Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 122

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»Wacht endlich auf! Warum kommt ihr nicht zu euch? Ich weiß doch, dass ihr nicht tot seid!«

Irgendwo hinter einem dichten Nebelvorhang klang diese Stimme auf.

»Atlan, Chipol, Mrothyr!«

Der Nebel wurde ein wenig lichter, und die Stimme wurde zusehends lauter.

»Wacht auf. Ihr dürft nicht ewig bewusstlos bleiben. Löst euch aus dem unseligen Traum, der euch gefangen hält!«

Langsam schlug Atlan die Augen auf. Er blinzelte, und der Nebel verschwand endgültig. Der Arkonide erkannte die dunklen Schatten, die von den Sesseln und dem Bildschirm herrührten. Er wandte den Kopf. Sein Blick klärte sich. Er befand sich in der sechs Meter durchmessenden Kommandozentrale der STERNSCHNUPPE. Neben ihm in den Sesseln hingen Chipol und Mrothyr.

»So ist es gut«, verkündete die STERNSCHNUPPE. »Gleichmäßig und tief durchatmen. Ich weise dich darauf hin, dass die Atemluft im Augenblick einen erhöhten Sauerstoffanteil enthält. Dies bringt euch schneller auf Trab, führt jedoch dazu, dass ihr zur Euphorie neigt. Sobald deine beiden Begleiter ebenfalls erwacht sind, werde ich die sonst übliche Mischung wiederherstellen.«

»Schon gut«, flüsterte Atlan. Die Benommenheit wich schneller, je stärker er sich konzentrierte. Er bewegte Hände und Füße, dann Arme und Beine. Er atmete mehrmals tief durch.

»Positionsbestimmung!«, verlangte er. Der Bildschirm flammte auf, und das Schiff sagte:

»Entfernung zum Planetenmittelpunkt dreihundertvierzehn Millionen Kilometer!«

Ruckartig kam der Arkonide hoch. Der Bildschirm zeigte das Schwarz des interplanetaren Raumes. Rechts außerhalb des Erfassungsbereichs der Aufnahmeoptik leuchtete hell der Stern. Winzige Scheibchen deuteten auf die Planeten des Systems hin. In der Mitte des Bildschirms zitterte ein Lichtfleck, dessen Anblick Atlan kannte.

Das war Cirgro.

Sie hatten den Planeten also verlassen.

»Was ist geschehen?«, erkundigte er sich.

»Es sind mir nicht alle Fakten bekannt. Meine Beobachtungsmöglichkeiten auf der Planetenoberfläche waren erheblich eingeschränkt. Die Krelquotten brachten euch und setzten euch in die Sessel. Sie verließen mich und beförderten mich in eine hohe Umlaufbahn um Cirgro. Ich zog es danach vor, erst einmal ein paar Millionen Kilometer zwischen mich und diese Welt zu bringen.«

»Ist gut.« Atlan kannte die Vorbehalte des Schiffes gegen dieses Planetensystem. Die STERNSCHNUPPE hatte zu einem früheren Zeitpunkt schlechte Erfahrungen mit Cirgro gemacht. Sie war nicht sonderlich von dem Gedanken erbaut gewesen, sich diesem Planeten erneut nähern zu müssen. Dann war Chipols Unbehagen hinzugekommen, das sich zu rasch wachsender Angst entwickelte. Der Psi-Spürer war durchgebrannt, und die drei Gefährten hatten zum ersten Mal das Bewusstsein verloren. Als sie erwachten, hatte das Schiff auf der Oberfläche des Planeten gestanden.

Der Arkonide löste die Gurte, die ihn im Sessel hielten, und erhob sich. Er trat zu Chipol und beugte sich über ihn.

»Aklard wartet auf dich!«, sagte er. Der junge Daila zuckte zusammen und riss die Augen auf. Die hellblauen Augäpfel sahen wie Edelsteine aus.

»Wo?«, rief Chipol aus und kam in die Höhe. Die Gurte zogen ihn in den Sessel zurück. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wo er sich befand.

»Gib ihm einen Klaps auf die Nase«, dröhnte Mrothyrs Stimme durch den runden Raum. Der Zyrpher erhob sich und trat neben den Arkoniden. »Abgesehen von seiner Aversion gegen alles, was mit Psi zu tun hat, hat er auch noch Probleme, sich in der Wirklichkeit zurechtzufinden!«

»Angeber!« Chipol wollte nach Mrothyr fassen, aber dieser bog lachend seinen Oberkörper zurück.

