Читать книгу Aus der Demut zur Freiheit und Liebe (Gottes) - Hannes Kerfack - Страница 27
ОглавлениеTextperspektiven und Imaginationen33
Perspektive: Sohn – Mk 9, 14-29
Niemand fühlt so wie ich, niemand denkt wie ich, niemand versteht mich richtig. Doch ich kann es niemandem vorhalten: Es ist schwer, sich in die Gefühle des Anderen hinein zu versetzen. Seit ich ein Kind bin, bebt mein Körper vor Schmerz. Ich falle und ertrage ihn einfach. Andere schauen zu, wollen helfen und helfen doch nicht. Erneut habe ich überall Schmerzen und falle auf den harten Boden unter mir. Ich möchte lieber sterben als leiden. Um mich herum scharrt sich eine große Menge. Offene Münder, schüttelnde Köpfe, kalte Schultern, Dämonengerede, denke ich mir. Was mache ich falsch? Allein gelassen mit dem Schmerz. „Hallo! Helft mir!“ schreie ich aus dem Innern. Mein Vater möchte nur das Beste für mich. Er hat schon oft versucht mir zu helfen, um die Schmerzen zu lindern. Doch nichts half.
Aus der Menge tritt ein Mann hervor, der anders ist als alle anderen. Wieder quälen mich Schmerzen. Ich sehe ihn nur ganz verschwommen, aber ich merke: Er ist bei mir. Mein Vater redet mit ihm. Ich kann kaum etwas hören und warte verzweifelt darauf, dass die Schmerzen aufhören. Eine laute Stimme kommt von dem Mann. In mir juckt und kribbelt es. Ich spüre mich wieder. In mir kämpft irgendwas gegeneinander. Ist es vielleicht der Dämon und die Stimme dieses Mannes? Ich werde bewusstlos. Mir wird schwarz vor Augen. Dann spüre ich eine warme Hand, höre und fühle richtig. Jemand richtet mich auf. Ich öffne meine Augen und sehe den Mann und die Menge. „Hast Du mir geholfen?“ frage ich ihn. „Dein Glaube an dein Leben hat Dir geholfen. Ich habe ihn erweckt und habe für Dich gebetet.“ Und ich sprach zu der Menge: „Warum konntet ihr mir nicht helfen? Glaubt ihr etwa nicht an das Leben oder betet ihr nicht richtig?“ - Es ist die lähmende Angst der anderen Seite.
Gen 3 – Perspektive Schlange
Ich bin so schlau, und dass ich hier bin, ist von Gott gewollt. Die beiden Menschen werden mich brauchen. Ich werde ihr Leben bereichern. Da kommt ja die Frau und sie lächelt mich an. Sie wirkt unsicher, wie ich finde. Sie weiß nicht, welche Früchte sie essen soll. Ich möchte ihr helfen und ich mache ihr das Angebot des Lebens. Sie sagt mir, Gott habe verboten, von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens zu essen. "Der Baum ist da. Er ist von Gott gewollt. Warum sollst du nicht davon essen dürfen? Noch besser: Du bekommst Kopfnahrung. Du wirst wie Gott denken können, und über Gut und Böse entscheiden." Sie freute sich, und griff begierig zu. "Höre nicht auf Gott! Du kannst selbst Gott sein." Ich fühle mich im Recht, ihr Gutes getan zu haben. Gott aber verübelte mir das, maßregelte und verfluchte mich. Kriechen und keine Freunde mehr haben soll ich. Was habe ich denn Böses getan?
Zwischenfazit:
Hierbei handelt es sich um die Ergebnisse von Textwerkstätten in den Predigtseminaren. Es gibt noch so viele andere Möglichkeiten, Texte auf Bibeltexte und Themen kreativ zu beziehen (Plakate, Telefongespräch, Dialoge, Interviews…). Ich habe leider nicht mehr alle Texte zusammenstellen können, da sie sehr verstreut waren. In einem Predigtseminar sagte ich: Ich wäre ein Versager als Prediger und ein Kommilitone von mir empfand das als krasse Behauptung, die überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Ich glaube es langsam auch, aber diese Predigten haben teilweise das Problem, dass sie in zu engen und abstrakten Korsetts geschrieben werden, ich noch kein richtiger Kommunikator des Evangeliums bin und die Sätze manchmal zu karg sind, um von den Hörern verstanden zu werden. Da sehe ich, dass Kommunikation und Wissenschaft Hand in Hand gehen sollten. Nur spielt die Kommunikation im Studium, anders als im Vikariat, noch keine so bedeutende Rolle. Es ist eher eine Arbeitsteilung zwischen zwei Ausbildungsinstanzen zum Pfarrberuf.34
Bildbeschreibung (Das Bild habe ich leider nicht mehr finden können, aber vielleicht kann man es sich vorstellen?)
