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IV. Steuerverwaltungskompetenzen
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Die Steuerverwaltungskompetenz wird durch Art. 108 GG als lex specialis gegenüber den Art. 83 ff. GG zwischen Bund und Ländern verteilt[338]. Ausführungsgesetz zu Art. 108 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 GG ist das Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG), das Organisation und sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden regelt. In den §§ 1 (Bundesfinanzbehörden) und 2 (Länderfinanzbehörden) FVG wird der übliche Behördenaufbau mit der Gliederung in oberste, Ober-, Mittel- und örtliche Behörde geregelt[339].
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Das frühere Unikum der Mischverwaltung durch die Oberfinanzdirektion als einheitlicher Mittelbehörde, die sowohl dem Bund wie auch dem betroffenen Land zugeordnet war und der Aufsicht durch deren jeweiliger Oberbehörde jeweils zum Teil unterlag, wurde durch Errichtung der Bundesfinanzdirektionen als „eigene“ Mittelbehörden des Bundes im Jahr 2008 abgeschafft.
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Für die Bundesebene ergeben sich neben Art. 108 Abs. 1 GG weitere Vorgaben aus Art. 87 Abs. 1 GG, der die Bundesfinanzverwaltung als obligatorische, unmittelbare und mehrstufige (wenn auch mittlerweile nicht mehr notwendigerweise dreistufige, vgl. Art. 108 Abs. 1 S. 3 GG) Bundesverwaltung vorschreibt. Art. 108 Abs. 2 GG verpflichtet die Länder zur Einrichtung einer mehrstufigen Landesfinanzverwaltung, wobei auch hier die Verpflichtung zu einem dreistufigen Behördenaufbau entfallen ist, Art. 108 Abs. 2 S. 3 GG[340]. Verfassungsrechtlich außergewöhnlich ist die für den Fall der Einrichtung von Mittelbehörden vorgesehene Verpflichtung, deren Leiter im „Benehmen“ mit den Landesregierungen (bei Bundesmittelbehörden, Art. 108 Abs. 1 S. 3 GG) und im „Einvernehmen“ mit der Bundesregierung (bei Landesmittelbehörden, Art. 108 Abs. 2 S. 3 GG) zu bestellen. In letzterem Fall besteht mithin eine echte Mitentscheidungsbefugnis der Bundesregierung, so dass ein abermaliges Beispiel für eine Mischverwaltung vorliegt; nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist mittlerweile wohl auch das bloße Benehmenserfordernis bei den Bundesmittelbehörden als Fall der Mischverwaltung einzuordnen[341].
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Nach Art. 108 Abs. 1 S. 1 GG werden Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern und die Abgaben im Rahmen der Europäischen Union durch die Bundesfinanzbehörden verwaltet; örtliche Behörden sind dabei die Hauptzollämter.
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Die übrigen Steuern werden nach Art. 108 Abs. 2 S. 1 GG durch die Landesfinanzbehörden verwaltet, insoweit sind die Finanzämter örtliche Behörden. Sofern es sich um solche Steuern handelt, deren Erträge ganz oder teilweise dem Bund zustehen, agieren die Länder gem. Art. 108 Abs. 3 S. 1 GG in Bundesauftragsverwaltung, die damit insbesondere für die ertragsstarken Gemeinschaftssteuern greift. Folglich lässt sich festhalten, dass die Ertragskompetenz zwar keine Rolle dafür spielt, ob Bund oder Länder die Steuern verwalten, jedoch hinsichtlich der Art der Steuerverwaltung durch die Länder – ob als eigene Angelegenheit oder in Bundesauftragsverwaltung – relevant wird[342]. Während die Steuergesetzgebungskompetenzen schwerpunktmäßig beim Bund angesiedelt sind, besitzen somit die Länder – entsprechend der generellen Konzeption der Art. 30, 83 GG – ein klares Übergewicht bei der Steuerverwaltungshoheit[343]. Die Verteilung der Verwaltungskompetenzen ähnelt derjenigen der Ertragskompetenzen nach Art. 106 GG, mit dem Unterschied, dass die Länder die Gemeinschaftssteuern als Ganzes verwalten, obwohl sie ihnen nur teilweise zufließen, während der Bund die nicht örtlichen Verbrauchsteuern in Gänze verwaltet, obwohl der Ertrag der Biersteuer den Ländern zusteht.
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Die klare Struktur der Art. 108 Abs. 1–3 GG wird durch Art. 108 Abs. 4 GG aufgebrochen: Dieser räumt dem Bund die Möglichkeit ein, durch zustimmungsbedürftiges Gesetz die Aufteilung der Verwaltungskompetenzen – allerdings nur punktuell und unter der Voraussetzung der erheblichen Verbesserung oder Vereinfachung der Steuerverwaltung – zu verschieben. Dabei führt Satz 1 die bestehenden Optionen auf: Dies sind neben der verfassungsrechtlich ungewöhnlichen Mischverwaltung durch Bund und Länder gemeinsam („Zusammenwirken“) die Übertragung von Bundes-Verwaltungskompetenzen auf die Länder und die Übertragung von Länder-Verwaltungskompetenzen auf den Bund.
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Das Verfahren der Steuererhebung wird durch die Abgabenordnung geregelt, welche kompetenziell – neben Art. 105 GG – auf Art. 108 Abs. 5 GG beruht[344].