Читать книгу Alstermorde: 9 Hamburg Krimis - Hans-Jürgen Raben - Страница 12
2. Kapitel
ОглавлениеDer junge Mann öffnete vorsichtig die leicht quietschende Tür. Die Werkstatt war unverändert und sah genauso aus wie vor zehn Jahren. Alles war staubig. Die Werkzeuge für die Bearbeitung aller möglichen Materialien, die wenigen Möbel, die Werkbank, das Regal mit den Flaschen, in denen sich immer noch manch trübe Flüssigkeiten befanden, eine Töpferscheibe und vieles andere mehr.
Sein Blick fiel auf die zerbrochene Sandsteinplatte. Er glaubte immer noch den dunklen Fleck zu sehen, der vom Blut seines Vaters stammte. Die Platte lag noch immer ziemlich genau an der gleichen Stelle, an der der Mörder sie fallen ließ. Sie hatten damals die Polizei nicht gerufen. Seine Mutter hatte gesagt, dass eine solche Meldung nur Scherereien brächte. Der Polizei könne man nicht trauen. Damals hatte er noch nicht geahnt, dass der Grund für diese Vorsicht ein ganz anderer war: Niemand durfte diese Werkstatt sehen.
Heute wusste er, was sein Vater hier gemacht hatte.
Also hatte die Familie damals seinen toten Vater heimlich weggeschafft und ganz früh am nächsten Morgen in eine Grabkammer auf dem großen Friedhof gebracht. Anonym, wie es sich für einen guten Moslem gehörte. Der Nachbarschaft erzählte man, dass sein Vater an einer kurzen und schweren Krankheit verstorben sei.
In der Familie wurde nie wieder über den Vorfall gesprochen.
Bis jetzt!
Amir Al-Farad war jetzt einundzwanzig Jahre alt. Er lebte noch im Haus seiner Familie. Nach einer höheren Schule hatte er eine Ausbildung zum Goldschmied erfolgreich abgeschlossen. Gleich darauf hatte er sich bei einem bekannten Kairoer Juwelier um eine Stelle beworben – und sie auch bekommen. In drei Wochen würde er dort anfangen. Seine ganze Familie war stolz darauf, dass er jetzt einen Arbeitsplatz in einem angesehenen Geschäft besaß und endlich sein eigenes Geld verdiente.
Seine Mutter hatte bereits Andeutungen gemacht, dass es bald an der Zeit sei, eine Frau für ihn auszusuchen. Amir hatte noch kaum Erfahrungen mit Frauen gemacht, doch er war gut erzogen und wusste, dass man sie mit Respekt behandeln musste.
Doch gestern Abend hatte seine Mutter ein Gespräch unter vier Augen mit ihm geführt. Das war selten, denn normalerweise sprachen sie kaum allein miteinander. Der Inhalt dieses Gesprächs war der Grund für seine Anwesenheit in der Werkstatt, die er seit dem Tod seines Vaters nicht mehr betreten hatte. Niemand aus der Familie hatte das getan. Seine Mutter hatte den Schlüssel an sich genommen. Seitdem hing er an einer Kette um ihren Hals.
Gestern nun hatte sie die Kette abgenommen und ihm den alten und inzwischen leicht angerosteten Schlüssel überreicht. Dann hatte sie ihm erklärt, was sie und die Familie von ihm erwarteten. Amir hatte nur stumm genickt.
Er stand noch einige Minuten auf der Schwelle, bevor er einen Schritt in die Werkstatt hinein machte. Eine winzige Staubwolke wirbelte auf.
Auf der Töpferscheibe stand eine halbfertige Vase, schief und krumm geworden, als der weiche Ton in sich zusammensackte. Jetzt war das Material steinhart geworden und nicht mehr zu gebrauchen. Das würde wohl für die meisten Gegenstände in diesem Raum gelten.
Amir hob die beiden Teile der zerbrochenen Sandsteinplatte auf und stellte sie nebeneinander gegen die Wand. Sie war noch nicht bemalt worden, nur die Umrisse der Figuren waren bereits skizziert.
Achtzehnte Dynastie, dachte er unbewusst. Amarna-Periode, die Regierungszeit des Pharao Echnaton und seiner schönen Gemahlin Nofretete.
