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Auch Bout, Berreux’ rechte Hand, arbeitete fieberhaft. Er hatte sich nach Melun begeben. Dort eilte er zur Station und nahm sich zunächst den Schalterbeamten der Fahrkartenausgabe vor, nachdem er sich den Abgang der Züge in beiden Richtungen genau eingeprägt hatte.

Der Beamte glaubte sich eines Fremden entsinnen zu können, der ziemlich erregt eine Fahrkarte nach Paris verlangt hatte. Doch einen hellen Mantel habe er nicht getragen, vielmehr einen dunklen. Ausserdem habe er einen steifen Hut aufgehabt.

Bout war überzeugt, dass der Verbrecher sich wieder nach Paris gewandt hatte, da dort ein Untertauchen für ihn am leichtesten war. Dass er aber zunächst die Richtung nach Melun einschlug, schien auch für ihn gegeben zu sein. Darauf wies auch die Auswahl des Tatortes hin, da dort der Täter leicht auf ein vorüberfahrendes Auto aufspringen konnte, sofern es in der Richtung auf Melun zu fuhr. Hier hatte Berreux gleich den rechten Gedanken gehabt.

Bout suchte indessen vergeblich, etwas herauszubekommen. Es fuhren des Morgens zu viele Menschen von hier aus zur Hauptstadt hinein.

Er kehrte zum Tatort zurück, wo immer noch zwei Beamte mit Feststellungen beschäftigt waren. Nach den Aufzeichnungen der Taxiuhr musste der Ueberfallene während der Nacht genau vierunddreissig Franken und sechzig Centimes vereinnahmt haben. Erst nahm man an, dass diese ganze Summe geraubt sei, doch fand man in einem Brustbeutel des Erschossenen später zwanzig Franken vor. Dem Räuber konnten also nur etwa vierzehn Franken in die Hände gefallen sein, sofern Didier nicht noch etwas mehr bei sich hatte. Wie man später erfuhr, nahm er gewöhnlich etwa zehn Franken Wechselgeld mit.

Ein zu lächerlicher Betrag, um deswegen einen Menschen zu töten! Wahrscheinlich hatte der Täter doch mehr erwartet. Jedenfalls konnte er mit dem geringen Betrag nicht viel unternehmen. Schon diese Tatsache, so schloss Bout, musste ihn dazu veranlassen, bald nach Paris zurückzukehren.

Es ging bereits auf den Mittag zu, als endlich der Tote von einem Polizeikrankenwagen abgeholt und auch die Taxi fortgeschafft wurde. Man beschlagnahmte sie und fuhr sie in den Hof des Präsidiums, wo einige Fachleute die Untersuchung fortsetzen sollten. Ja, man versuchte sogar, von dem vernickelten Deckel des Aschenbechers und auch von den Türklinken Fingerabdrücke abzunehmen. Die Sitzpolster wurden heraus- und unter die Lupe genommen, wobei man einige winzige helle Stoffasern fand. Ihr Gewebe wurde genau untersucht.

Der Garagenmeister des Unternehmens, für das Didier fuhr, wurde zu Rate gezogen. Dabei stellte sich etwas Seltsames heraus. Der Garagenmeister behauptete steif und fest, dass sich im Wagen ausser dem üblichen Fussbelag auch noch eine weitere dünnere Fussdecke befunden habe. Er wies dies sogar an Hand eines genauen Verzeichnisses nach. Diese Decke war jedoch nicht vorhanden. Wo befand sie sich? Was war damit geschehen?

Man ordnete eine erneute genaueste Untersuchung des Tatortes an.

Kommissar Berreux hatte inzwischen die Witwe des Ermordeten aufgesucht. Die Frau war von dem furchtbaren Vorkommnis bereits unterrichtet. Sie sass völlig gebrochen da. Der kleine siebenjährige Erneste war eben aus der Schule gekommen, und als sie ihm sagte, dass sein Vater tot sei, begriff er es überhaupt nicht. Ihm schien der furchtbare Schmerz seiner Mutter zunächst näherzugehen. Immer wieder strich er ihr linkisch und selber heulend über das schwarze Haar.

Die Schwester der Frau war gekommen und gab sich im Zimmer mit den beiden anderen Kleinen ab, die erst recht nicht begreifen konnten, was sich ereignet hatte.

„Wann tommt denn der Papa endlich?“ fragte der vierjährige Jaques immerzu, „aber er tommt doch wieder, nich, Tante, nich?“ dabei fuchtelte er mit den winzigen Händchen immerfort in der Luft herum. Seine Tante schwieg, weinte in sich hinein und barg den Kopf in den Händen.

