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Salutogenese
ОглавлениеWir verfügen über ein sehr breites Feld, um dem Körper und der Psyche helfend beizustehen, damit wir schlussendlich Wohlbefinden, Selbstbewusstsein und gesundheitlichen Erfolg erreichen dürfen. Das entscheidende Schlagwort dazu lautet Salutogenese (Salus = Heil, Gesundheit; Genesis = Entstehung, Schaffung). Aaron Antonovsky, ein Medizinsoziologe, prägte diesen Begriff. Antonovsky befasste sich wissenschaftlich mit der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit. Er entwickelte ein medizinischphysiologisches Modell zu menschlichen Eigenschaften und Aktivitäten, welche erforderlich sind, um gesund zu werden oder gesund zu bleiben. So versteht man unter Salutogenese eine kraftvolle (dynamische) Balance von Schutz- und Risikofaktoren für unsere Gesundheit. Dahinter steckt der Gedanke, dass Gesundheit über unser Regulationsgeschehen von selbst entsteht und sich auch von selbst erhält. Der grundlegende Mechanismus hierbei ist, dass dieser natürliche Weg nicht blockiert wird und die körpereigenen Regulationsaktivitäten ungehindert ablaufen können. Salutogenese bildet also das Gegenstück zur Pathogenese, welche die Entstehung beziehungsweise den Verlauf einer Krankheit beschreibt. Wir wollen im Buch aber nur das positive Geschehen betrachten.
Unser Gesundheitsstatus, eine »Momentaufnahme« des physischen und psychischen Zustands, ist für jeden von uns zu erfassen und zu begreifen. Damit vermögen wir unsere gesundheitsfördernden Möglichkeiten zu überdenken, um anschließend überlegt zu handeln. Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren muss entstehen, wie Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit dieser einzelnen Komponenten. Ein signifikantes Beispiel dazu sind die »fünf Säulen« der Kneippmedizin, durch die sich gesundheitsrelevante Folgereaktionen im Sinne der Salutogenese entwickeln können. (Mehr dazu findest du in meinem Buch Gesund aus eigener Kraft.) Dieses Verständnis für unser Gesundheitsgeschehen – Gesundheitsgelingen – möchte ich als Arzt, der den ganzen Menschen behandeln und beraten will, weitergeben.
Im Laufe unseres täglichen Lebens werden wir mit mannigfachen Situationen konfrontiert, die uns (heraus-)fordern. Die Exposition (Ausgesetztheit) ist breit gefächert, sie reicht von körperlicher Belastung, mikrobiologischen Herausforderungen (z. B. bakterielle Infekte), unserer Lebensform, der Ernährung und Bewegung über psychisch-psychosoziale Belastungen und Aspekte hin zu Signalen aus der Umwelt. Auch körperliche Fehlbelastungen, in der Physiologie als Stressoren bezeichnet, als allgegenwärtige Begleiter sind hier zu beachten. Der Körper mit seinem Vegetativum (Steuernervensystem) reagiert auf die Summe dieser Einflüsse entsprechend, zum großen Teil unbewusst, aber auch durch überlegte, von uns gesetzte und gezielte Handlungen. Zwar unterscheiden sich Menschen voneinander in ihrer regulierend-ausgleichenden Grundausstattung und Reaktionsbereitschaft, doch wir alle sind Lebewesen mit der Fähigkeit, nachzudenken und nicht nur marionettenhaft gelenkt zu werden, zu funktionieren.
Mit diesen Gedanken möchte ich dich für meine Botschaft empfänglich machen und zu bewusstem Handeln verführen! Die uns von der Natur gegebenen Ressourcen, die vorhandene Widerstandskraft zum Wohle unserer Gesundheit zu erhalten oder auszubauen, muss aus Überzeugung unser Anliegen werden. Jenes Regelsystem des Körpers – also die Aufgabe, das dynamische Gleichgewicht für die Lebenserhaltung (Homöostase) zu fördern – sollte für uns nicht eine lästige Pflicht sein, sondern ein Verlangen werden! Bildlich gesprochen sind wir nicht nur »störungsfrei« (= gesund) oder »gestört« (= krank), sondern bewegen uns stets zwischen zwei Polen: dem Zustand der Salutogenese mit der Frage »Was hält uns gesund?« (= Gesundheitsfaktoren) und der Pathogenese mit der Überlegung »Was macht uns krank?« (= Krankheitsfaktoren). In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns das ganze Leben und sollten daher den optimalen, für jedes Individuum tauglichen und notwendigen Pfad gehen. Ich glaube, es gibt so viele Möglichkeiten dazu, wie es Menschen gibt. Dies ist auch der Grund, weshalb überall in der Medizin oder Physiologie statistische Mittelwerte herangezogen werden und keine absolut gültige Norm. Ein Beispiel aus dem Stressgeschehen soll veranschaulichen helfen, was ich meine: Eine Person verspürt höchsten Druck und Belastung, wenn sie öffentlich sprechen muss, eine andere hingegen erfüllt das mit Freude und verspürt keinerlei Stress. Jetzt hängt es davon ab, welche Strategie die belastete Person entwickeln kann, diesen Druck abzubauen, um nicht Schaden zu erleiden. Hier wird der Betroffene jene Methoden wählen, die ihm probat erscheinen.
Situationsbedingte Unterschiede müssen mit entsprechender effizienter Strategie personenabhängig ausgeglichen werden. Dabei ist folgende Überlegung wichtig: Bin ich imstande, die entsprechenden »Zustände«, Lebenssituationen zu meistern? Hier kann körperlich oder geistig trainiert und anschließend gehandelt werden. Selbstverständlich dürfen wir auf Erfahrungen anderer Personen zurückgreifen. Bei einer Blinddarmentzündung etwa werde ich einen Chirurgen konsultieren, bei Depressionen einen Psychologen um Rat fragen, je nachdem, welche Leiden oder Belastungen mich gerade quälen. Silvia Breier, eine Mentaltrainerin aus Wien, nennt in einem Artikel (»Resilienz und Salutogenese – was ist das?«) ihrer Homepage Grundeigenschaften, um sich hierbei richtig und erfolgreich zu verhalten: »Flexibilität ist gefragt. Immer dieselbe Lösung für ein Problem funktioniert nicht. Geistige Flexibilität und die Entwicklung situationsadäquater Handlungsstrategien sind gefragt. Die gute Nachricht: das kann man lernen.«
Damit sind wir wieder bei meinem Ansinnen, dich zu »programmieren« in deiner Gesundheitseinstellung und bei der Überzeugung, den Körper reagieren zu lassen in seiner Abwehr- und Regenerationsbereitschaft (Regulationsmedizin), aber auch bei der Bildung von Resilienz auf psychischer (psychosomatischer) Ebene. Wobei wir Resilienz als Widerstandsfähigkeit definieren können, um psychische wie körperliche Krisen zu überwinden. Menschen mit Autos zu vergleichen ist höchstens mit Einschränkungen zulässig. Dennoch möchte ich dir ein Zitat des Modeschöpfers Karl Lagerfeld nicht vorenthalten, das einen gewissen Wahrheitsgehalt besitzt: »Der Körper ist wie ein Auto. Wenn man gut darauf aufpasst, hat man am Ende ein Vintage-Modell« – folglich einen besonders ausgezeichneten Jahrgang.