Das Bild hat etwas ambivalentes, zweideutiges, was einen verwirren kann. Es ist zunächst eine Art Schüler-Lehrerbeziehung, wobei das Gewicht des Bildes, durch die Schülerschaft, auf der linken Seite liegt. Der Lehrer steht alleine da - klassische Klassenraumsituation. „Verstehst oder erkennst du das, was ich dort in der Hand halte?“ „Nein, ich verstehe nur Bahnhof.“ sagt der Hausherr mit dem großen Haustürschlüssel in seinem Garten. Seine Bediensteten, der Mönch, die Nonne, der Schreiber, alle schauen auf die Kugel in der Hand des Lehrers. Selbst der Kleinste im Bilde, ein kleiner Frosch auf dem Tisch, schaut mit großen Augen zu. Die Eule in seinem Gürtelkorb, der verkleidete Hund und der Reifen, deuten auf einen Zauberer oder jemanden aus der Zirkusbranche hin. „Wisst ihr nicht, dass diese Kugel das Innerste der Welt ist, was sie im Innersten zusammenhält?“ Das ist nur die wörtliche Rede. Indirekt ist der Mann ein Scharlatan, der das Geld des Hausherrn mithilfe eines Gehilfen erlangen möchte, der eine Brille trägt und ohne Verdacht zu erwecken, nach oben schaut. Das ungläubige Schauen der Leute um ihn herum bestätigt diesen Verdacht nur und die Nacht ist oft ein Ort des gelingenden Verbrechens. Die beiden Hütchen auf dem Tisch erinnern an ein Glücksspiel, wo man unter den Becher eine Kugel legt, und die Becher hin- und herrückt. Der Teilnehmer muss dann raten, wo die Kugel ist. Betrug ist da immer möglich. Trotzdem verwirrt mich das Bild: Was hat der Mann nun vor? Ist er ein Philosophielehrer oder ein Scharlatan, der die Leute um ihr Geld bringen will?35
Szenographie – Gen 27, 18 - 27
Inmitten einer Sandwüste befindet sich eine kleine Gruppe von Zelten mit kleinen Gehegen für Schafe und andere Nutztiere, die in die Hütten geholt wurden. Ein Sandsturm bricht das Sonnenlicht, sodass die Luft wie Feuer aussieht. Genauso heiß ist sie auch. In einem Zelt ist die Luft angenehmer.36
Dort liegt ein Vater im Sterben und ist blind. Sein Sohn übertritt die Schwelle einer Felltür und zieht sie beiseite. Der Vater hört das Knarren und Rascheln der ausgelegten Teppiche und wendet seinen Kopf in Richtung dieser Geräusche. Das Haus ist ein Nomadenzelt (einer mongolischen Jurte ähnlich) mit einem Raum, wo ein knisterndes Feuer in der Mitte brennt. Der Wüstenwind weht kräftig von draußen gegen die Leinwände. Ein paar Fackeln brennen an den Seiten. Es riecht etwas stickig nach Heu, Tieren und einem leckeren Leibgericht dazwischen, merkt der Vater. Die Schafe mähen und fressen etwas vom Heu. Der Sohn hat das Leibgericht des Vaters nach einer Jagd zubereitet. Auf einem Holzteller liegt ein Löffel, den er dem blinden Vater reicht. Obwohl er ihn nicht sieht, so lächelt er ihn doch an und greift nach seiner warmen Hand und den Löffel. Sie ist mit einem Wollhandschuh bedeckt. Es fühlt sich haarig, warm und vertraut an: Es ist sein ältester Sohn. Sein warmer Atemhauch kommt ihm sein Gesicht. Der Vater riecht an dem Leibgericht und verspeist es mit Freuden und Lust. Seine Backen werden rot und er kommt wieder zu Kräften. Zum Dank küsst er seinem Sohn auf die Stirn und segnet ihn. Ein Bild von einer Jurte könnte den Hörer aufnahmebereiter für die Szene machen. Ich vermute, dass eine Szenenbeschreibung oder ein Bild immer eine Deutung sind, wenn sie allein aus einer Textlektüre ohne Bildvorgabe entstehen. Woher kann der Beschreiber genau wissen, ob z.B. ein Sturm wehte? Können gefühlsbetonte Texte die Hörer aufmerksamer werden lassen?
