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Beda Venerabilis und die Osterrechnung
ОглавлениеAnd I humbly entreat the reader, that, if he shall in this that we have written find anything not delivered according to the truth, he will not impute the same to me, who, as the true rule of history requires, have laboured sincerely to commit to writing such things as I could gather from common report, for the instruction of posterity.1
Die durchgängige Verwendung der Jahreszählung nach Christi Geburt in Chroniken wird auf Beda Venerabilis (673 – 735 AD) zurückgeführt – demzufolge auch dessen eigene, uns überlieferten Lebensdaten! Noch im Jahr seines Todes sei der Leichnam des hochverehrten gelehrten Mönchs exhumiert und schließlich 297 Jahre später (1032 u.Z.) in der Kathedrale von Durham beigesetzt worden. Gleiches war zuvor mit Sankt Cuthbert, dem Abt des Klosters Lindisfarne geschehen: Dessen Gebeine wurden bereits im Jahr 688 AD dem Sarkophag entnommen und in Durham dann 985 u.Z. feierlich beigesetzt. Der gleiche 'Abstand' von 297 Jahren findet sich noch mehrfach in der Geschichte Alt-Englands1, welche als Continuatio Bedae bis zum Jahr 766 AD reicht, bevor die Überlieferungen bis zur Normannischen Eroberung 1066 u.Z. abbrechen.
Aus diesen Zahlenangaben lässt sich wohl nur folgern, dass für Beda die Epoche 'nach Christi Geburt' um 297 Jahre später begann als nach unserer 'modernen' Zeitrechnung.
Als Mönch in Jarrow verfasste Beda um 703 AD (1000 u.Z.) die Schrift De Temporibus, die er später zu De Temporum Ratione erweiterte, dem Standardwerk der Computistik für viele Jahrhunderte. Offenbar zweifelte er nicht weiter an den von Dionysius genannten Jahreszahlen – und auch nicht an dessen 19jährigem Zyklus.
Bekannt waren ihm der aktuelle Wochentag und der Stand des Mondes, sowie das Jahr der Indiktion, die ja offenkundig mit der neuen, am Millennium orientierten Jahreszählung der Kirche übereinstimmten. Die Differenz zwischen den beiden Jahreszählungen betrug 297 Jahre.
Überraschenderweise fand Beda aber bei der Rückrechnung einige zu berichtigende Unstimmigkeiten, was darauf hin deutete, dass die Osterdaten des Dionys auch abweichen könnten. Aber es ließ sich keine eindeutige Antwort finden. Am 1. Mai des Jahres 664 u.Z. hatte eine Sonnenfinsternis statt gefunden. An diesem Tag war also Neumond. Nach der Rechnung des Dionys wäre jedoch erst am 2. Mai Neumond gewesen. Mit diesem Problem hatte sich schon die Synode von Whitby beschäftigt.1 Auch Beda gelang es nicht, dieses Rätsel zu lösen. Er konnte nur auf die Beschlüsse des Konzils von Nicäa verweisen, welche unmissverständlich den 14. Tag des Ostermonats als unverrückbaren Bezug für den Ostertermin festgelegt hatten.2 Vergeblich blieben auch sämtliche Versuche Bedas, die Daten der Ostertafel mit den Überlieferungen der Bibel zu Jahr und Tag der Passion in Übereinstimmung zu bringen.3
Um die Osterrechnung auf eine zuverlässige Basis zu stellen, überarbeitete Beda die Tafel des Dionysius und schrieb sie für einen vollen alexandrinischen Zyklus von 532 Jahren fort.4 Dabei fiel ihm auf, dass sich mit dieser Tafel der Beginn der Jahreszählung nicht nur auf den 21. März beziehen lässt, sondern auch auf den Jahresbeginn. Die Tafel begann mit dem Jahr, in dem am 1. Januar 'Luna I' war.
Im Jahre 708 kam es zum Éclat, als auf einem Fest zwei betrunkene Mönche Beda in Anwesenheit des Bischofs Winfried der Ketzerei bezichtigten. Worum ging es? Um das von Beda errechnete Jahr der Geburt Christi! Wie viele vor ihm war auch Beda der Überlieferung des Alten Testaments gefolgt und hatte die dort angedeuteten Zeitspannen addiert. Für die vorgeschichtliche Zeit von Adam bis zu Noah hatte er 1656 Jahre angesetzt5 – was genau dem im Mittelalter von den Masorethen angenommenen Wert entspricht, wohingegen die ältere Samaritanische Torah eine Spanne von 1307 Jahren annimmt.
Weder Beda noch sein Bischof äußerten sich öffentlich zu den Vorwürfen. Wenige Tage darauf verfasste Beda einen Brief mit seiner Rechtfertigung, mit dem er die Mönche zu Winfried sandte. Damit war die Sache offenbar erledigt.1
Im Jahre 731 AD erschien Bedas Kirchengeschichte des englischen Volkes.2 Von seiner auf die Geburt Christi bezogenen Datierung macht Beda hier ausgiebig Gebrauch – allerdings nur vor dem Jahr 700 AD. Je näher Beda seiner Gegenwart kommt, um so verschwommener werden seine Angaben. Seine Protagonisten finden ihr Ende 'nach vielen Jahren' oder 'in hohem Alter'. Den nach der Normannischen Eroberung 1066 u.Z. entstandenen Abschriften des Werkes wurde eine bis zum Jahr 766 AD reichende Fortsetzung, die Continuatio Bedae3 hinzu gefügt. An diese schließt sich, dem scheinbaren Sprung der Jahreszahlen zum Trotz, die seit der Normannen-Invasion lückenlose Geschichte Englands an.4