Читать книгу Der größte Irrtum der Weltgeschichte - Hans-Erdmann Korth - Страница 6
ОглавлениеZum Geleit – von Prof. W. Kaltenstadler
In den letzten Jahren beherrschte die Phantomzeitthese von Dr. Illig das chronologische Schlachtfeld, auf welchem sich nicht nur Fachkundige, sondern auch reine Amateure tummelten. Diese These wurde erstmals in dem Buch „Das erfundene Mittelalter – Die größte Zeitfälschung der Geschichte" der Öffentlichkeit präsentiert und hat in Deutschland einige Jahre Furore gemacht. Dr. Illig und seine Mitstreiter, zu denen auch Prof. Heinsohn von der Universität Bremen gehört, vertreten die Auffassung, dass rund 300 Jahre im karolingischen Mittelalter schlicht und einfach erfunden und in den Geschichtsablauf nachträglich interpoliert worden wären. Für Illig und Heinsohn existiert also die karolingische Epoche nicht. Es gibt allerdings zwei große Schwachstellen in der Illig´schen These, welche die meisten Historiker zu Recht bemängeln:
• Illig muss 297 Jahre erfundene Zeit nicht nur für den christlichen, sondern auch für den Geschichtsablauf anderer Kulturen geltend machen, z.B. den Islam.
• Illig klammert naturwissenschaftliche Methoden der Astronomie, der Dendrochronologie, von C14 etc. aus und akzeptiert diese nicht, wenn sie seiner These widersprechen.
In Frage zu stellen wäre auch die maßgebende Ursache für die Zeitfälschung. Illig hat die Christlichkeit des frühen Mittelalters enorm überschätzt. Es gibt zahlreiche Völker, wie z.B. die Bajuwaren, die das Christentum erst im Laufe des Mittelalters annahmen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es gibt wohl keinen Zweifel, dass es zwischen bestimmten Personen und Ereignissen vor allem des frühen Mittelalters große Widersprüche gibt und dass unsere heute verwendete, im Grunde christliche Chronologie somit nicht stimmen kann. Illigs Hypothese wird aber allein schon dadurch in Frage gestellt, dass zahlreiche Personen und Ereignisse – nicht bloß des Frühmittelalters – zu verschiedenen Zeiten vorkommen. Das spricht gegen Fälschung. Die 297 Jahre von Illig passen, doch er hat die falschen Schlüsse daraus gezogen bzw. die richtige Spur nicht erkannt.
Die Phantomzeitthese hat ohne Zweifel dazu beigetragen, Schwachstellen unseres Chronologiesystems aufzuzeigen und zu kritischen Diskussionen anzuregen. Ihrer Widersprüche und Ungereimtheiten ist sich auch ein so kundiger Mann wie Prof. Heinsohn bewusst. Es ist also kein Zufall, dass er sich dafür entschied, die von ihm erkannten Unwahrscheinlichkeiten genauer unter die Lupe zu nehmen und in seinem neuen Buch „Wie viele Jahre hat das erste Jahrtausend" sich daran machte, bessere Erklärungen zu bieten. Zentrales Problem dieses Werkes ist es aber, dass Illigs These nicht in Frage gestellt wird und echte Alternativen zur erfundenen Zeit von Illig nicht sichtbar werden.
Eine völlig neue Perspektive zur These von der 'erfundenen' Zeit bietet nun das hier vorliegende Buch des Physikers Hans-Erdmann Korth. Dieser wendet konsequent naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden auf die Analyse der Chronologie an. Er erklärt die Widersprüche des geltenden Chronologiesystems damit, dass es i.W. zwei Arten der Jahreszählung gibt, nach Inkarnationsjahren (AD), sowie nach unserer Zeitrechnung (u.Z.). Korth weist an zahlreichen Beispielen nach, dass gleiche bzw. gleichwertige Ereignisse in den beiden Systemen mit einer zeitlichen Differenz von etwa 300 Jahren doppelt notiert wurden. Gleiches gilt für viele duplizierte Personen, bei denen es sich zumeist um Regenten handelt, die oft sogar mit gleichen Namen in den Quellen erscheinen, nicht selten sogar die gleiche Anzahl von Regierungsjahren aufweisen und auch an den gleichen Orten gelebt haben.
Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse sich aus dem Vergleich der Werke von Dr. Illig, von Prof. Heinsohn und Hans-E. Korth ergeben. Objektiven Lesern bleibt es vorbehalten, die Pro- und Contra-Argumente dieser drei Abhandlungen gegeneinander abzuwägen. Es war ein besonderes Desiderat der Chronologieforschung, dass endlich einmal einer wie Korth sich auf den Weg machte, naturwissenschaftliche Methoden kritisch auf einen Sachverhalt anzuwenden, welcher lange – buchstäblich jahrhundertelang – verdrängt und vernachlässigt worden ist.
Wilhelm Kaltenstadler 26. Juni 2013