"Engel - gibt's die?"
Die vermeintlich Schwachen haben manchmal einen Schutzengel mehr. Das sagt der Erzähler am Ende des ersten Asterix-Films aus den 1960er Jahren. Die unbesiegbaren Gallier verdanken ihre Siege gegen die Römer vielleicht nicht nur dem Zaubertrank. Das übermächtige Römische Reich kann deswegen ein kleines Dorf im Nordwesten Galliens nicht erobern. Ganz Gallien ist 50 v. Chr. nicht vollständig besetzt. Die Römer entführen den Zaubertrankbrauer Miraculix daher hin und wieder. Ohne ihn wird das Dorf leicht einnehmbar sein. Ganz Gallien soll besetzt werden. Doch Asterix und Obelix springen als Schutzengel ein. Sie retten Miraculix und das Dorf vor den bösen Römern. Sie eilen einmal auch einem belagerten Dorf im befreundeten Britannien zu Hilfe. In Wahrheit hat Rom doch gewonnen. Die Gallier werden in das Reich einverleibt. Sie leben noch einige 100 Jahre in der Pax Romana weiter. Engel sind Boten Gottes. Im Alten Testament gibt es Deute-Engel. Sie werden in der Angelogie behandelt. Die Botschaft Gottes zu den Menschen kann unverständlich sein. Im Laufe der jüdischen Geschichte wendet sich Gott immer mehr von seinem Volk Israel ab. Verfehlungen und verstockte Ohren gegenüber der Botschaft Gottes sind der Grund. Auch der Teufel bringt Engelsbotschaften von Gott zu den Menschen. Gott hat Hiob viel Reichtum gegeben. Hiob opfert Gott regelmäßig. Hiob dankt ihm für den Reichtum. Er ist ein durch und durch frommer Mann. Gott lässt sich auf einen Pakt mit dem Teufelsengel ein. Hiob wird von einem Teufelsengel heimgesucht. Engel haben eine Kehrseite. Sie sind nicht immer gut. Die Frömmigkeit Hiobs möchte der Teufelsengel testen. Der Teufelsengel nimmt ihm allen Reichtum weg. Hiob wird todkrank. Bleibt Hiob weiterhin fromm? Darum geht es dem Teufelsengel. Hiob möchte lieber sterben als leiden. Am Ende klagt Hiob zu Gott. Doch Gott hat die Engel und Teufelsmächte nicht immer unter Kontrolle. Sie brechen in die Schöpfung ein. Gott macht Hiob darauf aufmerksam. Hiob sieht das ein. Er wird von Gott mit doppeltem Reichtum belohnt.
Hier habe ich die Aufgabe missverstanden, da es um die Angelogie (Lehre der Engel) gehen sollte, die ich dann mit der lebensweltlichen und modernen Sicht, mit der Asterix-Erzählung gegenüber stellte. Entscheidend ist immer der Gedanke der unverfügbaren Rettung vor großer Gefahr durch Gott, ohne dass es die Menschen genau selbst wissen können. Eine Predigt nimmt auch systematisch-theologische Gedanken auf.37
Imagination einer Nachgeschichte zu Mk 10
Bartimäus sprang hin und her, lachte und freute sich. Jesus hatte ihn von seiner Blindheit geheilt. Er sieht die Welt mit ganz anderen Sinnen. Nicht mehr allein durch Riechen, Schmecken, Hören oder Fühlen. Ein ganz neues Gefühl, was Bartimäus seit vielen Jahren nicht mehr kennt. Er sah die bunten Früchte auf dem Marktplatz von Jericho, machte die Augen weit auf, zeigte allen, dass er wieder sehen kann. Es war wie als ob er durch eine neue Welt ging. Ein Stein fiel ihm von den Augen und vom Herzen. Er wusste, dass Jesus sich auf dem Weg nach Jerusalem befand, nachdem sie am Stadtrand an einem Meilenstein vorbei kamen, der nach Jerusalem führte. Jericho und Jerusalem liegen etwa 100 Stadien voneinander entfernt. Bartimäus folgte Jesus noch ein paar Stadien nach, bis Jesus sich zu ihm umdrehte und sagte: "Du hast mir gezeigt, wie groß dein Vertrauen zu mir war, dass ich dich heilen konnte. Aber mehr kann ich nicht für dich tun. Zeige nun den Menschen, was dir Gutes geschehen ist. Gehe hinaus in die Welt!" Und Bartimäus weinte mit seinen neu geöffneten Augen, denn Jesus war für ihn ein Freund geworden, den er nicht mehr loslassen wollte. "Weine nicht." sagte Jesus. Und Jesus nahm ihn noch einmal in seine Arme und tröstete ihn. "In Jerusalem erwarten mich meine Feinde. Mein Tod ist nahe. Dass du mir nachfolgst, zeigt, dass ich etwas erreicht habe. Doch bald werde ich in dieser Welt nichts mehr erreichen können. Ich werde aber immer bei denen sein, die mir vertraut haben, sie zum Leben zu ermutigen. Geh Bartimäus, zeige den Anderen die Kraft meines Vertrauens, das deine Augen geheilt hat. Du bist der beste Beweis. Vertraue mir. Ermutige Andere zum Leben und denke an mich." Bartimäus wollte noch mehr weinen, aber er stand auf, lächelte Jesus an und winkte ihm zu.
