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3. Beschleunigtes Verfahren (insbesondere Bebauungspläne der Innenentwicklung)

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Kern der BauGB-Novelle 2007 zur Innenentwicklung der Städte war die Schaffung des neuen Instruments des Bebauungsplans der Innenentwicklung in § 13a BauGB[343]. Die Intention dieser neuen Regelung liegt darin, den Flächenverbrauch durch eine Ausweitung der Siedlungsgebiete in den Außenbereich hinein zu begrenzen, indem die Innenentwicklung vorhandener Ortsteile gefördert wird[344]. Ein wesentliches Element dieses neu geschaffenen Instrumentariums ist das beschleunigte Verfahren, wobei das Hauptanliegen des Gesetzgebers darin besteht, die Bebauungspläne von der Umweltprüfung zu befreien. Dies ist eine bemerkenswerte Abkehr von der noch im Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 verfolgten Linie, grundsätzlich alle Bauleitpläne einer Umweltprüfung zu unterwerfen[345].

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Dieser Intention entsprechend wird das beschleunigte Verfahren gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 BauGB eröffnet, wenn der Bebauungsplan Maßnahmen der Innenentwicklung dient[346]. Der Begriff der Innenentwicklung ist nicht legal definiert und wird nur undeutlich umrissen. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Interpretation durch die Gemeinden der uneingeschränkten Kontrolle durch die Gerichte unterliegt.[347] Beispielhaft nennt § 13a BauGB die Wiedernutzbarmachung von Flächen sowie die Nachverdichtung. § 1a Abs. 2 S. 4 BauGB bezeichnet Brachflächen, Gebäudeleerstand und Baulücken als Innenentwicklungspotenziale. Flächen, die außerhalb des Siedlungsbereichs liegen, kommen nicht in Betracht. Für eine Ausdehnung des Siedlungsgebiets in den Außenbereich bietet § 13a BauGB demgemäß keine Grundlage.[348] Diese kann jedoch auf der Grundlage des § 13b BauGB erfolgen, der zeitlich begrenzt den Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens ausdehnt.

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Der mit der Anwendung des beschleunigten Verfahrens einhergehende Verzicht auf die Umweltprüfung macht es jedoch erforderlich, den Anwendungsbereich mit den Erfordernissen des europarechtlichen Systems der Umweltprüfungen in Übereinstimmung zu bringen. Dem dient die flächenmäßige Begrenzung in § 13a Abs. 1 S. 2 BauGB sowie die Beschränkung auf nicht UVP-pflichtige Bebauungspläne nach § 13a Abs. 1 S. 4 BauGB[349]. Des Weiteren wird die Anwendung durch § 13a Abs. 1 S. 5 BauGB ausgeschlossen, wenn die FFH- oder Vogelschutzrichtlinie zum Tragen kommen[350] oder Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von Störfallen nach § 50 S. 1 BImSchG zu beachten sind. Damit erfüllen § 13a Abs. 1 S. 4 und 5 BauGB die gleiche Funktion wie § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BauGB im Hinblick auf das vereinfachte Verfahren. Besondere Aufmerksamkeit verdient § 13a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB, der einen Systembruch kennzeichnet. Während der Gesetzgeber im Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 eine Strategie zur Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie verfolgte, die es erlaubte, durch die generelle Anordnung der Umweltprüfung auf die Vorprüfung im Einzelfall zu verzichten, hat er nunmehr wieder auf die Vorprüfung zurückgegriffen. Die Vorteile der Umsetzungsstrategie des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau 2004 gehen damit partiell verloren. Ob die Schwierigkeiten bei der Durchführung der Vorprüfung, durch die Vorteile des beschleunigten Verfahrens aufgewogen werden, erscheint fraglich[351]. § 13a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB erfordert eine Prognose der zu erwartenden Umweltauswirkungen. Die Unsicherheit bezüglich dieser Prognose wird insofern abgemildert, als der Gesetzgeber in § 214 Abs. 2a Nr. 3 BauGB die ordnungsgemäße Durchführung der Vorprüfung für den Fall fingiert, dass die Vorgaben des § 13a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB eingehalten und die Beurteilung nachvollziehbar begründet worden ist[352]. Insofern liegt diese Regelung auf einer Linie mit den allgemeinen Anforderungen an Prognoseentscheidungen[353] (siehe dazu unten Rn. 154). Weiterhin wird die Nichtbeteiligung einzelner Träger öffentlicher Belange für unbeachtlich erklärt[354].

