Читать книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов - Страница 235

3. Jüngere Entwicklungen

Оглавление

19

Insbesondere seit den 1990er Jahren wird in den Kommunen, in den Ländern und auch auf Bundesebene daran gearbeitet, die Verwaltungs- und Haushaltssteuerung wirtschaftlicher, effizienter zu gestalten (neue Verwaltungs- und Haushaltssteuerung[41]). Leitbild ist die Verwaltung als öffentliches Dienstleistungsunternehmen[42]. Die wesentlichen Elemente der Reformüberlegungen lassen sich, soweit sie haushaltserheblich sind, typisierend wie folgt zusammenfassen[43].

20

Die Verwaltung soll, erstens, stärker als bislang durch Leistungsvorgaben angeleitet werden. An die Stelle der herkömmlichen „inputorientierten“ Steuerung, deren Vorgaben sich auf die Ressourcen konzentrieren, die der Verwaltung zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehen, tritt die „outputorientierte“ Steuerung, im Rahmen derer Produkte definiert werden, die die Verwaltung – zumal mit einem bestimmten Budget – zu erbringen hat[44]. Sichergestellt werden soll die Leistungserbringung durch „Kontrakte“ sowohl zwischen Parlament und Regierung als auch innerhalb der hierarchischen Verwaltungsstruktur, die jeweils eine Sach- und eine Finanzkomponente enthalten. Haushaltsrechtlich wirkt sich die Outputorientierung insbesondere und unmittelbar in der Aufstellung von Produkthaushalten aus, in denen Mittel zur Produkterstellung zugewiesen werden; an die Stelle der Titelstruktur tritt hier die Produktstruktur (neue Form der Haushaltsdarstellung; Rn. 201).

21

Weiter effizienzsteigernd soll, zweitens, die stärkere Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung wirken. Für den konkreten Leistungsauftrag wird dazu den zuständigen „Fachbereichen“ ein Ressourcenrahmen zur selbstständigen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt (Budgetierung, dezentrale Budgetverantwortung)[45]. Die Fachbereiche entscheiden dann nach eigenem Ermessen darüber, mit welchen Ressourcen und in welchen Organisationsstrukturen der Leistungsauftrag möglichst effizient erfüllt werden kann. Dies kann auch bedeuten, dass Vorleistungen eingekauft werden (Make-or-Buy-Entscheidungen, Outsourcing), wenn private Unternehmen in bestimmten Bereichen effizienter arbeiten. Haushaltsrechtlich wird die Budgetierung insbesondere durch eine Vergröberung der Ermächtigungen (Titel- oder Produktstruktur) und eine zusätzliche Flexibilisierung bei der Bewirtschaftung der Ermächtigungen erreicht, so durch verstärkte einseitige und gegenseitige Deckungsfähigkeiten und Übertragbarkeiten von Mitteln in das Folgejahr (Relativierung der Grundsätze der sachlichen und zeitlichen Spezialität in Gestalt der sachlichen und zeitlichen Bindung; Rn. 128).