Imagination einer Vorgeschichte zu Mk 3
Jesus spricht im Monolog, nachdem er in eine leerstehende Steinhütte in Galiläa mit seinen Jüngern zur gemeinsamen Mahlzeit eingekehrt ist. Er hält sich im Inneren der Hütte auf und liegt auf einem Strohbett, während er über die Ereignisse des Vormittags nachdenkt. Plötzlich erhebt er sich, stampft mit den Füßen laut auf den Holzboden und geht mit schnellen Schritten hin und her. "Es ist ein Kreuz mit den Sabbatvorschriften. Man kann nicht gegen sie verstoßen, ohne gleich von den Pharisäern angeklagt und verurteilt zu werden! Ich weiß, sie wollen die Thora in das Alltagsleben integrieren, damit sie ihre Bedeutung nicht verliert. Aber wie weit darf diese Verschmelzung gehen, dass ich noch ein freier Mensch sein darf, um mich frei für eine Lebensweise in Armut zu entscheiden?" Die Jünger hören die lauten Geräusche und den lauten Monolog von draußen und gehen zu Jesus hinein. "Was klagst du, Meister?" "Wisst ihr noch, was heute Vormittag passiert ist? Ich war mit euch auf einem Getreidefeld und ihr erntetet die Ähren, damit wir uns mit ihnen sättigen können. Weil wir wie die Armen das Evangelium verkünden möchten und unseren Privatbesitz aufgegeben haben, haben wir keinen Reiseproviant bei uns. Diesen müssen wir auf dem Weg erwerben. Da kamen ein paar Pharisäer plötzlich am Wegesrand vorbei, die sich auf dem Weg zur Synagoge befanden und schimpften, dass wir verbotenerweise am Sabbat arbeiten und Ähren sammeln. Aber das Evangelium kann nicht hungrig gelobt und gepredigt werden. Ein Kompromiss zwischen einer Lebensweise in Armut und einem Halten der Thora ist nötig: Der Mensch ehrt den Sabbat und kann über ihn frei verfügen. Aber nicht der Sabbat beherrscht den Menschen, der uns hungern lassen möchte, weil wir das Arbeitsverbot einhalten müssen." Und die Jünger nickten und stimmten zu, denn dieser temperamentvollen Argumentation war nichts hinzuzufügen.
Ein-Wort-Sätze zum Thema „Warten“38
Ungeduld. Lieben. Allein. Einsam.
Warten. Qual. Seele. Versager. Selbstzweifel.
Warten. Zeitlos. Schreien. Innerlich. Dumm. Kälte. Wut.
Hoffnung. Enttäuschung. Himmel. Hoch. Jauchzend. Trübsal.
Angst. Weglaufen. Wollen. Warten. Hoffnung. Enttäuschung.
Ruhe. Stille. Rastlosigkeit. Warten. Aufgeben. Erkenntnis.
.. (Wendepunkt. Langsam. Schleichend. Prozess)
Altes. Leben. Zurücklassen. Abbruch.
Zuhause. Bett. Trauer. Stille. Trost. Familie. Freunde.
Nähe. Wärme. Umarmung. Traurig. Weinen. Seufzen.
Schniefen. Durchatmen.
Düfte. Blumen. Heizungswärme. Getränk. Tee. Kuchen. Gespräch. Empathie.
Zukunft. Leben. Liebe. Glück. Wiederbesinnung. Hoffnung. Gegenliebe. Arbeit. Studium. Schule. Alltag
Neues. Leben. Wagen. Aufbruch.
Warten. Zeit. Heilen. Alle. Wunden.
