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VORWORT
ОглавлениеBei meiner Ausbildung zum Turnusarzt war es mir ein großes Anliegen, mich mit den Techniken der medizinischen Behandlung vertraut zu machen. Ich hatte wertvolle Lehrmeister, von denen ich vieles erfahren und abschauen konnte. Besonders hilf- und lehrreich zugleich war das Vertrauen der Ausbildner, die mich dazu anhielten, selbstständig und verantwortungsvoll zu arbeiten und medizinische »Aktivitäten« zu setzen.
Damals erlebte ich, wie das Zeitmanagement während der Aufnahmeuntersuchungen (Erheben der Anamnese, Erfassen der Vor- bzw. Krankengeschichte) durch lange Gespräche zwischen Patienten und Ärzten litt. Ich beobachtete, dass bei der Durchuntersuchung von Frauen und Männern keine bildgebenden (Röntgen) oder laborchemischen pathologischen Untersuchungsergebnisse zu erheben waren – auch nicht bei bestehenden Voruntersuchungen der Betroffenen. Trotzdem schilderten Patienten Beschwerden, die augenscheinlich vorhanden waren und belastend wirkten. Somit wurde mir bewusst, dass man zwar manchen radiologischen Zufalls- oder grenzwertigen Laborbefund erfasste und behandelte – nicht aber den offensichtlich leidenden Menschen!
Den Menschen in seinem Leidensdruck ernst und seinen seelischen Zustand anzunehmen – besser noch: anzuerkennen – wurde zu meinem ärztlichen Credo. In diesem Zusammenhang lernte ich den Begriff Zuwendung im Sinne von Aufmerksamkeit und Mitempfinden richtig zu verstehen. Innerlich reifte in mir die Überzeugung: Ich möchte als Helfer nicht vorhandene oder vermeintliche Befunde behandeln, sondern den Hilfesuchenden. Die Verbundenheit von Leib und Psyche ist wohl für uns Menschen ein Grundzustand, den wir nicht vernachlässigen sollten. Daran zu arbeiten und dabei Empfehlungen weiterzugeben ist eine Aufgabe, die ich als Arzt erfüllen möchte. Der Weg dazu führt über die Botschaft, dass sich gesundheitlicher Erfolg und anhaltendes Wohlbefinden nur durch eigenständiges Denken und Handeln einstellen. Wir sind nun mal keine funktionierenden Maschinen, sondern Lebewesen mit Verantwortung für unseren körperlichen und seelischen Zustand. Dies betone ich deshalb, weil ich immer wieder erfahre, dass jene menschliche Kompetenz (un-)bewusst abgegeben oder sogar vergeudet wird. Viele handeln erst, und dies oft nur kurzfristig, wenn Probleme auftauchen und »Reparatur« angesagt ist. Die Lösung scheint darin zu bestehen, Beschwerden und Symptome körperlicher, aber auch psychischer Art bloß zuzudecken, häufig mit kurzfristigem Erfolg. Sollte es den Leidtragenden weiterhin an Einsicht fehlen, den wahren Grund der Problematik zu erfassen, entsteht wohl in absehbarer Zeit eine Spirale an Missempfinden, Erkrankungen von Organen oder durch psychische Überlastung infolge des »Ausbrennens« eines wertvollen Menschen.
Gerade als Hausarzt und »Landbader« durfte ich über zwei, drei Generationen die Eigenheiten vieler Familienstrukturen und deren Aktivitäten erleben und auch verstehen. Deswegen konnte ich bei vielen Problemen als »Heilgehilfe« beratend zur Seite stehen und Fährten legen zum Verständnis der krankmachenden Situation. Kam etwa ein Ratsuchender nach der intensiven Saison im Gastgewerbe völlig ausgelaugt zu mir, so sollte er nicht schnell wieder fit gemacht werden für den nächsten beruflichen Einsatz durch Verabreichen einer Vitamininfusionsserie und Antidepressiva. Zunächst galt es, seiner selbst beziehungsweise der eigenen Lebensumstände bewusst zu werden, also sich selbst erleben zu dürfen und nicht erleiden zu müssen. Denn die seelische Belastung lässt sich nicht wegschlucken mit Medikamenten, der Körper wird sich nur regenerieren, wenn er »stimmig« behandelt und dadurch seine Eigenregulation gefördert wird.
Der »Gesundheitsmarkt« agiert in seiner Werbung sehr verführerisch und untergräbt, ja unterbindet oftmals die Eigenverantwortung. Dabei wäre es für uns so wichtig, nicht ein Spielzeug seiner Wirkmechanismen zu werden, die in erster Linie darauf abzielen, Symptome auszuschalten und folglich den Eindruck erwecken, »die Sache« sei aus gesundheitlicher Sicht »erledigt«. Wir müssen dem Körper die Chance geben, durch sein individuelles Regulationsgeschehen Gesundheit und Wohlbefinden zu ermöglichen. Dies kann trainiert und soll geübt werden. Das ist der Denkanstoß, den ich mit meinem Buch setzen möchte. Gesundheit lässt sich selbst mit den teuersten Präparaten nicht erkaufen, und wer davon anhängig wird, läuft Gefahr, zur »Gesundheitsmarionette« zu werden. Das Wichtigste ist, körperlich, geistig, seelisch aktiv und fit zu sein, den Organismus in seinem Regulationsgeschehen zu unterstützen und nicht ein permanenter »Patient« zu werden, der leidend seine »Mängel« nur verdrängt!
Für die Leserinnen und Leser dieses Buches will ich ein persönlicher Begleiter und Gedankengeber sein bei der gemeinsamen Wanderung auf dem Pfad zu Gesundheit und Wohlbefinden. Ich versuche daher auch, wie ein guter Freund zu sprechen, und erlaube mir anstelle des förmlichen »Sie« das sympathischere »Du«.