»Jetzt im Ernst«, sagte er. »Es ist auf Cirgro nicht mit rechten Dingen zugegangen.«

Der Arkonide nickte. Sie hatten Aklard verlassen, um diesen Planeten anzufliegen. Da die Daila mit Hilfe der Glückssteine inzwischen in der Lage waren, sich das Neue Konzil einigermaßen vom Leib zu halten, war der Flug nach Cirgro notwendig geworden. Von hier stammten die Glückssteine, und es sprach alles dafür, dass auf dieser Welt gewaltige Psi-Kräfte im Spiel waren, die sich vielleicht gegen EVOLO verwenden ließen.

Unter diesem Gesichtspunkt war ihre Mission auf Cirgro alles andere als erfolgversprechend verlaufen. Sie hatten festgestellt, dass die Krelquotten tatsächlich über gewaltige Psi-Kräfte verfügten. Es war ihnen sogar gelungen, die Hyptons zu verjagen.

»Das letzte, woran ich mich erinnern kann, war, dass einer der Krelquotten mir einen Schlag gegen den Schädel versetzte. Ich verlor das Bewusstsein, und als ich für einen kurzen Augenblick zu mir kam, da befahl man mir, von Anima zu träumen. Dann verlor ich erneut das Bewusstsein«, sagte der Arkonide. »Aber warum Anima? Was wissen die Krelquotten von Anima?«

»Woher anders als aus unseren Gedanken!«, stellte Mrothyr fest. »Am liebsten würde ich zurückfliegen und diesen Kerlen zeigen, wo ihre Grenzen sind!«

»Es wird leider nicht möglich sein, zurück nach Cirgro zu fliegen«, teilte die STERNSCHNUPPE mit. »Ich weigere mich.«

Atlan hatte sich abgewendet. Seine Augen starrten eine der Kabinentüren an. Er blinzelte. In die Augen trat ein seltsamer Glanz. Sie leuchteten in der Erinnerung an frühere Dinge.

Anima!, stellte der Extrasinn fest. Ihre Gegenwart in Manam-Turu wird dir immer bewusster. Mache dir jedoch keine allzu großen Hoffnungen. EVOLOS Macht ist tödlich!

EVOLO, das stand fest, war gefährlicher als sein Schöpfer, der Erleuchtete. EVOLO hatte einen Teil der Pläne des Erleuchteten übernommen und einen Teil seiner Absichten. Um gegen ihn bestehen zu können, mussten sie über ein erhebliches Psi-Potenzial verfügen. Und da war Cirgro eine Enttäuschung für sie geworden. Mit den Krelquotten war nichts anzufangen.

»Berichte, Schiff«, verlangte Atlan. »Was hat sich in der Zeit unserer Bewusstlosigkeit ereignet?«

»Eine ganze Menge. Entschuldigt, wenn ich gewartet habe, bis ihr drei geistig wieder voll aufnahmefähig wart. Ihr hattet Besuch. Er hat dazu beigetragen, dass ich einen Teil eurer Fragen beantworten kann.«

»Wehe, du verheimlichst uns etwas!«, rief Mrothyr.

»Es entspricht den Tatsachen, dass einer von euch an Anima dachte. Die Krelquotten erfuhren, welche Fähigkeiten sie besitzt. Sie zwangen euch, von Anima zu träumen, und verstärkten eure Träume durch ihre Psi-Kräfte.

Und das Wunder geschah. Anima kam. Sie ...«

»Anima ist hier?«, schrie Atlan.

»Du regst dich auf, das ist nicht gut für dich«, sagte das Schiff. »Ich habe Verständnis dafür, doch lass mich erst meinen Bericht beenden. Anima wurde von den Krelquotten gezwungen, eine rätselhafte Seuche zu beseitigen. Sie heilte die Befallenen. Dann hatten die Krelquotten nichts Eiligeres zu tun, als euch loszuwerden. Sie schickten mich weg von Cirgro, und Anima und ihre beiden Begleiter Goman-Largo und Neithadl-Off folgten euch. Sie nähern sich mir und wollen mit euch in Verbindung treten. Ich habe sie bisher vertröstet. Seid ihr bereit?«

»Natürlich sind wir bereit!«, sagte Mrothyr.

Chipol trat zu Atlan. Der Arkonide rührte sich nicht, und der junge Daila legte ihm eine Hand auf die Schulter. Oft in der Vergangenheit hatten sie über Anima und Colemayn gesprochen und über die Celester. Damals auf Cairon hatte Atlan ihm die ersten Dinge über Alkordoom erzählt. Inzwischen wussten sie, dass der Erleuchtete nicht vor Atlan, sondern vor Anima geflohen war. Atlan hatte den vermeintlichen Tod seiner Orbiterin erlebt und sich darüber berichten lassen.