Welche Worte fallen noch ein? Was kann sich aus ihnen weiter entwickeln?
Ein Zeitungsartikel
Aus dem Fliegenden Papyrus Jerusalem – Anfang des Jahres 30 n. Chr. (genaues Datum ist unbekannt)39
Jesus macht das Unmögliche möglich – von Julius Josephus
Bethanien - Flavius, ein ansässiger Jude aus der nahen Umgebung, berichtet: "Vor vier Tagen habe ich Lazarus mit ein paar Trägern in das Grab gebracht. Wir konnten vorher nur noch seinen Tod feststellen. Dann haben wir den Leib einbalsamiert und mit einem Leinentuch eingewickelt, so wie es die Grabriten vorschreiben und das Felsengrab mit einem großen Stein verschlossen." Lazarus hatte eine wohlhabende Familie, die diese Riten bezahlt haben. Seine Schwester Marta erzählt: "Er war ein besonderer Mensch, gesellig und spielte gerne mit den Kindern im Dorf. Er gehörte zu uns. Dann vor ein paar Monaten wurde er schwer krank. Fieber, kalte Haut und beklemmter Atem bestimmten sein Leben. Er schrie in der Nacht vor Schmerzen und schwitzte dabei sehr. Wir haben nach einem Arzt aus Jerusalem geschickt, der versuchte mit beruhigenden Kräutern und kalten Leinenbinden am Körper die Schmerzen und das Fieber zu lindern. Es half nichts." Der in Galiläa und Jerusalem bekannte Wanderprediger und Heiler Jesus erfuhr davon und zog mit seinen Jüngern zu der Familie von Lazarus. Vor ein paar Tagen besuchte er ihn, wo Lazarus schon an seiner Krankheit litt. Jesus predigt von der Auferstehung des Lebens und einem gnädigen Gott, der fähig ist, alle Krankheiten zu heilen. Er steht dabei auch bei den Pharisäern und Schriftgelehrten in der Kritik, mithilfe von dämonischen Kräften, Menschen von ihren Krankheiten zu heilen. Wir berichteten vor einiger Zeit von dem Skandal, dass Jesus am Sabbat heilte. Seine Gegner drohten ihm schon mehrmals die Steinigung oder Kreuzigung für seine religiösen Vergehen und Tabubrüche an. Als Jesus zu der Menge kommt, die die Grab- und Trostriten am Grab von Lazarus vollziehen, wird erneut Kritik laut. Philo, ein weiterer Teilnehmer, berichtet: "Jesus stand da und schaute mit empörtem, stirnrunzelnden Gesicht in die Menge und sagte: "Warum trauert ihr, auch wenn Lazarus noch lebendig ist? Ihr habt einen Lebenden lebendig begraben! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen." Wir dachten, Jesus ist fähig uneingeschränkt zu heilen, sogar vom Tod. Dass er bei Lazarus keinen Erfolg gehabt hat, empörte uns." Jesus befiehlt den Stein vom Grab zu wälzen und ruft: "Komm Lazarus, komm heraus, dein Glaube an mich und das Leben retten dich." Sichtliches Erstaunen erfüllte die umherstehende Menge, als Lazarus tatsächlich mit den Leinenbinden und dem einbalsamierten Körper aus der Grab-Tür herauskommt. Jesus hat das für Menschen Unmögliche möglich gemacht.40
Gespräch über Krankheit und Heilung mit dem Hörer
(im Gespräch sind die erfundenen Personen: Pastor Isidor und Herr Wenz)
Pastor Isidor (PI): Herr Wenz, Sie haben unserer Gemeinde in der letzten Versammlung vorgeschlagen, einmal einen Heilungsgottesdienst zu veranstalten. Ihr Vorschlag interessiert mich insofern, weil Sie ja selbst einen Krankheitsfall in der Familie haben.
Herr Wenz (W): Ja, meine Mutter ist krank. Sie leidet insbesondere psychisch unter ihrem Krebsleiden, das im Krankenhaus behandelt wird. Obwohl die Behandlung gut voran geht, glaube ich, dass alle medizinischen Mittel und Medikamente keine hundertprozentige Heilung ermöglichen. Krankheit beginnt auch im Kopf. Und da ich einmal in einer Pfingstkirche war, wo ein Heilungsgottesdienst stattfand, dachte ich mir, er könnte meiner Mutter seelischen Beistand geben.
