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6. Kapitel
ОглавлениеLehnau drückte die Tasten seines Telefons zum letzten Mal und dehnte seine Beine auf dem Stuhl vor dem kleinen Telefontisch. Zwei Anrufe hatte er bereits hinter sich gebracht und Ungläubigkeit und Entsetzen bei den Teilnehmern ausgelöst. Doch was er ihnen mitzuteilen hatte, war eine Tatsache, und niemand von den beiden konnte sich ihr verschließen.
Er hatte nicht lange mit ihnen gesprochen, hatte ihnen nur das Nötigste gesagt und sie für den Abend zu sich in die Kellerbar seines Anwesens bestellt. Man musste überlegen, was zu tun sei, und er wusste, was er ihnen sagen würde. Verhaltet euch wie die drei weisen Affen, würde er sagen. Nichts sehen, nichts sagen, nichts hören. Und natürlich von nichts wissen.
Lehnau war verärgert über sich selbst und das Unwohlsein, das sich in seinem Innersten verbreitete. Nichts würde geschehen. Nichts. Wieso auch? Niemand außer ihnen wusste etwas, niemand anderes konnte auch nur einen Verdacht hegen. Schon gar nicht nach dieser langen Zeit.
Lehnau dachte an seinen Sohn Klaus. Gut, ihn hatte er eingeweiht, aber er war immerhin sein Sohn. Kein Wort würde über seine Lippen kommen, da hatte er keine Sorgen.
Es läutete mehrfach am Ende der anderen Leitung und Lehnau wollte gerade auflegen, als sich der Teilnehmer meldete.
„Ja?“
Mehr sagte der Angerufene nicht, doch Lehnau kannte die Stimme und wusste, dass der Mann, den er sprechen wollte, persönlich am Apparat war.
„Sie haben ihn gefunden. Die Vergangenheit hat uns eingeholt.“
Mehr sagte Lehnau nicht und lauschte in die Leitung, in der es merkwürdig still geworden war.
„Bist du noch da? Oder hat es dir nur einfach die Stimme verschlagen?“ Lehnaus Stimme klang verärgert. „Komm wieder zu dir und sieh den Tatsachen ins Auge. Die anderen wissen schon Bescheid. Wir treffen uns heute Abend, 20 Uhr, in meiner Kellerbar. Alle!“
Lehnau legte auf und schritt zum Fenster. Er sah hinaus in das regnerische Wetter hinaus und seine Blicke bahnten sich ihren Weg durch die Häuser und Anhöhen bis zu der entlegenen Stelle, an der die vier Männer damals nach einem gemeinsamen Unterfangen im Gelöbnis des Schweigens auseinandergegangen waren.