Читать книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов - Страница 268

V. Sachliche und zeitliche Spezialität

Оглавление

121

Der Haushaltsgrundsatz der Klarheit und Wahrheit konkretisiert sich im Grundsatz der Spezialität der Haushaltsansätze, nach dem die einzelnen Haushaltsansätze so spezifiziert wie möglich aufgeführt sein müssen. Auch der Spezialitätsgrundsatz ist verfassungsrechtlich begründet[350], weil die Titelspezialität unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass das Parlament die Ausgabenseite der Staatsfinanzen wirksam steuern und kontrollieren kann.

122

Der Spezialitätsgrundsatz verlangt zum einen die sachliche, zum anderen die zeitliche Spezialität der Haushaltsansätze. Die sachliche Spezialität bezieht sich auf die Zwecksetzungen der Ansätze und die veranschlagten Summen. Einfachrechtlich sieht § 12 Abs. 4 Satz 1 HGrG, entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 BHO und das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht vor, dass die Einnahmen nach dem Entstehungsgrund, die Ausgaben und die Verpflichtungsermächtigungen nach Zwecken getrennt zu veranschlagen und, soweit erforderlich, zu erläutern sind; die Erläuterungen können ausnahmsweise selbst für verbindlich erklärt werden (§ 12 Abs. 4 Satz 2 HGrG, § 17 Abs. 1 Satz 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Aufgrund dessen werden im Haushaltsplan Titel gebildet, die sich aus der Zweckbestimmung (Dispositiv[351]) und dem dafür bewilligten Betrag zusammensetzen[352]. Die Einzelveranschlagung begründet eine entsprechende sachliche Bindung im Haushaltsvollzug. So dürfen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 HGrG, § 45 Abs. 1 Satz 1 BHO und dem entsprechenden Landes- und Kommunalhaushaltsrecht die Ausgaben- und Verpflichtungsermächtigungen nur zu den im Haushaltsplan bezeichneten Zwecken in Anspruch genommen werden. Dass die Exekutive durch die Haushaltstitel zur Mittelverausgabung nicht verpflichtet, sondern hierzu allein ermächtigt wird, ist freilich mit dem Spezialitätsgrundsatz zu vereinbaren. Die Beschränkung auf die Ermächtigungswirkung ist dem Haushaltsrecht immanent; die sachliche Steuerung der Verwaltung, die Handlungsverpflichtungen umfassen kann, ist Gegenstand des Verwaltungsrechts (Rn. 87 ff.).

123

Die zeitliche Spezialität verlangt eine genaue zeitliche Umgrenzung der Ausgabenermächtigung. Diese Umgrenzung entspricht im Grundsatz dem Haushaltsjahr (§ 8 Abs. 2 HGrG, § 11 Abs. 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Im Vollzug führt die zeitliche Spezialität der Bewilligungen dazu, dass diese nur bis zum Ende des Haushaltsjahres geleistet oder in Anspruch genommen werden dürfen (zeitliche Bindung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 HGrG, § 45 Abs. 1 Satz 1 BHO, entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Die zeitliche Begrenzung der Ausgaben- und Verpflichtungsermächtigungen kann zu dem Phänomen führen, das als „Dezemberfieber“ kritisiert wird: In Voraussicht des Wegfalls der Ermächtigungen werden zum Ende des Haushaltsjahres überhastete, unwirtschaftliche Ausgaben- und Verpflichtungsentscheidungen getroffen.

124

Dem „Dezemberfieber“ und entsprechend auch sachlichen Mittelbindungen, die sich im Vollzug als hinderlich erweisen, stehen – zunehmend – Flexibilisierungen in sachlicher und zeitlicher Hinsicht gegenüber. Derartige Ausnahmen vom Spezialitätsgrundsatz sind angesichts seiner Bedeutung für eine wirksame Ausübung des parlamentarischen Budgetrechts nur aus zwingenden Gründen zulässig. Die Exekutive darf, so das Bundesverfassungsgericht deutlich, keine „unangemessene Verfügungsmacht“ über die Haushaltsmittel erlangen[353]. Dieser Maßstab ist an jedwede Form der Flexibilisierung von Haushaltsansätzen anzulegen, die der Exekutive Spielräume bei der Bewirtschaftung geben.