Sein Vater hatte diese Phase der altägyptischen Kunst besonders geschätzt. Die Replikate, die er angefertigt hatte, verkauften sich gut an Händler oder direkt an Touristen, die sich in diesen Teil der Altstadt verirrt hatten.
Seine Mutter hatte ihm viel über seinen Vater und dessen Interessen erzählt, und Amir hatte alles über die ägyptische Geschichte gelesen, was er in die Finger bekam. Inzwischen verstand er die Begeisterung seines Vaters.
Nun gut, er hatte auch Fälschungen hergestellt. Amir hatte kein Mitleid mit den Käufern dieser Stücke, für die sie viel Geld bezahlten. Sie waren selber schuld, wenn sie gierig danach griffen. Die Arbeit, die sein Vater in diese Objekte steckte, war nicht weniger wert als die des Künstlers vor einigen tausend Jahren.
Auch wenn Amir damals die Werkstatt nicht betreten durfte, so hatte ihm sein Vater dennoch einige Stücke gezeigt, die er hergestellt hatte. Und er hatte ihm Geschichten darüber erzählt, die der kleine Junge begierig aufgesogen hatte.
Jetzt durfte er die Werkstatt betreten, doch es war anders als früher. Er erinnerte sich, dass eines der Bretter, aus denen die Tür bestand, schon ein wenig morsch geworden war. Mit einem rostigen Nagel hatte Amir ein winziges Loch in das Holz gebohrt und sich manchmal, wenn seine Mutter den ganzen Tag mit der Wäsche beschäftigt war, zur Werkstatt geschlichen, um seinem Vater bei der Arbeit zuzusehen.
So war es auch an jenem Tag gewesen, als der fremde Mann aus dem Westen in der Werkstatt gewesen war. Amir hatte ihn früher schon gesehen, auch wenn er nicht wusste, was sein Vater mit diesem Mann zu schaffen hatte.
Die beiden Männer hatten sich gestritten. Da Amir nur sein Auge an die Tür pressen konnte, hatte er nicht hören können, was sie sagten. Sie unterhielten sich ohnehin in einer Sprache, die er nicht verstand. Erst viel später war ihm klar geworden, dass es sich um Englisch gehandelt hatte, das er inzwischen selbst ganz gut beherrschte.
Amir setzte sich auf den Hocker an der Werkbank, auf dem sein Vater immer gesessen hatte, wenn er arbeitete. Es war genau die Stelle, die er von der Tür aus sehen konnte.
Er fragte sich, ob er bei seiner Arbeit genauso erfolgreich sein würde wie sein Vater. Unbewusst schüttelte er den Kopf. Nein, das würde er nie schaffen.
Sein Blick blieb wieder an der Sandsteinplatte hängen, das letzte Werk seines Vaters. Unvollendet!
Amir bewunderte die Präzision, die sein Vater an den Tag gelegt hatte.
Dann war plötzlich das Unvorstellbare geschehen. Amir erinnerte sich, dass er damals tagelang kein Wort herausgebracht hatte. Noch heute hatte er das Bild seines blutüberströmten Vaters vor Augen, dessen Leben von einer Sekunde zur anderen brutal ausgelöscht worden war.
Dann schoss der Gedanke durch seinen Kopf, ob er diese Werkstatt wohl jemals wiedersehen würde. Es hatte keinen Sinn, darüber nachzudenken. Das lag einzig und allein in Allahs Hand.
*
Thekla Moosbacher trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Schreibunterlage und starrte auf den Bildschirm ihres Laptops.
Immer noch nichts!
Der Scheißkerl würde sie doch nicht betrügen wollen? Er hatte versprochen, sofort nach Erhalt der Ware zu bezahlen.
Es war ja schließlich nicht das erste Mal, dass sie mit diesem sogenannten Kunsthändler, wie er sich gern nannte, Geschäfte machte. Er war ein windiger Typ, das war ihr klar, doch wenn es um viel Geld ging, durfte man nicht zu genau hinschauen.
