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Ad hoc-Annahmen allüberall – ein Anfangsverdacht
Оглавление»Es regnet – aber ich glaube es nicht!« In dieser Form wird Moores2 Paradoxon zumeist präsentiert. Hier stehen sich eine Sachaussage und eine diametral entgegengesetzte, auf Erfahrung begründete Meinung gegenüber. Eine solche Verknüpfung sich ausschließender Aussagen begegnet uns auch in dem Satz
»Naturwissenschaftliche Datierungen widersprechen der historischen Überlieferung – aber das ist völlig unvorstellbar!«
Ein solches unerträgliches Paradox kann nur dann mit dem Geglaubten versöhnt und damit aufgelöst werden, wenn sich stets eine Erklärung finden lässt, die im Einklang mit der Naturwissenschaft steht. Eine solche Ad hoc-Hypothese ist somit eine für den Einzelfall geschaffene wissenschaftliche Hilfskonstruktion mit dem Zweck, eine Theorie gegen die ihr widersprechenden Beobachtungen zu stützen. Solange keine überlegene, überprüfbare These vorliegt, – so der Zirkelschluss – 'muss' sie richtig sein, da nur sie den Widerspruch auflöst.
Ein paar Beispiele:
- Die meisten überlieferten Berichte über Sonnen- und Mondfinsternisse der Antike weichen nach Ort und Zeit von modernen Rückrechnungen ab. Alle stimmigen Berichte über das eindrucksvolle Ereignis einer totalen Sonnenfinsternis wären anscheinend verloren gegangen.
- Die direkte Datierung organischen Materials anhand des Radiokarbongehalts sei nicht möglich, da sich vor einigen Jahrhunderten offenbar der Anteil von C14 in der Atmosphäre geändert habe.
- Das Auszählen der Jahresringe von Jahrtausende alten Sequoias tauge nicht als Zeit-Referenz, da die Mammutbäume in Hunderten von Vegetationsperioden keine erkennbaren Ringe ausgebildet hätten.
Wer keinen Grund sieht, an der traditionellen Zählung der Jahre der Antike zu zweifeln, für den erübrigen sich alle weitergehenden Fragen nach der Art der Unstimmigkeit, nach der Weise ihres Zustandekommens und nach den Gründen hierfür.
Die These der Chronologiekritik besagt dagegen: »Die überlieferte Jahreszählung erscheint verfälscht.« Das klingt zunächst befremdlich und widerspricht unserem Schulwissen. So gehen nach wie vor die meisten davon aus, dass genau das Gegenteil richtig sei. Ihre Antithese lautet: »Unsere Zeitrechnung ist fehlerfrei – Beweise dafür liefern die Naturwissenschaften.« Diese Behauptung erweist sich jedoch rasch als unhaltbar. Und Beweise liefert sie schon gar nicht. Denn sie könnte nur unter den folgenden vier Bedingungen wahr sein:
1. Wenn Zeitreihen und Jahreszahlen stets irregulär verknüpft wären. Das erscheint zunächst einmal äußerst unwahrscheinlich. Tatsächlich verlangt das Verständnis der Messergebnisse (z.B. Äquinoxdatum, Eklipsen, Kometen, Tageslänge, 14C-Kalibrierung, Dendrochronologie) in jedem Fall Zusatzhypothesen, wenn wir von einer lückenlosen Jahreszählung ausgehen. Solche Ad hoc-Annahmen sind, wie wir bereits gesehen haben, hier jedoch nicht zulässig!
2. Wenn die folgenden unbewiesenen Annahmen namhafter Forscher allesamt richtig wären, die einzig dazu aufgestellt wurden, um Widerspruchsfreiheit zwischen den beobachteten bzw. gemessenen Werten und der überlieferten Chronologie zu erzielen:
- Die Abweichungen bei vormittelalterlichen Eklipsenberichten (Bedeckungsgrad, Jahr, Tag, Ort) gegenüber der Rückrechnung erklärten sich aus unterschiedlichen 'Verformungstendenzen'.1
- Erst auf dem Konzil zu Nicäa wäre der kalendarische Frühlingsbeginn dauerhaft auf den 21. März fixiert worden.2
- Bereits durch Kaiser Augustus wären drei überzählige, vor dem Bau seiner großen Sonnenuhr aufgelaufene, Schalttage korrigiert worden.3
- Die Erdrotation und damit die Tageslänge unterläge über Jahrtausende hinweg langfristigen periodischen Schwankungen.2
- Nach Jahrtausenden der Konstanz hätte sich im Mittelalter das mittlere 14C/12C Verhältnis der Atmosphäre innerhalb weniger Jahrhunderte vergrößert.3
- Auch das Verhältnis zwischen dem 14C-Gehalt von Atmosphäre und Meer hätte sich seit der Antike geändert.4
- Die 14C-basierte Dendrochronologie sei frei von historischen Prämissen! Sie widerlege daher alternative Dendrochronologien, auch wenn die sich auf Hölzer der Römerzeit im historischen Kontext beziehen.5
3. Wenn Befunde abseits aller statistischen Erwartung akzeptabel wären. Natürlich ist das zufällige Zusammentreffen auch mehrerer außerordentlich seltener Ereignisse nie auszuschließen. Allerdings werden damit auch die zugrunde liegenden Annahmen sehr unwahrscheinlich. Beobachtet werden z. B.:
- Nicht überlieferte Sonnenfinsternisse der Antike, die sich öfters um 300 Jahre minus 46 Tage nach jenen der Berichte genau an deren Ort ereigneten.
- Ein signifikanter Mangel an sicher datierbaren Bodenfunden aus dem 'Frühmittelalter' (im Vergleich zu allen anderen Zeiten).
- Urkunden aus dem 'Frühmittelalter', welche real vorhandene Bauten stets Jahrhunderte zu früh datieren.1
- Zeitlich verschobene und gestreckte Korrelationen (z.B. zwischen 14C und dem SO4 in Eisbohrkernen)
4. Wenn Geschichte sich durchaus wiederholen könnte. Dass sie dies nicht tut, ist sprichwörtlich. Im Abstand von je ca. 3 Jahrhunderten finden sich aberdutzende Verdopplungen, sowohl von spektakulären Ereignissen, als auch von ganzen Herrscherfamilien die vielfach untereinander verknüpft sind.
Es ist also offenkundig, dass die vier genannten Punkte nicht alle richtig sein können. Ist dies aber nicht der Fall, so spricht alles gegen die obige Antithese!
Wenn Sie mir bis hierhin gefolgt sind, dann können wir uns nun daran machen, die Geschichte zu entwirren. Es geht dabei zunächst um zwei Fragen:
1. Lässt sich die traditionelle Chronologie in wirklich jedem Einzelfall widerlegen?
2. Wie stellt sich die Vergangenheit dar, wenn wir die glaubwürdigen Überlieferungen stetig und widerspruchsfrei aneinander reihen?
Erst wenn diese beantwortet sind, dann stellen sich weitere Fragen:
- Wie konnte es zu dieser Unstimmigkeit kommen?
- Warum versagte hier bislang die Wissenschaft?
- Welche Auswirkungen könnte die Berichtigung haben?