PI: Ich verstehe. Nun sind wir keine Pfingstgemeinde, sondern eine Landgemeinde. Eine solche Veranstaltung wäre was vollkommen Neues hier. Die Menschen sind hier auch etwas konservativ. Es stimmt, Religion kann vieles in der Seele bewirken. Lieder, Gesang, Tänze. All das sind entscheidende Reize. Religion ist Gefühl, wie Friedrich Schleiermacher einmal meinte. Das Problem ist aber, dass körperliche Heilung vor seelischer Heilung Vorrang hat, wenn es körperliche Beschwerden gibt. Sonst wird das Leiden am Ende größer und die Linderung ist von kurzer Dauer. Aber bei ihrer Mutter ist das in diesem Fall nicht so.
W: Ja, Sie haben Recht, Herr Pastor. Es geht mir darum, dass sich ihre Lebensqualität davon bessert. Ich lese im Neuen Testament immer heraus, wie Jesus als Heiler auftritt und Menschen von den schlimmsten Krankheiten heilt. Mit welcher Kraft tut er das? Kann man diese Kraft auch heute noch wirken lassen? Das sind Fragen, die ich mir dabei stelle. Oft spielt auch der Glaube eine wichtige Rolle. Doch was ist der Glaube? Es ist mir immer zu allgemein. Ich weiß da oft nicht weiter. Können Sie mir einen Rat diesbezüglich geben?
PI: Ich kann Ihnen nur meine Position sagen.41 Ich bin der Meinung, dass jeder ein kleiner Theologe ist und auch eine Position vertreten kann. Krankheit ist für mich immer körperlich-seelischer Natur. Heile den Körper und die Seele und nicht beides voneinander getrennt. Glaube bedeutet, Vertrauen zum Arzt zu haben. Jesus selbst glaubte an das Leben, das in uns ist. Man muss es nur wecken, damit die Taten folgen. Blinde sehen, Lahme gehen, aber es bleibt immer eine Leerstelle, was mit ihnen nach der Heilung geschieht. Und da finde ich, da geht das Leben weiter. Die Seele muss frei sein zu reisen.
W: Die Seele soll reisen können. Vielleicht wäre auch ein Reise- und Segensgottesdienst nach der Heilung meiner Mutter gut?
PI: Ja, wenn ich z.B. einen Konfirmandengottesdienst vorbereite, spielt ein Reisesegen immer eine große Rolle, da die Konfirmanden auch weiterhin in ihrem Leben von der Gemeinde und Gott begleitet werden sollen. Wenn Ihre Mutter wieder gesund wird oder die letzten Behandlungen durchnimmt, biete ich Ihnen gerne an, gemeinsam ein solches Element im Gottesdienst einzubauen. Möglich ist auch eine kleine Andacht, wenn sie einzeln stattfinden soll. Verbleiben wir so? Rufen Sie mich einfach nochmal an. Gottes Segen und alles Gute für Sie.
W: Ja, danke für Ihre Meinung und Empathie. Mir haben Sie sehr geholfen. Auf Wiedersehen.
Hier wurde kritisch gesehen, dass ein Dialog über ein Predigtthema oder ein kleines Seelsorgegespräch zu einfach gestrickt seien. Denn wir waren im Seminar schon weiter fortgeschritten und es ging darum, so genannte „Auredits“ zu finden, also durch Fragen oder Impulse, Gedanken beim Leser zu provozieren, die meine Impulse, Gedanken und Fragen unbewusst oder bewusst nach dem Gottesdienst weiter denken sollen. Aber in diesem Band sollen vermeintlich schlechte Texte sowohl kritisch beäugt werden als auch von Leidenschaft zeugen, um im Allen das Gute und das Potenzial zu sehen, Fehler weiterzudenken. Und ein vermeintlich fehlerhaftes Seelsorgegespräch kann doch ein Impuls für ein Seelsorgeprotokoll im Vikariat sein? Oder für einen Jugendkreis, wo ein Dialog geschrieben werden soll? Klar sind mir durch die Kritik die Funktionen von Auredits geworden, wie ich sie jetzt hier ausführe.