Ihr Blick glitt durch das große Zimmer und blieb an einem der Prachtstücke mitten im Raum hängen. Ein runder italienischer Tisch aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert mit einer Millefiori-Platte aus winzigen eingelegten farbigen Steinchen. Sie musterte die Vase, die darauf platziert war. Sie war noch viel wertvoller als der Tisch darunter. Die Trockenblumen, die darin arrangiert waren, wirkten äußerst dekorativ und machten das Ganze zu einem optischen Mittelpunkt des Raumes.
Immer wieder konnte sie die flache Kratervase des rot-figurigen Typs bewundern. Sie stammte aus dem Athen des sechsten vorchristlichen Jahrhunderts, der Blütezeit dieser Arbeiten. Auf der gewölbten Wandung waren mehrere tanzende Figuren in einer lebendigen Malweise zu sehen. Es war ein Stück, von dem sie sich nicht trennen wollte. Solche Originale waren selten geworden – und sehr teuer!
Ihr kleiner Schönheitsfehler war, dass sie aus einer Raubgrabung stammte und nach Deutschland eingeschmuggelt war.
Schön – sie hatte ihrem Hamburger Geschäftspartner die erlesene Antiquität versprochen, und ihm dann doch eine gut gemachte Fälschung geschickt. Leider war er nicht darauf hereingefallen. Sie musste sich entschuldigen und ihm das bereits bezahlte Geld zurückgeben. Das war ihr schwergefallen, denn von Geld trennte sie sich noch schwerer als von erstklassigen Antiquitäten.
Das war jedoch kein Grund, nun seinerseits eine Zahlung zurückzuhalten. Die etruskische Bronze, die sie ihm geschickt hatte, war schließlich ohne jeden Zweifel ein echtes Stück. Illegal ausgegraben – aber echt!
Thekla Moosbacher leitete die Abteilung für Antiken in einem Münchener Auktionshaus. Die Kunden schätzten sie für ihr Fachwissen, die Kollegen wegen ihrer Arroganz eher nicht. Letzteres war ihr völlig gleichgültig. Was für sie zählte, war einzig und allein das Geld.
Heute trug sie ein geblümtes Kleid über ihrer etwas plumpen Figur. Ein teurer Friseur in München und eine noch teurere Kosmetikerin sorgten dafür, dass sie mit ihrem Alter deutlich jenseits der fünfzig immer noch sehr jugendlich und attraktiv wirkte. Auf den Veranstaltungen der Münchener Schickeria war sie mit ihrem Mann ein gern gesehener Gast, zumal sie sich beim Spendieren von Kaviar, Champagner und Austern nicht lumpen ließ.
Sie tat das nicht ohne Grund, denn in diesen Kreisen fand sie ihre Kundschaft, die sich nicht darum scherte, ob eine Antiquität illegal war oder nicht. Außerdem hatten die meisten dieser Leute keine Ahnung von Kunst. Ihre Käufe dienten dazu, mit ihrem Geld zu protzen oder eine klassische Bildung vorzutäuschen. Thekla Moosbacher hatte nur Verachtung für diese Typen übrig, auch wenn sie sich nie etwas anmerken ließ.
Mit ihrem Mann bewohnte sie einen großzügigen Bungalow in Tutzing am Starnberger See, von dessen Terrasse aus sie einen unverbaubaren Blick über die Landschaft genossen. Die beiden Kinder waren schon lange aus dem Haus, sodass den Eltern jetzt eine große Wohnfläche zur Verfügung stand, die sich hervorragend eignete, um bemerkenswerte Partys zu veranstalten.
Nur wenige antike Stücke waren im Haus ausgestellt, alle ordnungsgemäß erworben, sodass keiner ihrer Besucher Verdacht schöpfen konnte. Zu ihren Gästen zählten schließlich auch wichtige Leute aus der regionalen Politik oder der Wirtschaft, Galeristen und Museumsleute.
In einem gut getarnten, begehbaren Wandschrank im Keller fand sich allerdings auf den Regalen manche illegale Antiquität aus Raubgrabungen oder Diebstählen. Vieles davon würde sich in der Sammlung eines Museums gut machen. Thekla war jedoch mit ihren Verkäufen sehr vorsichtig – nicht zu viel auf einmal, und nur an Leute, denen sie einigermaßen vertrauen konnte.
