Читать книгу Migration|Integration|Exklusion - Eine andere deutsch-französische Geschichte des Fußballs - Группа авторов - Страница 19
Zusammenfassung
ОглавлениеDer Beitrag begann mit dem ersten dokumentierten eigenständigen Fußballverein in Lothringen. Er war wie alle Vereine in der Gründungszeit zunächst ein Freizeitverein und als solcher überwand er tatsächlich Grenzen. Migranten aus Deutschland und einheimische Lothringer fanden hier zusammen, weil sie gleiche Interessen – das gemeinschaftliche Fußballspiel – verfolgten. Dass der Fußball aber auch bereits in seiner Gründungszeit Ausgrenzungseffekte generieren konnte, zeigte sich auch darin, dass die Vereine sich ihrerseits abgrenzten vom Anderen, das heißt von anderen Gruppierungen und für sich selbst eine exklusive bürgerlich geprägte Fußballvereinskultur begründeten.
Fußballvereine konnten daher sowohl einen integrativen Charakter haben, wenn es bei den Mitgliedern unterschiedlicher Herkunft um die Verfolgung gleicher Interessen ging. Zugleich hatten sie einen exklusiven Charakter gegenüber anderen sozialen Gruppierungen. Deshalb war es nur begrenzt möglich, den Fußballsport in sozialen oder auch konfessionellen Milieus einzuhegen und für Zwecke der Abschottung des jeweiligen Milieus zu nutzen. Dies war bei Turnvereinen ebenso zu beobachten wie im Arbeitersport und im konfessionellen Sport.
Auffallend ist, wie alle außersportlichen Akteure – von der Deutschen Turnerschaft über die Reformpädagogen, den preußischen Staat oder das Militär den Fußball instrumentalisierend für außersportliche Zwecke nutzen wollten. Die damals vollkommen neue Projektionsfläche Fußball bot jedem etwas: Sozialdisziplinierung, Erziehung durch Bewegung oder Wehrertüchtigung. Die Indienstnahme des Fußballs für außersportliche Zwecke gilt, wie gezeigt wurde, auch für den Arbeiter- wie für den katholischen Sport. Die Ausübung des Fußballsports in sozialen Milieus wurde daher zwar praktiziert, war jedoch quantitativ nicht von großer Bedeutung in Hinblick auf die Entwicklung des Fußballsports als Profi- wie auch als Breitensport.
Die Jugendlichen, wie auch die guten Fußballspieler, gingen zu den sogenannten bürgerlichen Vereinen, die sich für die soziale Herkunft und Konfession nicht interessierten. Die prinzipielle Offenheit war letztendlich auch das Geheimnis ihres Erfolges. Bei ihnen stand der sportliche Erfolg auf dem Platz im Vordergrund. Es ging ihnen – zugespitzt gesagt – um Punkte und Tore im Ligabetrieb. Es ging ihnen nicht um die Festigung eines Milieus, um Abwehrkämpfe, sondern um den sportlichen Erfolg ihres Vereins, der in erster Linie zu diesem einen Zweck gegründet worden war. Pragmatisches Vorgehen war für die bürgerlichen Sportvereine hierbei absolut notwendig.
Wie sehr mit pragmatischem Vorgehen auch ein staatstragendes Verhalten einherging, das wurde in diesem Beitrag am Beispiel der lothringischen Vereine nach 1918 aufgezeigt. Vereine wie die US Forbach hatten sich innerhalb weniger Jahre mit den neuen politischen Gegebenheiten arrangiert. Durch die Verfolgung kongruenter Interessen im Einklang mit Wirtschaft und Politik und durch das Zusammenwirken und -spielen mit Vereinen aus der übrigen Lorraine im lothringischen Fußballverband wurden auch die ursprünglich deutschsprachigen Vereine nach und nach in das republikanische Frankreich integriert.