Читать книгу Wer einmal aus dem Blechnapf frißt - Ханс Фаллада - Страница 21
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ОглавлениеKufalt erinnert sich genau, wie das war, als Tilburg vor drei oder vier Jahren entlassen wurde. Tilburg war ein ganz gewöhnlicher Gefangener gewesen, er war nach keiner Richtung hin aufgefallen. Er war auch kein besonders schwerer Junge gewesen, hatte einen normalen Knast von zwei oder drei Jahren abgerissen. Was er während dieses Knasts erlebt und gedacht hatte, das konnte man ja nun nicht wissen. So was kann niemand im Kittchen wissen, nicht einmal der Betroffene.
Also Tilburg wurde eines Tages entlassen. Nun machte er nicht das, was so Gefangene im allgemeinen machen, er besoff sich nicht und ging auch nicht mit Weibern los in der ersten Nacht, er suchte sich weder Arbeit noch Zimmer, Tilburg fuhr einfach nach Hamburg und kaufte sich einen Revolver.
Dann fuhr er wieder zurück, besah sich den Bunker von außen und ging dann eine von den Straßen, die aus der Stadt hinausführen.
Als er da nun ein Stück gegangen und aufs flache Land gekommen war, begegnete ihm ein Mann. Es war irgendein beliebiger Mann, Tilburg hatte ihn nie gesehen.
Tilburg zog seinen Revolver und gab einen Schuß auf den Mann ab. Er traf den Mann in die Schulter, zerschmetterte den Schulterknochen, der Mann fiel um. Tilburg ging weiter.
Dann begegnete er wieder einem Mann und auch auf den schoß er, diesmal traf er den Mann in den Bauch.
Eine halbe Stunde später sah Tilburg Landjäger auf Rädern. Er sprang von der Chaussee, lief über Wiesen auf einen Hof. Er schoß ein paarmal und schrie, daß alle im Haus zu bleiben hätten. Dann verteidigte er den Hof gegen die Landjäger. Nun hatte er Gelegenheit, sich als das zu fühlen, als was er sich die letzten Jahre vielleicht ständig gefühlt hatte: als wildes, böses Tier. Oder die einzige Erklärung, die er in der Verhandlung später abgab: „Ich hatte so 'nen Rochus auf die Menschen.“
Er schoß noch drei Landjäger um, bis sie ihn umschossen. Aber er wurde dann wieder zurechtgeflickt, für die Verhandlung und für ein hübsches neues Ende Knast, das er nicht mehr aufbrauchen dürfte.
›Eigentlich kann man Tilburg ganz gut verstehen‹, sagt Kufalt über seinem Brief in der Zelle.
Und etwas später: ›O ich Idiot, den Brief hätte ich wahrhaftig im Glaskasten liegenlassen können! Was mach ich nun nur, wenn er vermißt wird?‹