125

Zu einer Flexibilisierung in sachlicher Hinsicht führen die Vorschriften über die einseitige oder gegenseitige Deckungsfähigkeit von Haushaltsansätzen, die es erlauben, bewilligte Mittel einem anderen Zweck zuzuführen als im Haushaltsplan zunächst vorgesehen (§ 46 BHO und das entsprechende Landesrecht). Kraft Gesetzes sind die in § 20 Abs. 1 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht[354]) genannten Ausgaben (Personalausgaben) gegenseitig oder einseitig deckungsfähig. Darüber hinaus kann die Deckungsfähigkeit von Ansätzen im Haushaltsplan erklärt werden, wenn ein verwaltungsmäßiger oder sachlicher Zusammenhang besteht oder eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung gefördert wird (§ 15 Abs. 3 Satz 1 HGrG, § 20 Abs. 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen, die ohne nähere Angabe des Verwendungszwecks veranschlagt sind, dürfen demgegenüber nicht für deckungsfähig erklärt werden (§ 15 Abs. 3 Satz 2 HGrG, § 20 Abs. 3 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Im laufenden Vollzug können schließlich, auch dies begründet eine sachliche Flexibilisierung, Mittel und Planstellen (im Haushaltsplan ausgewiesene Stellen für Beamte) umgesetzt werden, wenn Aufgaben von einer Verwaltung auf eine andere Verwaltung übergehen oder in einer anderen Verwaltung ein unvorhergesehener und unabweisbarer vordringlicher Personalbedarf entsteht (§ 50 BHO, entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht).

126

In zeitlicher Hinsicht gilt dies für die Vorschriften, die eine zeitliche Übertragung von Ausgaben- und Verpflichtungsermächtigungen in das nächste Haushaltsjahr zulassen. Übertragbar sind kraft Gesetzes die Ausgaben, richtig: Ausgabenbewilligungen, für Investitionen und aus zweckgebundenen Einnahmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 HGrG; § 19 Abs. 1 Satz 1 BHO und das entsprechende Landeshaushaltsrecht; im Kommunalhaushalt sind regelmäßig die Ansätze des Vermögenshaushalts übertragbar). Andere Ausgaben können durch einen Vermerk im Haushaltsplan für übertragbar erklärt werden, wenn dies ihre wirtschaftliche und sparsame Verwendung fördert (§ 15 Abs. 1 Satz 2 HGrG; § 19 Abs. 1 Satz 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Im laufenden Vollzug kann darüber hinaus der Finanzminister in besonders begründeten Einzelfällen die Übertragbarkeit von Ausgaben zulassen, soweit Ausgaben für bereits bewilligte Maßnahmen noch im nächsten Haushaltsjahr zu leisten sind, beispielsweise weil sich die Verwaltung bereits außenwirksam gebunden hat (§ 27 Abs. 3 HGrG; § 45 Abs. 4 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Nicht in Anspruch genommene Verpflichtungsermächtigungen gelten über das Ende des Haushaltsjahres hinaus, solange das Haushaltsgesetz für das neue Haushaltsjahr noch nicht verkündet ist (§ 27 Abs. 1 Satz 2 HGrG; § 45 Abs. 1 Satz 2 BHO und das entsprechende Landes- und Kommunalhaushaltsrecht). Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 HGrG, § 45 Abs. 2 Satz 1 BHO (entsprechend das Landes- und Kommunalhaushaltsrecht) können bei übertragbaren Ausgaben Ausgabenreste gebildet werden, die für die jeweilige Zweckbestimmung über das Haushaltsjahr hinaus bis zum Ende des auf die Bewilligung folgenden zweitnächsten Haushaltsjahres verfügbar bleiben. Schließlich erlaubt § 37 Abs. 4 BHO (entsprechend die meisten Landeshaushaltsordnungen), bei übertragbaren Ausgaben im Vorgriff auf die – noch nicht ergangene – Bewilligung für das nächste Jahr Ausgaben zu tätigen (Mehrausgaben), die dann auf die nächstjährige Bewilligung für den gleichen Zweck angerechnet werden; dies ist insbesondere bei größeren Investitionsvorhaben von Bedeutung.

