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I. Begriffsbestimmung und Bedeutung

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Das Haushaltsrecht umfasst alle Vorschriften, die unmittelbar die Erhebung und Verwendung der öffentlichen Finanzmittel regeln, einschließlich der voraus liegenden Planung und der nachfolgenden Kontrolle, des Kassen- und Rechnungswesens wie auch der Vermögens- und Schuldenverwaltung. Abzugrenzen ist das Abgabenrecht, das die Geldleistungspflichten der Bürger regelt[1], wie auch das Recht des bundesstaatlichen und des kommunalen Finanzausgleichs, aus dem sich ergibt, welchem öffentlichen Träger welche Anteile des Gesamtmittelaufkommens zustehen.

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Das Haushaltsrecht bildet den rechtlichen Rahmen der Haushaltswirtschaft (im engeren Sinne) der juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Als Haushaltswirtschaft bezeichnet man die Gesamtheit der unmittelbar auf die Einnahmen und Ausgaben des Staates bezogenen Vorgänge, soweit sie eigenständiger haushaltspolitischer Entscheidung unterliegen. Der Sachzusammenhang, in dem der Vorgang steht (Bedarfsdeckung, Konjunkturstabilisierung etc.), ist unerheblich. Zur Haushaltswirtschaft gehören insbesondere das gesamte Haushaltswesen von der Aufstellung über die Verabschiedung bis zum Vollzug des Haushalts, das Kassen- und das Rechnungswesen wie auch die Vermögens- und die Schuldenverwaltung.

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Zentrales Regelungsmittel der Haushaltswirtschaft ist der durch Haushaltsgesetz festgestellte Haushaltsplan. Er besteht aus dem Gesamtplan und den Einzelplänen, die die Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen eines einzelnen Verwaltungszweigs, zumeist für den Bereich eines Ressorts (Ministeriums), enthalten und die in Kapitel und Titel eingeteilt sind (Rn. 198 f.). Soweit auf Grundlage der jüngeren rechtlichen Entwicklungen (Rn. 19 ff.) dem doppischen Rechnungswesen gefolgt wird (anstelle der Kameralistik) oder auch Produkthaushalte aufgestellt werden (anstelle von Titelhaushalten), ergeben sich im Einzelnen Abweichungen (Rn. 200 f.); an der grundsätzlichen finanzverfassungsrechtlichen Einordnung ändert sich hierdurch aber nichts.

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Der Haushaltsplan spiegelt das gesamte sachrechtliche Programm des staatlichen Trägers wider, soweit es – wie in der Regel – finanzerheblich ist. Zugleich determinieren die im Haushaltsplan ausgewiesenen Titel mit ihren Zwecksetzungen das sachrechtliche Programm, soweit es auf hinreichende Finanzierungsmittel angewiesen ist. Die Entscheidung über den Haushalt ist deshalb auch eine Entscheidung über Aufgabenprioritäten im Staat, der Haushaltsplan somit „ein Wirtschaftsplan und zugleich ein staatsleitender Hoheitsakt“[2].

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Zu Recht werden üblicherweise – mit unterschiedlichen Bezeichnungen – vier zentrale Haushaltsfunktionen unterschieden[3]: 1. die finanzpolitische Funktion, 2. die wirtschaftspolitische Funktion, 3. die politische Funktion und 4. die Kontrollfunktion. Die finanzpolitische Funktion oder auch finanzwirtschaftliche Funktion[4] des Haushalts bezieht sich auf seine Aufgabe, den staatlichen Mittelbedarf zu decken. Zu der klassischen Bedarfsdeckungsfunktion tritt die von der Finanzwissenschaft ausgeleuchtete wirtschaftspolitische Funktion des Haushalts hinzu, die seine instrumentelle Bedeutung im Rahmen der staatlichen Wirtschaftspolitik bezeichnet. Durch die Einfügung von Art. 109 Abs. 2 GG im Rahmen der Haushaltsrechtsreform 1967/69 sind die öffentlichen Haushalte des Bundes und der Länder von Verfassungs wegen auf die Sicherung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts auszurichten[5]. Die Grenzen der konjunkturpolitischen Nutzbarmachung des staatlichen Haushalts sind freilich bald deutlich geworden. Heute ist das ebenfalls in Art. 109 Abs. 2 GG verankerte Gebot, den Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zu wahren, in den Vordergrund gerückt. Eine allgemeinere politische Funktion hat der Haushalt darüber hinaus insoweit, als er das Handlungsprogramm der Regierung widerspiegelt, damit finanziell absichert, und zugleich selbst programmatisch wirkt. Auf Verwaltungsebene konkretisiert sich diese Funktion in den Steuerungswirkungen, die der Haushalt im Rahmen von Verwaltungsentscheidungen hat (Rn. 91). Schließlich und insbesondere hat der Haushalt auch eine Kontrollfunktion. Er ermöglicht zum einen die Binnenkontrolle innerhalb der Exekutive, insbesondere die Kontrolle der Verwaltung durch die Regierung. Zum anderen erlaubt der Haushalt die – in der Demokratie noch bedeutendere – Kontrolle der Regierung durch das Parlament. So hat das Bundesverfassungsgericht das Budgetrecht als eines der wesentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle bezeichnet[6]. Die parlamentarische Kontrolle aufgrund der Haushaltskompetenzen lässt es verfassungsrechtlich tragbar erscheinen, dass „weitreichende politische Entscheidungen nicht durch das Parlament, sondern durch andere Staatsorgane getroffen werden“[7]. Das parlamentarische Kontrollrecht hat gerade auch dort Bedeutung, wo die Exekutive ohne spezielle sachrechtliche Anleitung tätig wird, also im so genannten gesetzesfreien Bereich.

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Haushaltsrecht und (sachrechtliches) Verwaltungsrecht stehen in einem Wechselverhältnis, das wesentlich von dem Befund geprägt ist, dass das Sachrecht außenwirksam wird, während der Haushaltsplan nur Rechte und Pflichten im organschaftlichen Innenverhältnis begründet. So ist das Sachrecht im Außenverhältnis zum Bürger leitend. Insbesondere steht ein fehlender Haushaltstitel einem sachrechtlich begründeten Anspruch des Bürgers nicht entgegen. Soweit das Sachrecht demgegenüber Entscheidungsräume belässt (Ermessen), können die haushaltsplanerischen Zwecksetzungen und Grenzen stärker in den Vordergrund rücken. Die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns hängt aber auch hier davon ab, dass dieses Handeln mit den im Außenrechtsverhältnis anzulegenden Rechtsmaßstäben vereinbar ist, so mit dem Gleichheitsgrundsatz (zum Ganzen Rn. 87 ff.).

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