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c) Leitentscheidungen

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113BGH NStZ 2011, 274, 275f.; Behandlungsabbruch: Die 82-jährige Schwiegermutter des Täters wird wegen einer Sepsis auf die Intensivstation eines Krankenhauses verlegt, wo sie ins künstliche Koma versetzt und an lebenserhaltende Geräte angeschlossen wird. Die behandelnde Ärztin hält den Zustand der Schwiegermutter zwar für kritisch, aber aus medizinischer Sicht nicht für hoffnungslos. Eine von der Schwiegermutter 5 Jahre zuvor verfasste Patientenverfügung, deren Inhalt dem Täter nicht bekannt ist, hat auszugsweise folgenden Inhalt: »An mir sollen keine lebensverlängernden Maßnahmen vorgenommen werden, wenn festgestellt ist, dass ich mich im unmittelbaren Sterbeprozess befinde, bei dem jede lebenserhaltende Maßnahme das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf erfolgreiche Behandlung verlängern würde.« Entgegen der Anweisung der behandelnden Ärztin schaltet der Täter unter Berufung auf den vermeintlichen Willen seiner Schwiegermutter die lebenserhaltenden Geräte ab, um deren Tod herbeizuführen. Nur kurze Zeit später werden die Geräte von der Ärztin wieder in Betrieb gesetzt. – Der Täter ist strafbar wegen versuchten Totschlags. Die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestandes in § 216 StGB liegen nicht vor, da es bereits an einem ausdrücklichen und ernstlichen Tötungsverlangen der Schwiegermutter fehlt. Die Tat ist darüber hinaus auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Behandlungsabbruchs gerechtfertigt. Der Täter konnte den Willen der Schwiegermutter schon deshalb nicht umsetzen, weil er die Patientenverfügung im Einzelnen nicht kannte. Darüber hinaus lagen aber auch die in der Patientenverfügung vorgesehenen Bedingungen für einen Behandlungsabbruch nicht vor, da sich die Schwiegermutter nicht im unmittelbaren Sterbeprozess befand und es bei ihr nicht zu einem nicht mehr behebbaren Ausfall lebenswichtiger Körperfunktionen gekommen war.

114BGH NStZ 2012, 85, 86; Tötung auf Verlangen: Eine Ehefrau verliert im Jahr 2009 infolge einer Alkoholerkrankung ihren Arbeitsplatz und erleidet anschließend eine Hirnschädigung, die eine Epilepsie zur Folge hat. Der Zustand der Ehefrau, die von ihrem ebenfalls schwerkranken Ehegatten umsorgt wird, verschlechtert sich in der Folgezeit zunehmend. Sie verbringt die meiste Zeit im Bett und nimmt 20 kg ab. Anfang 2010 erleidet sie innerhalb eines |54|Tages 2 epileptische Anfälle und äußert gegenüber ihrem Ehegatten, dass sie nicht mehr leben wolle. Im Anschluss an einen weiteren epileptischen Anfall trinkt der Ehegatte sich Mut an und tötet seine zuvor betäubte Ehefrau mit 7 Messerstichen in den Hals. – Der Ehegatte ist strafbar wegen Totschlags gemäß § 212 StGB. Die Voraussetzungen des Privilegierungstatbestandes in § 216 StGB liegen nicht vor, da das Tötungsverlangen der Ehefrau nicht als ernstlich anzusehen ist. Die Ernstlichkeit ist in der Regel dann zu verneinen, wenn das Opfer durch eine Erkrankung nicht in der Lage war, die Tragweite seines Entschlusses zu überblicken, oder wenn ein Tötungsverlangen in depressiver Augenblicksstimmung geäußert wird. Nach diesen Maßstäben ist die erstmalige und unbestimmte Äußerung der Ehefrau zwischen mehreren epileptischen Anfällen nicht als ernstliches Verlangen einer Tötung zu bewerten. In Betracht zu ziehen ist allerdings die Annahme eines minder schweren Falles nach § 213 Alt. 2 StGB.

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