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Autor

Prof. Dr. Guido Knopp, Jahrgang 1948, arbeitete nach dem Studium als Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und als Auslandschef der „Welt am Sonntag“. Von 1984 bis 2013 war er Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte. Seitdem moderiert er die Sendung History Live auf Phoenix. Als Autor publizierte er zahlreiche Sachbuch-Bestseller. Zu seinen Auszeichnungen zählen der Jakob-Kaiser-Preis, der Europäische Fernsehpreis, der Telestar, der Goldene Löwe, der Bayerische und der Deutsche Fernsehpreis, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und der Internationale Emmy.

Vorwort

Die schönsten Legenden sterben nie. Seit nunmehr sechs Jahrzehnten suchen Archäologen und Abenteurer, Sammler und Sponsoren, Betrüger und Besessene nach den Wandverkleidungen aus Bernstein. Das Bernsteinzimmer, einst ein Geschenk des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen, wurde 1941 von deutschen Soldaten aus dem Zarenschloss nach Königsberg verschleppt. Dort verlor sich bei Kriegsende jede Spur. Erst sein Verschwinden hat das legendäre Gemach wahrhaft berühmt gemacht. Wie kaum ein anderes Rätsel der Geschichte weckte das verloren gegangene »achte Weltwunder« die Fantasie der Zeitgenossen.

Wurde das weltberühmte Wandgetäfel noch, wie ursprünglich geplant, aus der belagerten »Festung« Königsberg geschafft? Fiel es dem Feuer von Luftangriffen, Artilleriegeschossen oder Siegesfeiern zum Opfer? Wurde es verbunkert, vergraben oder verschüttet? Bis heute zieht dieses Geheimnis die Jäger des verlorenen Schatzes geradezu magisch an. Über hundert Theorien gibt es zum Verbleib des Zimmers, an Dutzenden von Stellen wurde gegraben, Stollen wurden aufgesprengt, Seen betaucht, sogar das Wrack der 1945 in der Ostsee gesunkenen »Wilhelm Gustloff« wurde aufgeschweißt. Immer wieder kam es zu Todesfällen, die die Schatzsucher bis heute in dem Glauben bestärken, ein dunkles Syndikat beschütze das Zimmer vor seiner Entdeckung. Die Geschichte der Suche nach dem Bernsteinzimmer ist ein Kriminalroman mit realen Figuren, eines der spannendsten Suchunternehmen der Nachkriegszeit.

Der Schlüssel zum »Geheimnis Bernsteinzimmer« liegt in Königsberg. Im Dezember 1945 wüteten Hunger und Seuchen in den Trümmern jener Stadt, die einst die stolze Metropole Ostpreußens gewesen war. Es war daher kein Einzelfall, dass der Museumsdirektor Alfred Rohde und seine Frau einen anonymen Tod an Hunger-Typhus starben. Ein tragisches Schicksal – eines unter Tausenden zu jener Zeit.

Und doch schössen wenig später böse Gerüchte ins Kraut. Der Mann sei ermordet worden, hieß es; der Arzt, der den Tod bescheinigte, verschwunden. Rohde war Kurator der Königsberger Kunstschätze – und somit der Einzige, der 1945 die ganze Wahrheit über das Bernsteinzimmer wusste, bis zu seinem mysteriösen Tod. Er hatte 1944, nach dem Luftangriff auf Königsberg, die bernsteinbestückten Edelplatten in Kisten packen lassen und nach eigenem Bekunden an einem sicheren Ort verwahrt. Als die Rote Armee im April 1945 die Stadt eroberte, war das Bernsteinzimmer jedenfalls verschwunden – wohin, wusste nur der Hüter des Schatzes.

Hatte er die Kisten noch rechtzeitig aus der belagerten Festung geschleust? Oder liegen sie bis heute unter den Trümmern der Stadt in einem verschütteten Depot? Für beide Varianten gibt es schlüssige Indizien. Sie legen die Vermutung nahe, dass das Konvolut, wie damals durchaus üblich, aus Sicherheitsgründen gar nicht komplett an einem Ort aufbewahrt, sondern rechtzeitig in kleinere Bestände aufgeteilt wurde. Nachweisbar zerstört wurden allenfalls kleinere Teile davon.

Heute, da zum dreihundertsten Geburtstag von St. Petersburg das wiederhergestellte Bernsteinzimmer schöner und prächtiger denn je erstrahlt, hat die Frage nach dem Schicksal des Originals besonderes Gewicht – und neuen Reiz. Für dieses Buch wurden die neuesten Spuren verfolgt und auf ihren Gehalt überprüft. Wir haben Menschen begleitet, die zu Schatzjägern geworden und dem Schatz des Zaren bis heute auf der Spur sind. Unsere Suche führt nach Russland, Polen, in die Kellergewölbe des ehemaligen Königsberger Schlosses, in thüringische Stollen und sächsische Schlösser. Wir haben Zeitzeugen befragt, die darauf schwören, die fraglichen Kisten noch im April 1945 gesehen zu haben. Wir haben neue Materialien ausfindig gemacht, unter anderem den Nachlass des russischen Kunstschutzbeauftragten Alexander Brjussow – einer Schlüsselfigur der Bernstein-Legende.

Ein Ergebnis steht zumindest fest: Die vielfach verbreitete Annahme, das »achte Weltwunder« sei vollständig verbrannt, lässt sich nicht halten. Denn authentische Berichte belegen: Brjussow, auf dessen Notizen diese Behauptung beruht, hat sie später selbst zurückgezogen – nicht unter Druck, sondern aus eigener Einsicht. Fazit: Der überwiegende Teil der Kisten ruht wohl weiter im Verborgenen. Und so führen uns die Spuren zum einen in ein geheimes Stollensystem in Mitteldeutschland, in dem noch bis Kriegsende mehr als dreitausend Menschen für den Bau einer Flugbenzin-Raffinerie geschuftet hatten. Es ist das größte bislang noch nicht untersuchte Geheimprojekt der Nazi-Zeit. Und unsere Suche bringt uns wiederum zurück nach Königsberg – in jene zahlreichen Keller, die bis heute nicht einmal im Ansatz erforscht und freigelegt worden sind. So auch zu jenem viel zitierten »Bunker 3«, dessen verschütteter Standort bis dato lediglich aufgrund von Georadar-Untersuchungen vermutet wird.

Die Suche nach dem Bernsteinzimmer ist noch nicht zu Ende. Doch bevor Sie uns beim Graben helfen – lesen Sie die Geschichte. Die ganze Geschichte.

Das Bernsteinzimmer

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