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Die Pandemie hat alles auf den Kopf gestellt. Das gilt auch für dieses Buch, an dem wir seit über einem Jahr schreiben. Ein Buch über die Vereinigten Staaten, das schon mehrmals vor der Veröffentlichung stand, zuletzt als der Ausbruch der Corona-Krise plötzlich alle politischen und gesellschaftlichen Gewissheiten infrage stellte: der Lockdown, die Wirtschaftskrise, die für viele Europäer nur schwer nachvollziehbare, unbeholfene Reaktion der Regierung und der Gesellschaft auf das Virus. Es war nicht das erste Mal, dass aktuelle Ereignisse unseren Zeitplan durcheinanderbrachten. Ende 2019 standen wir kurz vor der Publikation, als der US-Kongress ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump einleitete. Mit so viel Ungewissheit konnten wir nicht in Druck gehen. Und nun, während wir diese Zeilen schreiben, haben landesweite Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus das Land in neue Unsicherheit gestürzt. Wieder mussten wir Kapitel umschreiben, neu schreiben oder auf den neuesten Stand bringen.

Wie schreiben über ein Land, das seit vier Jahren kontinuierlich von einer Krise in die nächste zu schlittern scheint? Wie in Buchform berichten über eine Nation, deren tagesaktuelle Entwicklungen so rasant vorbeirasen, dass sie selbst dem hyperaufmerksamen und geschulten Journalisten und Medien-Junkie regelmäßig Schwindel bereiten?

Diese Frage stand am Anfang unseres Buchprojekts. Es sollte kein Buch über den US-Präsidenten werden, der mit oft bizarren Auftritten, mit seinen medialen Inszenierungen und seinen autoritären Instinkten ohnehin seit vier Jahren täglich die nationale und internationale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ebenso wenig wollten wir ein Buch über den Wandel der amerikanischen Außenpolitik schreiben, wenngleich uns Europäer dieser Aspekt am meisten betrifft und vor den Kopf stößt. Stattdessen wollten wir Amerikaner ins Zentrum unseres Buches stellen und die Menschen selbst zu Wort kommen lassen: US-Bürger aus allen Gesellschaftsschichten und Landesteilen, die wir im Zuge unserer vielen Reportagereisen als ORF-Korrespondenten getroffen haben. Wir wollten »Stimmen aus einem gespaltenen Land« wiedergeben.

Es sind Porträts, die das vielfältige und einzigartige Gesellschaftsmosaik der USA widerspiegeln, das wir in den vielen Jahren unserer US-Aufenthalte kennengelernt, erlebt und lieben gelernt haben. Charaktere und Lebensgeschichten, die vom unbeugsamen Pioniergeist, Tatendrang und Individualismus zeugen, die dieses Land groß gemacht haben. Menschen, deren tägliche Herausforderungen, Hoffnungen und Ängste die gesellschaftliche Wirklichkeit dieses komplexen Landes abbilden.

Religion, Rassismus, Revolutionssehnsüchte, Waffenbesitz, UFOs, Glamour, Drogensucht, Einwandererträume und Klimawandel – das sind nur einige der Themen, die wir mit der Auswahl unserer Buch-Charaktere mit Leben erfüllen wollen. Wir wollen ihre Geschichten erzählen, um sie dem Leser näherzubringen. Wir hoffen, damit zum besseren Verständnis der USA beizutragen, abseits der Schlagzeilen des 24-Stunden-Nachrichtenzyklus, denen wir als Journalisten sonst im Alltag hinterherhechten.

Zugleich haben wir Menschen porträtiert, deren Leben die tiefen Missstände und sozialen Verwerfungen zum Ausdruck bringen, die sich in den letzten Jahrzehnten weiter verschärft haben – oder, wie David es noch drastischer ausdrücken würde: die USA an den Rand des Abgrunds gedrängt haben. Die extreme Polarisierung, das Misstrauen zwischen Jung und Alt, Stadt und Land, Arm und Reich, zwischen links, rechts und dem Zentrum des politischen Spektrums – all das spiegelt sich in den Kapiteln unseres Buches wider. Ebenso die zunehmend abgeschotteten Wahrnehmungsblasen, in denen sich die unterschiedlichen Gesellschaftsteile bewegen. Unversöhnlich prallen diese Parallelwelten derzeit aufeinander. Ein Hauch von 1968 liegt in der Luft, vielleicht auch 1972. Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.

Hannelore Veit und David Kriegleder

Washington, im Juni 2020

USA

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