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Vorwort
ОглавлениеIm Jahre 1949 kommt eine Gruppe deutscher Wissenschaftler zu der Erkenntnis, dass die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf die Zunahme und Verbreitung wissenschaftlicher Literatur besonders nachteilig waren. Beherzt beschließen sie, dieses Problem anzugehen. Sie gründen die Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, heute Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Diese Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Bücher auf wissenschaftlichem Gebiet herauszugeben und Standardwerke neu aufzulegen. So versucht man, dem entstandenen Mangel an wissenschaftlicher Literatur entgegenzuwirken.
Einer dieser Wissenschaftler ist die Hauptfigur dieses Buchs. Aber wer war Wilhelm Weischedel? Beim breiten Publikum ist er vor allem als Erbauer der Philosophischen Hintertreppe bekannt – einer sehr zugänglichen und in mehrere Sprachen (darunter Spanisch, Norwegisch, Dänisch, Serbisch, Türkisch und Chinesisch) übersetzten Einführung in die Geschichte der westeuropäischen Philosophie. Weniger bekannt ist, dass er auch eine eigene Weltanschauung entwickelt hat. Obwohl inzwischen schon einige theoretische Abhandlungen über ihn erschienen sind, wie der Leser hinten im Literaturverzeichnis sehen kann, gibt es noch keine Einführung in sein Werk in deutscher Sprache. Diese Lücke möchte ich mit der vorliegenden Einführung schließen, denn es ist mehr als lohnenswert, sich mit Weischedels Denken näher zu befassen. Weischedel widmete sich Fragen, über die in unserer Zeit große Unsicherheit herrscht: Gott und die Moral. Weischedel hatte ein untrügliches Gespür für diese Unsicherheit und suchte sein Leben lang nach Antworten, die uns einen tatsächlichen Halt bieten können.
Es ist dieser letzte Punkt, die kritische Suche nach der Wahrheit inmitten großer Unsicherheit, der Weischedel zu einem echten Philosophen macht. Diese Suche stellt ihn in die Tradition des sogenannten Skeptizismus. Im Gegensatz zu dem, was wir gegenwärtig gewohnt sind, sieht man den Skeptizismus im alten Griechenland als etwas Positives an. Ursprünglich bedeutet skeptisch sein, dass man eine Sache zunächst sorgfältig untersucht, bevor man ein Urteil über sie fällt. Ob etwas wahr oder unwahr ist, hängt von kritischer Untersuchung ab. In diesem Sinne ist der Skeptizismus der Griechen ein ausdrückliches Kennzeichen von Wissenschaftlichkeit. Skepsis und Wissenschaft sind untrennbar miteinander verknüpft. Deshalb ist eine Einführung in Weischedels skeptische Philosophie im Wesentlichen eine Einführung in das wissenschaftliche Denken: Sich mit Weischedel zu befassen, heißt, das Philosophieren zu lernen.
Da es in diesem Buch um den Kern des Werks Weischedels geht, kann hier nicht auf alle Besonderheiten eingegangen werden. Eine detaillierte Analyse würde nicht nur den Rahmen dieses Buchs sprengen, sondern auch an dessen eigentlichem Ziel vorbeischießen. Dieses Ziel besteht lediglich in einem ersten Kennenlernen, wobei die Verständlichkeit und die Darstellung des Wesentlichen wichtiger ist, als theoretische Diskussionen und Nebenaspekte. Für derartige Diskussionen verweise ich nochmals auf das Literaturverzeichnis am Ende dieses Buchs. Ich werde also nicht auf diverse Interpretationen, Meinungsverschiedenheiten und Kritik von Kommentatoren eingehen. Meine Absicht ist vielmehr, sowohl Laien als auch Wissenschaftler auf eine so direkte Weise wie möglich mit dem Skeptizismus Weischedels – und somit mit dem Geist der Wissenschaftsausübung insgesamt – zu konfrontieren. Auf diese Weise hoffe ich, der Intention der WBG, in der die Seele ihres Begründers fortlebt, so gerecht wie möglich zu werden.
Zum Schluss möchte ich einigen Menschen danken: Als Erstes bin ich meinem Doktorvater, Prof. Dr. Peter Jonkers, zu großem Dank verpflichtet. Seine wertvolle Kritik hat mich sowohl inspiriert als auch vor einigen Fehltritten bewahrt. Pfarrer Thomas Rinkema brachte mich vor ca. 40 Jahren über das Taufwasser mit der christlichen Theologie in Berührung. Nun wiederum habe ich ihn mit der Philosophischen Theologie konfrontiert. Für seine konstruktive Kritik und Gespräche bin ich diesem undogmatischen Theologen sehr dankbar. Meinem Bruder, Prof. Dr. Albert Clement, danke ich für einige gute Ratschläge. Weiterhin gilt mein Dank Frau Dorothea Barfknecht und Frau Dr. Jutta Weber von der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Frau Anne Rothschenk vom Landesarchiv Berlin, Frau Manuela Rhein vom Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt am Main und Herrn Thomas Kölbl vom Stadtarchiv Reutlingen, deren Unterstützung vor allem in biografischer Hinsicht sehr nützlich war. Frau Carolin Köhne, Programm-Managerin für Philosophie und Theologie bei der WBG, danke ich herzlich für ihr Engagement und ihre Vermittlung. Dies gilt übrigens auch für einen ihrer Vorgänger, Herrn Dr. Bernd Villhauer, der mich bereits 2008 zum Schreiben dieses Buchs eingeladen hat. Last but not least gilt mein Dank meiner Übersetzerin, Frau Verena Krauch, M.A., deren linguistische Qualitäten ich sehr bewundere.
Middelburg, Januar 2012 | Hans Clement |