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II. Geld und Abgaben als Steuerungsinstrumente im Verwaltungsrecht

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„Die Finanzen sind die Realität einer Verfassung“[5]. Man müsste ergänzen: Und der Verwaltung! Die Beschaffung und Verwaltung von Geld zur Finanzierung des Gemeinwesens erweist sich zunächst und primär als instrumentelle Staatsaufgabe, d.h. nicht die Erfüllung der Aufgaben, sondern die Ermöglichung der Aufgabenerfüllung durch die Bereitstellung finanzieller Ressourcen stehen bei dieser Betrachtung im Vordergrund[6]. Der Staat ist zu finanzieren, damit er seine „eigentlichen“ Aufgaben wahrnehmen kann. Erst durch eine entsprechende Finanzkraft wird der Staat handlungsfähig. Die Rede vom instrumentellen Charakter der Staatsfinanzierung beschreibt freilich einen Idealtypus[7]: Bei der Einnahmenerhebung kann, sofern die betreffenden Abgaben auch Lenkungscharakter besitzen, eine über die Beschaffung von Finanzmitteln hinausreichende Verhaltenssteuerung bewirkt werden[8]; auf der Ausgabenseite staatlichen Finanzgeschehens kann ebenfalls wirtschaftslenkend angesichts der konjunkturellen Wirkungen von Investitionen und sonstigen Staatsausgaben agiert werden[9]. Durch die Ausrichtung der gesamten staatlichen Finanzwirtschaft auf die „ökonomische Budgetfunktion“ des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts durch Art. 109 Abs. 2 GG ist dies zu einem Staatsziel erhoben worden[10]. Das Finanzwesen hat dadurch in der Verfassungsordnung eine neue Stellung erhalten[11]. Geld und Finanzen als „Steuerungsmedien“ ergänzen die überkommene Finanzierungsfunktion[12].

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Das Finanzrecht und die Finanzverfassung des Grundgesetzes bauen auf dem Prinzip der Steuerstaatlichkeit auf[13]. Dieses Staatsstrukturprinzip ist in jüngerer Zeit vermehrt angegriffen worden[14]. Die Kontroversen betreffen letztlich die grundlegende Frage, welche öffentlichen Aufgaben durch das allgemeine Finanzaufkommen – welches aus Steuereinnahmen gespeist wird, die dem Leistungsfähigkeitsprinzip verpflichtet sind – finanziert werden, und welche über dem Äquivalenzprinzip verpflichtete Abgaben auf die konkret Begünstigten umgelegt werden sollen. Finanzrechtlich geht es um die Unterscheidung zwischen Gemeinlast und Sonderlast. Durch das Kriterium der Kosten käme notwendigerweise eine ökonomische Dimension in die Abgabengestaltung. Äquivalenzbezogene Finanzierungsmodi tendieren dazu, den Bürger als „Konsumenten“ oder „Kunden“ zu begreifen.

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Angesprochen ist die Verbindung zwischen Staatsaufgaben, demokratischer Legitimation und der instrumentellen Aufgabe der Staatsfinanzierung. Das Problem reicht weit über das Finanzrecht hinaus: Letztlich geht es um die demokratisch-parlamentarische Konzeption des Verfassungsstaats des Grundgesetzes, geht es um das Staatsbild insgesamt. Die Trennung zwischen Einnahmen und Ausgaben auf der Ebene des Staatshaushalts, die grundsätzlich fehlende Zweckbindung von Abgaben, die Ermöglichung der politischen Gesamtentscheidung über das Budgetrecht des Parlaments sind nicht nur die Voraussetzungen für eine gleichheitsgerechte Beteiligung der Bürger an der Staatsfinanzierung, sondern erweisen sich als unverzichtbare Elemente der staatlichen Handlungsfähigkeit und damit der parlamentarischen Demokratie. Die Auflösung der staatlichen Finanzgebarung in punktuelle, gar okkasionelle Äquivalenzbeziehungen beschädigt die zentrale Koordinationsfunktion des Parlaments, gefährdet den verfassungsrechtlichen Kerngedanken demokratischer Gleichheit, koppelt die Frage nach den zu erfüllenden Staatsaufgaben an die Einnahmenerhebung und bewirkt in der Konsequenz durch eine grundlegende Umstellung der gesamten „Verwaltungsphilosophie“ den Weg zum sog. Dienstleistungsstaat[15]. Der nur scheinbar mögliche Ausweg, die grundgesetzliche Strukturentscheidung für die Demokratie[16] selbst in ein äquivalenzorientiertes Prinzip umzudeuten, die finanzielle zur politischen Äquivalenz zu erweitern, verfehlt die Vorgaben der Verfassung. Die vorgeschlagene „Responsivität zwischen der Aufgaben- und der Finanzierungsentscheidung“, die durch institutionelle Koppelung parallel laufender Prozesse erreicht werden soll[17], entspricht nicht der demokratischen Konzeption des Grundgesetzes. Die demokratische Gleichheit knüpft an den Staatsbürgerstatus, nicht an eine diffuse Betroffenheit an; nicht derjenige, der für staatliche Leistungen bezahlt, bestimmt mit, sondern das demokratisch konstituierte Staatsvolk[18]. Die Koppelung zwischen der Entscheidung über die Erfüllung der Staatsaufgaben und deren Finanzierung ist zunächst eine politische, keine verfassungsrechtliche. Entsprechende Vermittlungsleistungen sind im politischen Prozess zu erbringen. Alle Bestrebungen, das finanzrechtliche Äquivalenzprinzip als „Transmissionsriemen für einen partizipativen Einfluss der Zahler auf die staatliche Willensbildung bei der Gestaltung der jeweiligen gegenleistungsabhängig finanzierten Leistungsbereiche anzusehen“[19], sind zurückzuweisen. Im Rahmen der Steuerstaatlichkeit vermag das Äquivalenzprinzip die Höhe bestimmter Kausalabgaben wie Gebühren und Beiträge zu steuern, sofern der grundsätzliche Vorrang der Steuerfinanzierung gewahrt bleibt[20].

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