Madame Didier hockte noch in der Küche und hatte mehrere Nachbarn um sich herum, die sie vergeblich zu trösten versuchten. Berreux schickte alle diese Leute hinaus und nahm die Frau bei der Hand.

„Madame Didier!“ sagte er mit bewegter Stimme — denn auch ihm ging ihr Schmerz nahe — „alles ist Schicksal. Fassen Sie sich. Tun Sie es um der Kinder willen. Wir werden ja unser möglichstes tun, um des Mörders habhaft zu werden, damit er seiner gerechten Strafe zugeführt werden kann.“

Frau Didier blickte ihn aufschluchzend an wie ein gequältes Tier. „Mörder —? — Strafe —?“ wiederholte sie mit erstickter Stimme. „Gibt mir das meinen Mann zurück? Und wer ernährt uns jetzt, lieber Herr? Soll ich betteln gehen mit meinen Kindern?“

„Nein, Sie brauchen nicht betteln zu gehen!“ behauptete Berreux fest, „die Gesellschaft wird Ihnen eine Rente aussetzen, das glaube ich ganz bestimmt, und viele hilfreiche Hände werden sich regen, um Ihnen Ihr Los erleichtern zu helfen. Man wird Sie bevorzugen, wenn Sie sich eine Stellung suchen, ich werde mich selber darum bemühen.“

Sie machte eine hilflose Armbewegung. „Und doch ist es furchtbar, Herr! Warum musste das gerade mich treffen — gerade mich!“

Es dauerte noch eine Weile, bis er sie so weit beruhigt hatte, dass er sie einiges fragen konnte. Ob Didier einen persönlichen Feind gehabt habe? — Nein. — Wieviel Geld er wohl mit sich führte? — Das wusste sie nicht genau. Zehn Franken Wechselgeld habe er immer mitgenommen. Ja, und der Junge habe schon in der Nacht einen so seltsamen Traum gehabt, bog sie auf einmal wieder auf das Persönliche ab.

Wie die Geldtasche oder Brieftasche aussah, die ihr Mann zu benutzen pflegte? — Oh, er führte immer einen kleinen Stoffbeutel mit, der einen Reissverschluss hatte. Mit vieler Mühe habe sie ihm sogar einmal zu seinem Geburtstag die Anfangsbuchstaben seines Namens daraufgestickt: I. D. Er habe ihn immer in Ehren gehalten — immer — in Ehren gehalten — sie schluchzte wieder.

„Hatte er nicht auch eine Brieftasche?“ fragte Berreux.

„Ja, eine Brieftasche hatte er auch, darin verwahrte er seinen Führerschein und die anderen Wagenpapiere, die er benötigte. Auch ein Los war darin — von der Staatslotterie. Da war er rein abergläubisch, mit diesem Los — obwohl die Nummer noch niemals gewonnen hatte. Er musste es immer bei sich führen.“

„Wie war denn die Nummer des Loses?“ fragte Berreux interessiert.

„Wie? Die Nummer? Ja, sehen Sie — das war seine Wagennummer. Nicht die laufende Nummer der Taxigesellschaft, dreihundertdrei, sondern die Polizeinummer. 852754. Und denken Sie sich, Herr Kommissar, gerade auf die andere Nummer sind einmal tausend Franken herausgekommen.“

Berreux freute sich, dass sie nun ein wenig abgelenkt war. Aber er musste weiterfragen.

„Dann hat doch Ihr Mann auch noch einen Brustbeutel gehabt?“ Er nahm ihn aus seiner Tasche, „ist er das nicht?“

Die Frau griff danach. „Ja — das ist er!“ Sie drückte ihn wie ein Heiligtum.

„Es sind noch zwanzig Franken darin!“ fuhr der Kommissar fort, „und etwas Geld werden Sie ja wohl auch noch im Hause haben. An diesen Beutel dachte der Räuber wohl nicht.“

Madame Didier erfasste die beiden Hände des Kommissars. „Sagen Sie bitte, wie sieht er denn überhaupt aus? Mein Mann, meine ich? Wo befindet er sich? Kann ich ihn denn nicht sehen?“

„Wollen Sie ihn wirklich noch einmal sehen?“

„Ja, unbedingt, unbedingt, werter Herr Kommissar. Ich bitte Sie innig darum.“ Sie umklammerte seine Hände. Berreux erhob sich.

„Gut also, ich werde schon dafür Sorge tragen. Wir haben die Leiche beschlagnahmen müssen. Doch morgen geben wir sie wieder frei.“

Taxi 303

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