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1. Konkordanzmuster
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Rangkonforme Auslegung
In Abhängigkeit davon, zwischen welchen Normen die Kollisionslage auftritt, haben sich für die rangkonforme Auslegung verschiedene Bezeichnungen eingebürgert. Gängig sind u. a. die völkerrechtskonforme[338] und die EMRK-konforme Auslegung des Unions- und des nationalen Rechts,[339] die europa- bzw. unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts,[340] die verfassungskonforme Auslegung des einfachen Gesetzesrechts,[341] die primärrechtskonforme Auslegung des Sekundärrechts,[342] die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts[343] oder die bundesrechtskonforme Auslegung des Landesrechts.[344] Voraussetzung der rangkonformen Auslegung ist, dass die niederrangige Norm einen Auslegungs- bzw. Interpretationsspielraum eröffnet. In diesem Fall müssen diejenigen Interpretationsvarianten ausscheiden, die mit der höherrangigen Norm in Widerspruch stehen. Auf diese Weise ist der Geltungsanspruch der höherrangigen Norm sichergestellt. Zugleich wird der Eingriff in die niederrangige Normebene auf das Notwendigste beschränkt. Der Wille des niederrangigen Normgebers wird soweit respektiert, wie dies möglich ist, ohne sich in Widerspruch zu der höherrangigen Norm zu setzen. Eine rangkonforme Auslegung scheidet aus, wenn dies die Grenzen der Normauslegung sprengt. Das wird beispielsweise angenommen, wenn eine verfassungskonforme Auslegung im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut einer Norm steht. Eine Normkollision kann dann allenfalls noch im Wege einer verfassungskonformen Rechtsfortbildung vermieden werden.[345] Weitere Einschränkungen können sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes ergeben.[346] Missverständlich ist der Begriff der sekundärrechtskonformen Auslegung des Primärrechts. In Wahrheit geht es um eine historische Auslegung der höherrangigen Norm, nicht aber darum, die Normpyramide auf den Kopf zu stellen. Gleiches gilt für die Auslegung des Verfassungsrechts im Lichte des einfachen Gesetzesrechts.[347]
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Geltungsvorrang
Der Vorrang der höherrangigen Norm kann auch dadurch gesichert werden, dass die niederrangige Norm außer Kraft tritt oder erst gar nicht zur Entstehung kommt, sofern sie erst nach dem Inkrafttreten der höherrangigen Norm erlassen worden ist.[348] Die Anwendung dieser Kollisionsregel setzt voraus, dass beide Normen dieselbe Rechtsfrage zum Gegenstand haben.[349] Sofern sich die Regelungsgegenstände lediglich überschneiden, kommt es zunächst nur zu einem partiellen Geltungsverlust. Ob der niederrangige Torso Bestand haben kann, ist im Wege der Auslegung zu entscheiden.[350] Nach überwiegender Auffassung folgt Art. 31 GG diesem Muster, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht.[351] Vorzug dieses Konkordanzmusters ist, dass es für klare Verhältnisse sorgt und die Frage der zukünftigen Geltungskraft nicht in der Schwebe hält. Dafür greift es tiefer in die Normsetzungsautonomie der niederrangigen Normsetzer ein, als dies zur Vermeidung der Normkollision unbedingt notwendig ist.
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Anwendungsvorrang
Einen schonenderen Ausgleich zwischen den konfligierenden Normebenen ermöglicht der Anwendungsvorrang. Diesem Konkordanzmuster folgt das Bundesverfassungsgericht bei der Kollision von Landesverfassungsrecht mit höherrangigem Bundesrecht.[352] Entsprechendes gilt im Grundsatz für das Verhältnis des Unionsrechts zum nationalen Recht.[353] Beim schlichten Anwendungsvorrang tritt die niederrangige Norm allein im konkreten Kollisionsfall zurück. Ihre Gültigkeit bleibt hingegen unberührt.[354]
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Rangkonforme Rechtsfortbildung
Sofern eine rangkonforme Auslegung die Grenzen der Auslegung überschreitet,[355] kann eine rangwidrige Norminterpretation unter Umständen noch über eine rangkonforme Rechtsfortbildung vermieden werden. Diese wird prinzipiell für möglich gehalten und kann sich insbesondere anbieten, wenn es dem Gesetzgeber nicht gelungen ist, die höherrangigen Vorgaben vollumfänglich umzusetzen. Unzulässig ist aber eine Auslegung gegen den Willen des historischen Gesetzgebers (sog. Rechtsfortbildung contra legem). Weitere Grenzen sind der verfassungskonformen Rechtsfortbildung durch Art. 100 Abs. 1 GG gesetzt. Dort, wo eine rangkonforme Auslegung Eingriffe in Grundrechte erfordert, soll diese zudem nach vielfach vertretener Auffassung am Gesetzesvorbehalt scheitern.