst oder mit anderen zu tun hat. Dazu soll auch jetzt dieses Haus eingeweiht |79|sein, nicht um seinet-, sondern um unseretwillen, damit wir selbst durch Gottes Wort geheiligt werden und bleiben, so dass wir das, was uns Gott aus Gnade gegeben hat, auch helfen zu erhalten und auszubreiten.