Thekla Moosbacher drehte den Kopf zu ihrem Mann, der am Fenster stand und die bodenlange Gardine ein Stück zur Seite geschoben hatte. Dort stand er gern und sah zum Starnberger See hinüber, der heute im Sonnenlicht hell glitzerte. Sie hatten das Haus vor fast zwanzig Jahren gekauft, zu einer Zeit, als sie es sich eigentlich gar nicht leisten konnten, doch die Lage mit der Sicht auf die riesige Wasserfläche hatte alle Bedenken hinweggefegt. Heute hätte Thekla mit ihren Einnahmen das Haus bar bezahlen können, und ihr Mann verdiente als Finanzberater auch nicht schlecht.
„Wir bekommen Besuch“, sagte er plötzlich leise.
„Ich habe keinen Termin gemacht.“
Josef Moosbacher seufzte und ließ die Gardine fallen. „Die brauchen keinen Termin.“
„Wie meinst du das?“
„Ich habe dir immer gesagt, dass es eines Tages passieren würde, und heute ist es so weit.“
Thekla wurde blass. „Die Polizei?“
Ihr Mann nickte. „Nicht nur, da ist noch ein Haufen anderer Leute. Sie sind nicht aus unserem Ort, die Autos tragen Münchener Kennzeichen.“
Entsetzt fuhr Thekla hoch und kreischte: „Die attische Vase!“
Er hob nur die Schultern. „Es ist zu spät.“
Es klingelte, und mit müden Schritten ging ihr Mann zur Haustür. Thekla Moosbacher sah sich um wie ein gehetztes Reh, doch dann wurde ihr klar, dass es keinen Sinn mehr hatte, jetzt noch etwas ändern zu wollen.
Sie sank wieder vor ihrem Computer zusammen. Auf dem Bildschirm hatte sich nichts verändert. Sie lachte kurz auf. Natürlich würde der Scheißkerl jetzt erst recht nicht zahlen. Er hatte sie aufs Kreuz gelegt, und sie hatte es nicht einmal kommen sehen.
Stimmengewirr drang vom Eingangsbereich an ihr Ohr, Sekunden später erschien der erste Besucher im Rahmen der Tür zum Salon, hinter ihm wurden weitere Personen sichtbar.
Josef stand hilflos im Türrahmen, während die ungebetenen Besucher an ihm vorbei hereinströmten.
Thekla schloss die geöffnete Datei, rollte auf ihrem Drehstuhl ein Stück zurück und sah mit unbewegtem Gesicht den leicht übergewichtigen Mann an, der sich vor ihr aufgebaut hatte und offensichtlich der Chef der Truppe war. Er war noch ziemlich jung, hatte ein gerötetes Gesicht und kurz geschnittene stoppelige Haare. Sein Anzug war zerknittert und überdies aus der Mode.
„Frau Thekla Moosbacher?“
Sie nickte nur.
„Mein Name ist Schulze. Ich bin vom Landeskriminalamt.“
Er zog einige Papiere aus seinem Sakko und entfaltete umständlich das oberste Blatt.
„Ich habe hier einen Durchsuchungsbeschluss für Ihr Haus.“
Er hielt es ihr vor die Nase und grinste. „Außerdem möchte ich Sie bitten, mit mir in die Behörde zu kommen, um einige Punkte zu besprechen.“
„Bin ich festgenommen?“
„Äh ... nein ... bisher nicht. Es ist nur eine Bitte.“
Seine Stimme wurde schärfer. „Es würde die ganze Sache allerdings erleichtern, wenn Sie dieser Bitte Folge leisten würden.“
„Na, schön“, erwiderte Thekla Moosbacher. „Ich komme mit. Was ist mit meinem Mann?“
Schulze furchte die Stirn und zog seine Papiere zurate.
„Davon steht hier nichts“, stellte er schließlich fest.
Er machte mit der rechten Hand eine kreisende Bewegung, und seine Truppe schwärmte aus. Schulze selbst hatte inzwischen die bemalte Vase auf dem runden Tisch entdeckt und ging auf sie zu. Er beugte sich vor, um sie genau zu mustern.