22

Begleitet werden soll die Outputorientierung, gegebenenfalls auch die dezentrale Budgetverantwortung, drittens, durch ein Rechnungswesen, das stärker wert- und wertverzehrsbezogen ist. An die Stelle der Kameralistik als reiner „Geldverzehrsrechnung“ soll deshalb eine umfassende „Ressourcenverbrauchsrechnung“ treten[46]. Wenngleich sich der vollständige Verwaltungsaufwand auch mit einer weiterentwickelten Kameralistik erfassen lässt, wird deshalb verbreitet die Umstellung auf ein an der kaufmännischen, doppelten Buchführung orientiertes System (Doppik) verlangt und betrieben, das Zahlungsströme wie auch Erfolgsgrößen wiederzugeben vermag. Haushaltsrechtlich steht dabei – auf Ebene des Gesamtplans wie auch der Einzelpläne – der Erfolgsplan oder auch Ergebnisplan im Zentrum, in dem – angelehnt an die Gewinn- und Verlustrechnung – die erwarteten Erträge und Aufwendungen aufgeführt werden. Im doppischen Finanzplan werden die Zahlungsströme erfasst, namentlich die geplanten Ein- und Auszahlungen wie auch die avisierten Investitionen und deren Finanzierung. Der Erfolgsplan mündet in der Erfolgsrechnung, der Finanzplan in der Finanzrechnung. Hinzu tritt die Vermögensrechnung, die im Kern der kaufmännischen Bilanz entspricht; sie weist den Bestand des Bruttovermögens, der Schulden und des Reinvermögens nach. Insgesamt spricht man insoweit auch von der integrierten Verbundrechnung. Als Form des Rechnungswesens kann sich die staatliche Doppik auf einen Titelhaushalt, aber auch auf einen Produkthaushalt beziehen.

23

Komplementär zu Leistungsorientierung und dezentraler Verwaltung und Mittelbewirtschaftung soll, viertens, ein neuartiges Vollzugscontrolling stehen, sowohl im Verhältnis zwischen Parlament und Regierung als auch innerhalb der Exekutive. Der verantwortliche Umgang mit den Leistungsaufträgen und insbesondere mit der zugewiesenen Budgetautonomie soll dabei durch ausgefeilte Kennzahlenerfassungen über Kosten und Leistungen (Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)) und ein entsprechendes Berichtswesen sichergestellt werden. Gegebenenfalls soll es auf dieser Grundlage zu Nachsteuerungen kommen können (Qualitätsmanagement).

24

Bei der praktischen Umsetzung der Reformüberlegungen zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Am weitesten sind die Reformen in den Kommunen gediehen. Nach verschiedenen Modellversuchen, vor allem in einigen rheinland-pfälzischen Kommunen, fanden nach und nach Elemente der neuen Haushaltssteuerung Eingang in das kommunale Haushaltsrecht (zunächst über „Experimentierklauseln“). Nachdem sodann in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2004 ein „Gesetz zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen“ geschaffen worden war[47], ist – mittlerweile – das Kommunalhaushaltsrecht in allen Bundesländern reformiert. Regelmäßig haben die Kommunen auf Grundlage des reformierten Rechts die Möglichkeit oder auch die Pflicht, die Doppik (zum Teil alternativ zu einer erweiterten Kameralistik) einzuführen, teilweise auch die Möglichkeit, Produkthaushalte vorzusehen[48]. Auf Bundes- und Landesebene entwickeln sich die Reformen demgegenüber erheblich langsamer. Wichtige, Bund, Länder und Kommunen betreffende Änderungen des HGrG enthielt zwar schon das Haushaltsrechtsfortentwicklungsgesetz aus dem Jahr 1997[49] (siehe insbesondere §§ 1a, 6a und 7a HGrG). Die dort eröffneten Optionen wurden staatlicherseits jedoch zunächst nur sehr zögerlich aufgegriffen, gerade was die Leistungsorientierung der Haushaltsaufstellung angeht. Bewegung ist in den Ländern primär bei der Weiterentwicklung des Rechnungswesens zu beobachten (durch Einführung der Doppik oder einer erweiterten Kameralistik). So hat als erstes Bundesland Hamburg zum 1.1.2006 sein Vermögen und seine Schulden nach kaufmännischen Grundsätzen erfasst und eine Eröffnungsbilanz vorgelegt; Hessen (1.1.2009) und Bremen (1.1.2010) sind nachgezogen[50]. Mittlerweile haben sich alle Bundesländer zu einer Reform des Rechnungswesens entschieden, überwiegend nach dem Modell der erweiterten Kameralistik. Der Bund beschränkt sich demgegenüber weiterhin auf eine sehr zurückhaltende Erweiterung der Kameralistik.

Besonderes Verwaltungsrecht

Подняться наверх