33 Diese Textperspektiven entstanden im Rahmen von Textwerkstätten im Predigtseminar, um verschiedene Zugänge zu biblischen Texten zu entwickeln. Mir fiel auf, dass das vor allem aus der Perspektive der dramaturgischen Homiletik geschieht. Das ist eine Form der Predigt, die in Szenen aufgeteilt ist und den handelnden Personen unter anderem "mehr Leben eingehaucht" werden sollte. Es gibt noch andere Formen, wie eine Homilie, die zwischen Tradition und Lebenswelt hin und her schwingt oder eine Predigt, die sich eine "Ort" sucht, in dem dann der bestimmte Bibeltext so und so ausgelegt wird, wie bei den Meditationen an bestimmten Orten. Auffällig ist der performative Aspekt bei der Dramaturgie. Es geht um eine lebendige Darstellung der Tradition, um sie bei den Hörern plausibel erscheinen zu lassen. Interessant ist auch, dass der Professor dieses Seminars darauf spezialisiert war und das quasi sein "Lieblingsthema" sein konnte, sodass sich die Lehrveranstaltungskultur oder auch die Prägung von Studenten sich daran orientieren kann. Ich bin immer dafür, das einerseits zu erkennen und einen eigenen, plausiblen Weg für sich zu finden, auch wenn das wahrscheinlich manchmal die Notengebung, die subjektiv ist, beeinflussen kann.
34 Überhaupt geht es im Studium auch immer um eine kritische Selbstreflexion, dass man aus den Anmerkungen von den Dozenten lernt oder den Predigtnachgesprächen, sie aber auch nicht immer für bare Münze nehmen sollte, weil sie nicht immer nachvollziehbar, sondern aus der "eigenen" Seins-Welt stammen können, die einer subjektiven Deutung unterliegt und ich dafür plädiere, sich selbst ein Urteil zu bilden, ob die Anmerkungen nachvollziehbar und hilfreich sind. Auch können Kritik und Nachgespräch zu einem Rechtfertigungsdruck führen, der seelisch belasten kann, wie bei meinen ersten Predigtversuchen, sodass es auch vorgekommen ist, dass ich die Kritik zu wörtlich genommen hatte und eine "gute" Predigt auch schlechter machen konnte, weil ich Angst hatte. Deswegen ist manchmal sowohl Selbstkritik als auch eine Abgrenzung notwendig. Aber das muss jeder für sich selbst herausfinden, weil die Charaktere der Leser und Hörer viel zu unterschiedlich sind, um alle abzudecken, aber sicher findet man sich in den Texten ein bisschen wieder, im Sinne von anthropologischen Grundkonstanten, auch im Studium, z.B. Stress, Angst usw.
35 Passt wahrscheinlich etwas zwielichtig auch zu dem Gedanken der (Selbst-) Kritik gegenüber Lehrern und der eigenen Weiterentwicklung dadurch und das Bildungsvorgänge auch immer Übertragungen von eigenen Ansichten, Seins-Systemen und Traditionen auf Andere mit anderen Ansichten sind, die dadurch in ein Spannungsfeld des Mehrwerts und Lernens geraten können.
36 Überhaupt sind in einer Predigt "bunte" Worte, wie z.B. Adjektive und genaue Beschreibungen wichtig, um einen Bibeltext anschaulich, plastisch und nachvollziehbar zu präsentieren. Auch wenn ich ein Buch lese, fesselt es mich mehr, je mehr ich imaginativ "dabei sein kann" und mich hineinversetzen kann.
37 Ein Predigtentwurf, das wird sich noch zeigen, nimmt verschiedene Schienen auf. Eine der Exegese und Bibelübersetzung, dann eine Ergänzung dieser mit den systematischen Ebenen und eigenen Annäherungen, um eine Vorvereinnahmung zu vermeiden und eine eigene Sicht zu entwickeln, z.B. durch die (fiktiven) Meditationen und Imaginationen von Texten, die dann mehr oder weniger im Lern- und Schreibprozess (selbstkritisch) abgeändert werden können. Ein Professor prüft in einer Predigt größtenteils, ob sie plausibel genug für den Hörer ist, woran sich dann ein Teil der Bewertung orientiert. Die Exegese und Systematik kann noch so gut sein, wenn sie nicht an der Lebenswelt der Hörer orientiert ist. Entscheidend sind ein Ausgleich und eine Reduktion von vielen Informationen auf ein paar Schnittfelder. In einer imaginierten Gemeinde ist das leichter zu bestimmen als jetzt in einer realen, sich immer wieder verändernden Hörergemeinde. Also ist es nicht nur wichtig, die Theorie zu lernen, sondern auch durch Meditationen und andere Eindrücke außerhalb des Studiums, die Praxis zu reflektieren, auch in einer Predigt, auch wenn das ohne Erfahrung nicht immer leicht ist. Wichtig ist vor allem, dass man sich nicht unterkriegen lässt und bei allem Respekt gegenüber den Älteren und Erfahrenen keine Angst haben darf, die lähmen kann (falsche Bescheidenheit) – Respekt – Egalitarismus – Freiheit, ist meine Einstellung dazu.