„Ein interessantes Stück“, sagte er schließlich. „Woher haben Sie es?“
„Aus einem der Andenkenläden in der Plaka. Das ist die Altstadt von Athen, ein Paradies für Touristen. Wir haben sie dort nach einem Besuch der Akropolis gekauft. Solche Kopien findet man dort zuhauf. Wir fanden die Vase dennoch ganz schön.“
„Am Rand ist ein kleines Stück herausgebrochen.“
„Deswegen war die Vase auch billiger, und wir haben sie trotzdem mitgenommen“, erklärte sie schlagfertig.
Schulze sah sie irritiert an, schien sich aber unsicher zu sein, was er von ihrer Antwort halten sollte.
Er ging um den Tisch herum. „Sieht ziemlich echt aus.“
Thekla hob die Schultern. „Sollte mich wundern.“
Der Mann gab seinen Rundgang auf. „Wir sehen uns erst mal das Haus an.“
„Was vermuten Sie denn zu finden?“
Schulze stellte sich vor sie hin, die Hände auf dem Rücken verschränkt. „Wir haben Hinweise bekommen, dass es in diesem Haus illegale antike Stücke geben soll, Schmuggelgut oder aus Raubgrabungen stammend. Da Sie vor einigen Jahren schon einmal wegen eines ähnlichen Vorfalls unser Interesse geweckt haben, wurde der anonyme Hinweis ernst genommen.“
Thekla erinnerte sich. Das hatte sie schon lange vergessen. Sie hatte mit einer gefälschten Herkunftsbezeichnung eine etruskische Bronzeschale über das Auktionshaus verkauft, jedoch nicht gewusst, dass dieses Stück nicht aus einer Raubgrabung, sondern aus einem Museumsdiebstahl in der Toskana stammte. Der Käufer hatte einen Riesenzirkus veranstaltet, als er seine Neuerwerbung im Register für gestohlenen Kunstgegenstände entdeckte. Thekla hatte sich nur mit Mühe herausreden können.
Es hatte selbstverständlich eine Untersuchung gegeben, und so war ihr Name in die polizeilichen Ermittlungsakten geraten.
Während die Polizeitruppe das Haus durchsuchte, richtete Schulze seine Aufmerksamkeit immer wieder auf die bemalte Vase. Sie schien ihn regelrecht zu faszinieren.
„Wir nehmen sie mit“, entschied er endlich. „Ich werde das Stück prüfen lassen, denn ich glaube, es ist ein Original.“
Thekla hob die Schultern. „Wie Sie meinen.“
Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich mit Unwissenheit herausreden konnte, und sie war sich sicher, dass es ihr auch diesmal gelingen würde. Ihre Hochachtung vor den polizeilichen Experten hielt sich in Grenzen.
Alle anderen Antiquitäten im Haus waren kein Problem. Sie waren bei Weitem nicht so wertvoll, und sie konnte Kaufbelege oder Herkunftsnachweise vorlegen. Nur wenn die Meute den getarnten kleinen Kellerraum entdeckte, wäre sie aufgeflogen. Die dort gelagerten Stücke konnte sie nicht erklären, jedenfalls nicht wahrheitsgemäß.
Sie knetete vor Nervosität unablässig die Finger, bis die Durchsuchung endlich vorüber war. Man hatte den versteckten Keller offensichtlich nicht gefunden. Thekla Moosbacher atmete erleichtert aus.
Der Mann vom Landeskriminalamt baute sich vor ihr auf. „Dann möchte ich Sie bitten, jetzt mit uns zu kommen.“
Die attische Vase war inzwischen nach draußen gebracht worden. Ihr Mann Josef stand an der Tür zum Wohnraum und beobachtete das Geschehen mit steinerner Miene.
Thekla blieb kurz vor ihm stehen, als sie dem Beamten folgte.
„Du musst nach Hamburg fahren und diesen Dreckskerl aufsuchen.“
„Diefenbach?“
Sie nickte. „Genau den. Er soll die Anzeige zurücknehmen.“
„Bist du sicher, dass er es war, der uns diesen Mist eingebrockt hat?“
„Ganz sicher. Ich wüsste nicht, wer sonst noch einen Grund hätte, uns so etwas anzutun. Rede mit ihm!“
„Gut. Ich fahre gleich morgen früh.“
„Am besten heute noch.“
Der Beamte zupfte an ihrem Ärmel, und sie folgte ihm nach draußen in die klare Luft am Starnberger See.