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3. Richterrecht/Präjudizien

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Richterrecht

Eine weitere Rechtsquelle des ungeschriebenen Rechts ist das Richterrecht.[238] Dessen Anerkennung ist insoweit unproblematisch, als eine Entscheidung nicht vollständig durch andere Rechtsquellen vorgegeben ist. In diesem Rahmen setzt das zur Entscheidung berufene Gericht selbst Recht.[239] Deutlich kritischer ist die Frage, ob eine einmal getroffene Entscheidung auch Wirkungen für Folgeentscheidungen hat bzw. haben darf. Die Rechtsprechungspraxis deutet in diese Richtung. In den Entscheidungsbegründungen nimmt die Auseinandersetzung mit Vorentscheidungen eine prominente Rolle ein.[240] Deren Bestätigung ist die Regel, eine Abweichung eine seltene und dann begründungsbedürftige Ausnahme. So unstrittig diese Beobachtung ist, so ist damit noch nicht die Frage beantwortet, ob dies auch rechtlich geboten ist. Die Argumente in der Debatte sind weitgehend ausgetauscht.[241] Gegen die Bindung spricht, dass gerichtliche Entscheidungen nur inter partes wirken.[242] Wo ein Rückgriff auf Gewohnheitsrecht ausscheidet,[243] wird die normative Verbindlichkeit von Präjudizien unter Hinweis auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes,[244] die Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz[245] oder – was zirkulär anmutet – als Recht im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG begründet.[246] Ähnlich wie Verwaltungsvorschriften kommt dem Richterrecht nur eine präsumtive Verbindlichkeit zu.[247] Es kann im Wege des distinguishing fortentwickelt und im Wege des overruling abgelöst werden.[248] Umstritten ist, inwieweit der Vorrang und der Vorbehalt des Gesetzes der richterlichen Rechtsfortbildung im Bereich der Eingriffsverwaltung[249] Grenzen setzen. Dies ist entscheidend davon abhängig, ob Gesetzesbindung als Bindung an den Normtext (positivistischer Gesetzesbegriff), die ratio legis (teleologischer) oder die hinter den Normtexten stehenden Wertungen betrachtet wird (axiologischer Gesetzesbegriff).[250]

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