127

Bei doppischem Rechnungswesen gelten die Grundsätze der sachlichen und zeitlichen Spezialität, auch der Flexibilisierung, entsprechend (§ 15 Abs. 2 Satz 1 HGrG). Darüber hinaus erlaubt § 15 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGrG bei doppisch basierten Haushalten, auf Grundlage einer haushaltsrechtlichen Ermächtigung Rücklagen zu bilden[355]. Nach § 27 Abs. 4 HGrG bedürfen die Bildung und die Inanspruchnahme doppischer Rücklagen der Einwilligung des Finanzministers. Bei Produkthaushalten bezieht sich die Spezialität auf die Leistungszwecke (§ 1a Abs. 3 Satz 1 HGrG).

128

Auf eine noch weitergehende sachliche und zeitliche Flexibilisierung der Haushaltsbewirtschaftung zielen die Ansätze der neuen Haushaltssteuerung zur Budgetierung ab. So erlaubt § 6a Abs. 1 HGrG die Veranschlagung von Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen eines Systems der dezentralen Verantwortung einer Organisationseinheit. Dabei soll die Finanzverantwortung auf der Grundlage der Haushaltsermächtigung auf die Organisationseinheiten übertragen werden, die die Fach- und Sachverantwortung haben. Voraussetzung sind geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente, mit denen insbesondere sichergestellt wird, dass das jeweils verfügbare Ausgabevolumen nicht überschritten wird. Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sind durch Gesetz oder den Haushaltsplan festzulegen. Nach § 6a Abs. 2 HGrG sollen insoweit durch Gesetz oder Haushaltsplan für die jeweilige Organisationseinheit Regelungen zur Zweckbindung, Übertragbarkeit und Deckungsfähigkeit getroffen werden.

129

Gerade auch derart weitreichende globale Mittelzuweisungen müssen sich allerdings als Abweichungen vom verfassungsrechtlich, namentlich im parlamentarischen Budgetrecht verankerten Spezialitätsgrundsatz im Einzelnen rechtfertigen. In Betracht kommt dabei in erster Linie der seinerseits verfassungskräftige Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Rn. 155 ff.), dem die Globalisierung der Mittelzuweisung dienen kann[356]. Ungeachtet der ökonomischen Effizienz der Budgetierung darf die Bedeutung der parlamentarischen Mittelbewilligung im parlamentarischen Regierungssystem, also die Bedeutung für die demokratische und rechtsstaatliche Rückbindung der Verausgabung der (im Wesentlichen Steuer-)Mittel nicht aus dem Blick geraten. Bei der Zuweisung von Globalhaushalten an Selbstverwaltungseinrichtungen wie die Universitäten ist freilich ergänzend deren eigene demokratische Legitimation mit zu berücksichtigen. Zudem ist wiederum daran zu erinnern, dass eine übermäßige, detaillastige Spezialisierung der Haushaltsansätze der wirksamen Ausübung des Budgetrechts durch das Parlament zuwiderlaufen kann; denn in der Praxis ist es vor allem die Informationsfülle des Planentwurfs, die das Parlament an einer substantiierten Willensbildung über den Haushaltsplan hindert. Entscheidend kommt es im Ergebnis darauf an, dass das Verwaltungshandeln weiterhin wirksam parlamentarisch gesteuert und kontrolliert wird[357].

Besonderes Verwaltungsrecht

Подняться наверх