38 Manchmal reichen auch einzelne Worte aus, die sich zu einem Satz, einem Text, einer Kurzgeschichte, einem Gedicht, einem Roman usw. entwickeln können, um sich als Autor zu entlasten. Die Dreiheit von Lyrik, Prosa und Dramatik lässt da viele Möglichkeiten offen, auch mit wenig viel zu erreichen und auch bekannt zu werden. Überhaupt ist entscheidend, dass sich Texte "fehlerpädagogisch" immer weiter entwickeln können. Wichtig ist das zu erkennen, aber auch nicht vor einem Fehler zurück zu schrecken und sich lähmen zu lassen. Andererseits kann eine Anmerkung ein positiv-negativer Anstoß sein, sich weiter zu entwickeln. Das ist nicht immer mit ohne Leid verbunden, weil der Kopf im Studium auch eine Zeit lang braucht, sich an die Arbeitsabläufe, das Verarbeiten von Informationen oder die Lerngeschwindigkeit gewöhnen muss. Die " alten" Texte sollen möglichst nicht verändert werden, um zwischen dem Haupt- und Fußnotentext (und auch untereinander) einen Lernprozess darzustellen, vom Autor selbst und den möglichen Lesern.
39 Ein Zeitungsbericht orientiert sich vor allem an den W-Fragen und den Interviews bei gleichzeitiger Selbstdistanz des Reporters. Ich erinnere mich auch, dass das in meiner Examensklausur in Systematik ein Wahlthema war, einen systematisch reflektierten Zeitungsbericht zu einem ethischen Thema für eine Kirchenzeitung zu formulieren, wo genau das beachtet werden musste, zuzüglich der systematisch-theologischen Referenz aus den gelernten Lehrbüchern, um den Bericht zu untermauern und gleichzeitig die christliche Tradition, in Auseinandersetzung mit der heutigen Lebenswelt und ihre Relevanz für diese, in einen Dialog mit dem Thema zu bringen. Klausuren kann ich in dieser Einführung nicht verarbeiten, weil sie "unter Verschluss", in einem Archiv sind und ich noch aus der Erinnerung her schreiben kann. Vor allem geht es bei einer Klausur um die Einhaltung der Fragestellung und die Erstellung einer Vor-Skizze (wie bei einer Hausarbeit mit Gliederung) vor dem Schreiben und das Arbeiten mit den Hilfsmitteln (Bibel, Wörter- und Gesangbuch).
40 Insgesamt geht es bei solchen Texten immer um Gegenbeweise einer allgemeinen Einstellung in einer bestimmten Sozialisation oder Gesetz zum Trotz, die zwar etwas "barbarisch" rüber kommen kann, dass es zu "Brüchen" mit der Tradition kommt, es dadurch aber auch zu Fortschritt im Sinne eines "neuen" und stärkeren Glaubens an Jesus Christus kommt. Dadurch wächst aber auch die Gefahr des Widerstandes, aber von beiden Seiten. Überhaupt ermutige ich dazu gerne, nicht zu resignieren, obwohl eine bestimmte Einstellung die vermeintlich richtige ist und den Fortschritt lähmen kann, im Sinne einer Selbstunzufriedenheit oder unbedingten Authentizität, die eine etwas unkritische, dogmatische Haltung einer Gesellschaft damit (falsch) übereinstimmen lässt, was nicht unkritisch betrachtet werden sollte, wenn dadurch Menschen sterben oder in ihrem Leben eingeschränkt werden, aber das sollte man bei beiden Seiten beachten und betrachten. Vielleicht ist auch Jesus zu weit gegangen… Für Bildungsprozesse und auch das Verhältnis von Lebenswelt und Tradition ganz entscheidend!
41 In der Seelsorge ist wichtig, dass man ein Gegenüber nicht manipuliert und seine Ansicht überstülpt. Mehr als das geht es um ein "Angebot", keinen Rat-"Schlag", auch wenn ich auch einmal damit konfrontiert wurde und weil derjenige das dann so wollte, habe ich es so gemacht. Wichtig ist da eine offene, nicht-barbarische Grundhaltung. Es gibt Leute, die wollen eine klare Ansage. Andere nicht. Bei denen, wo man es nicht weiß, sollte man sich zurückhalten, weil das möglicherweise provozierend wirkt und zur Gegenprovokation führen kann, die beiden Seiten schadet. Empathie ist wichtig, aber auch begrenzt, wenn es um Hilfe zur Selbst-Hilfe geht.