Читать книгу Wer einmal aus dem Blechnapf frißt - Ханс Фаллада - Страница 20
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ОглавлениеAls Kufalt am Glaskasten steht, um seine Meldung zu machen, ist der Kasten leer. Kein Hauptwachtmeister zu sehen. Kufalt hebt den Kopf und späht in den Bau: Nichts. Natürlich sind da Kalfaktoren im Gang, beim Schrubbern und Wachsen und Wichsen des Linoleums, und natürlich sind da Beamte unterwegs, aber hierher sieht keiner.
Kufalt schaut in den Glaskasten. Die Schiebetür steht halb offen. Es muß gerade Post gekommen sein, ein ganzer Stoß Briefe liegt dort und obenauf liegt ein länglicher, gelber Umschlag mit einer weißen Einschreibequittung.
Er sieht sich um. Niemand scheint auf ihn zu achten. Er späht durch die Tür. Nun liest er, was er schon ahnte: „Herrn Willi Kufalt, Zentralgefängnis.“
Der lang ersehnte Brief von Schwager Werner Pause, der Brief mit Geld oder einer Anstellung.
Es ist nur ein Griff, und Brief nebst Einschreibzettel sind in seiner Tasche geborgen. Langsam geht Kufalt über die Treppe zur Zelle.
Da steht er nun an seinem Tisch unter dem Fenster, den Rücken sorgfältig gegen den Spion, damit niemand sehen kann, was er mit den Händen tut.
Vorsichtig befingert er den Umschlag. Ja, es ist etwas drin, eine Einlage. Sie schicken ihm Geld! Es ist kein sehr umfangreicher Brief, scheint es, aber eine dickere Einlage ist darin.
Also hat Werner ihm doch geholfen. Eigentlich, ganz drinnen, hat er nie daran geglaubt. Aber der Werner ist eben doch ein anständiger Kerl, da kann man sagen, was man will. Daß er erst, als die Sache passierte, so wütend war, nun, übelnehmen konnte man das eigentlich nicht.
Ach, das gute Leben jetzt draußen. Wie wird es schön sein! Keine Entbehrungen, wenn er natürlich auch sehr, sehr sparsam sein wird. Aber man kann in ein Café gehen und vielleicht mal in eine Bar ...
Unter tausend Mark können sie nicht schicken, sonst ist es überhaupt kein Start. Und in vier oder fünf Wochen kann man dann noch einmal um eine größere Summe bitten, drei- oder viertausend, um sich ein nettes Geschäft einzurichten, vielleicht Zigaretten ...
Nein. – Nein. –
Die Einlage ist kein Geld, ein Schlüssel, ein flacher Schlüssel, ein Kofferschlüssel. Schade ... Und der Brief:
„Herrn Willi Kufalt,
z. Z. Zentralgefängnis, Zelle 365.
Wir beehren uns, Ihnen im Auftrage von Herrn Werner Pause mitzuteilen, daß Herr Pause Ihren Brief vom 3.4. und Ihre früheren Briefe erhalten hat. Herr Pause bedauert, Ihnen sagen zu müssen, daß z. Z. in seinen Büros keine Stellung für Sie frei ist, daß er aber auch, selbst wenn eine frei würde, sie aus sozialen Gesichtspunkten einem der vielen nicht vorbestraften Arbeitslosen geben müßte, die teilweise im tiefsten Elend leben. Was die weiter von Ihnen erbetene geldliche Unterstützung angeht, so bedauert Herr Pause, Sie auch in diesem Punkte abschlägig bescheiden zu müssen. Nach unseren Erkundigungen haben Sie während Ihrer Haftzeit eine nicht unbeträchtliche Summe für Arbeitsbelohnung verdient, die Sie direkt nach Ihrer Entlassung vor Entbehrungen schützen dürfte. Auch verweist Sie Herr Pause nachdrücklich auf die zahlreichen Fürsorgevereine, in deren Arbeitsgebiet Ihr Fall fällt und die sicher gerne etwas für Sie tun werden.
Herr Pause läßt Sie nachdrücklichst ersuchen, weitere Zuschriften weder an ihn noch an seine Frau, Ihre Schwester, oder an Ihre Mutter zu richten. Die gehabten Aufregungen sind nur schwer und unvollkommen verwunden, ihre Wiederaufrührung würde nur schärferes Abrücken von Ihnen zur Folge haben. Herr Pause läßt Ihnen aber per Eilfracht einen Teil Ihrer Sachen zugehen, den Rest werden Sie erhalten, wenn Sie sich mindestens ein Jahr einwandfrei geführt haben. Den Kofferschlüssel fügen wir diesem Briefe bei.
Indem wir Ihnen dieses mitteilen, verbleiben wir
mit vorzüglicher Hochachtung
Pause und Mahrholz
ppa. Reinhold Stekens.“
Der Maitag ist noch immer hell und strahlend, die Zelle ganz licht. Draußen ist Freistunde. Die Füße scharren und scharren.
„Fünf Schritte Abstand! Abstand halten!“ ruft ein Wachtmeister. „Halten Sie den Mund, oder es gibt eine Anzeige!“
Kufalt sitzt da, den Brief in der Hand. Er starrt vor sich hin.