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Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich bei dem beschleunigten Verfahren nicht wirklich um einen neuen Verfahrenstyp, der neben das Standardverfahren und das vereinfachte Verfahren des § 13 BauGB treten würde. Das beschleunigte Verfahren ist im Wesentlichen ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 BauGB, wie die Verweisung des § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB zeigt[355]. Hinzu kommen die Regelungen des § 13a Abs. 3 BauGB. Danach ist die Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ortsüblich bekannt zu machen. Dies gemäß § 13a Abs. 3 Nr. 1 BauGB mit dem Hinweis, dass auf die Umweltprüfung des § 2 Abs. 4 BauGB verzichtet wird, und der Nennung der Gründe hierfür, soweit eine Vorprüfung nach § 13a Abs. 1 Nr. 2 BauGB erfolgt ist. Unklar ist der Zweck der Regelung des § 13a Abs. 3 Nr. 2 BauGB. Diese Hinweispflicht nimmt Bezug auf eine Beteiligung der Öffentlichkeit, die in dieser Weise gar nicht vorgesehen ist[356]. Entweder die Gemeinde wählt die Möglichkeit der Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 BauGB), dann richtet sich die Durchführung einschließlich der Bekanntmachung nach dieser Vorschrift. Der allein denkbare Bezugspunkt ist demgemäß die Beteiligung lediglich der betroffenen Öffentlichkeit nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. BauGB. In diesem Fall ist der Hinweis aber inhaltlich missglückt[357]. Der Sache nach umschreibt § 13a Abs. 3 Nr. 2 BauGB ein Verfahren, das der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB ähnelt. Vor dem Hintergrund der mit der Hinweispflicht verbundenen Unklarheiten erscheint es sinnvoll, eine solche durchzuführen, zumal dies die Hinweispflicht entfallen lässt und damit die Unklarheiten beseitigt werden[358]. Die praktische Relevanz dieser Unsicherheit wird dadurch gemildert, dass § 214 Abs. 2a Nr. 2 BauGB das Unterlassen der Hinweise nach § 13a Abs. 3 BauGB für unbeachtlich erklärt[359].

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Bei den Erwägungen zur Einführung des beschleunigten Verfahrens stand im Vordergrund, die Gemeinden von den scheinbar überhandnehmenden Anforderungen der Umweltprüfung jedenfalls zum Teil zu befreien. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass das beschleunigte Verfahren auch jenseits der Umweltprüfung einen nicht unerheblichen Abbau von Beteiligungselementen bedeutet. Dies ist besonders bedenklich, wenn das beschleunigte Verfahren als Regelverfahren genutzt wird[360]. Vor diesem Hintergrund ist auch die Ausdehnung des beschleunigten Verfahrens durch die Einführung des § 13b BauGB kritisch zu sehen (Rn. 118).

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Im Übrigen sieht § 13a Abs. 2 BauGB bei Anwendung des beschleunigten Verfahrens eine Reihe von materiell-rechtlichen Modifikationen gegenüber der Aufstellung herkömmlicher Bebauungspläne vor. § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB stellt eine in dieser Weise dem Bauplanungsrecht nicht bekannte Durchbrechung des Entwicklungsgebots des § 8 Abs. 2 BauGB dar[361]. Hier wird das Verhältnis zwischen Bebauungsplan und Flächennutzungsplan umgekehrt, indem der Flächennutzungsplan dem Bebauungsplan nur noch anzupassen ist und dies auch lediglich in der Form der Berichtigung. § 13a Abs. 2 Nr. 3 BauGB weist auf die Berücksichtigung bestimmter Belange in der Abwägung hin. Ein Vorrang wird diesen Belangen jedoch nicht eingeräumt[362]. § 13a Abs. 2 Nr. 3 BauGB schließlich befreit Bebauungspläne nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 BauGB von der Verpflichtung, naturschutzrechtliche Eingriffe auszugleichen.

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Insgesamt stellt sich die Frage, ob es der Regelung des § 13a BauGB überhaupt bedurft hätte. Mit ihrem spezifischen thematischen Bezug und der Vermischung von verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Regelungen stellt sie einen Fremdkörper im Kontext der Regelungen über die Bauleitplanung dar. Viele der angestrebten Beschleunigungseffekte hätten sich auch durch Integration in die bestehenden Regelungen erzielen lassen. Die Regelungstechnik und die damit verbundene Unübersichtlichkeit der Regelung dürften erhebliche Unsicherheiten in der Rechtsanwendung nach sich ziehen, die dem Beschleunigungszweck wiederum entgegenwirken[363]. Die Bündelung in einer gesonderten Vorschrift dient damit vor allem der Betonung des rechtspolitischen Anliegens.

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Unbeeindruckt von solchen Bedenken hat der Gesetzgeber 2017 den Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens mit der – zeitlich befristeten – Regelung des § 13b BauGB noch ausgedehnt. Erfasst werden Bebauungspläne für Flächen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Hierbei dürfte es sich in der Regel um vormalige Außenbereichsflächen im Sinne des § 35 BauGB handeln. Damit wird der ursprüngliche Zweck des beschleunigten Verfahrens, die Stärkung der Innenentwicklung, konterkariert.[364]

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