Und jetzt plötzlich ...

»Komm«, sagte Chipol leise. »Du wirst damit fertig!«

Atlan blickte ihn an. Seine Augen sonderten salziges Sekret ab wie immer, wenn er innerlich erregt war. Er fasste nach der Hand des Jungen und drückte sie.

Unkraut vergeht nicht, meldete sich der Extrasinn. Es muss eine lange Odyssee gewesen sein, bis sie deine Spur fand. Kannst du es verstehen? Kannst du es nachfühlen, welche Sehnsucht sie trieb?

»Ich versuche es«, flüsterte Atlan heiser. Er konnte es noch immer nicht fassen. Erst Colemayn, jetzt Anima.

Einst musste sie auf Hartmann vom Silberstern verzichten. Und dann auf dich. Du hattest sie geweckt und ihr die Erinnerung an ihren Auftrag zurückgegeben. Dir war sie dankbar, und solange sie keine Bestätigung für deinen Tod gehabt hätte, hätte sie immer nach dir gesucht. Ihr Leben lang. Denn sie ist deine Orbiterin!

»Gib mir endlich die Verbindung!«, sagte der Arkonide. »Spanne mich nicht länger auf die Folter!«

»STERNENSEGLER ruft STERNSCHNUPPE«, vernahm er eine freundliche, weiblich klingende Stimme mit einem knabenhaften Unterton.

*

Goman-Largo hatte sich in eine der Programmiernischen POSIMOLS zurückgezogen. Wieder und wieder rief er alle inzwischen gespeicherten Daten über die Glückssteine ab und die Angaben, die er selbst herausgefunden hatte. Der Modulmann benötigte ein wenig Zeit zum Nachdenken. Er war ein Tigganoi, der an der Zeitschule von Rhuf zum Spezialisten der Zeit ausgebildet worden war. Er hatte sich eine unbestimmbar lange Zeitspanne in Gefangenschaft befunden. In dieser Zeit in einem Stasisfeld war er nicht gealtert. Er ging davon aus, dass sein Volk und die Zeitschule nicht mehr existierten. Aber er hatte Spuren gefunden, die auf die Zeitchirurgen hinwiesen, deren Agenten einst seine Feinde gewesen waren. Mehr wusste er davon nicht. Seinen ursprünglichen Auftrag hatte er vergessen. Aber er hatte es sich zum aktuellen Ziel gesetzt, festzustellen, ob es die Agenten vom Orden der Zeitchirurgen noch gab.

Und er war auf die Spur seiner Zeitschule gestoßen. Angefangen hatte es auf Barquass. Er hatte in Gurays Schätzen einen ganzen Satz von seltsamen Kristallen gefunden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht gewusst, dass die Kristalle Glückssteine genannt wurden. Sie wiesen eine Besonderheit auf, die offensichtlich bisher niemand aufgefallen war. Die Kristalle erinnerten den Modulmann an die Produkte einer speziellen Technik, die bestimmte Materialien bis hinab in den atomaren Bereich manipulieren und verändern konnte. Die Erinnerung an diese Technik war nur vage, aber Goman-Largo war sich sicher, dass er auf seiner Zeitschule von dieser Technik erfahren hatte und dass man sie dort erlernte. Und er glaubte, dass dort diese Kristalle zu psionischen Speichern umfunktioniert wurden oder worden waren.

Wenn seine Vermutungen stimmten, dann bildeten diese Kristalle von Barquass den Beweis dafür, dass ein anderer Tigganoi, der Absolvent der Zeitschule war, in Manam-Turu tätig gewesen war oder vielleicht noch immer hier weilte.

Goman-Largo hatte nicht herausfinden können, woher Guray die Kristalle bekommen hatte. Er hatte es aber als sinnvoll im Rahmen seiner Suche und seines Ziels erkannt, einen der Kristalle an sich zu nehmen, und folglich hatte er es getan.

Dies war jedoch nur die Vorgeschichte gewesen. Auf Cirgro hatte er zusammen mit Neithadl-Off an den Gebäuden der Krelquottenstadt hässliche graue Flecken entdeckt. Eine nähere Untersuchung hatte gezeigt, dass dort Kristalle jener Art gesessen hatten, die er unter Gurays Schätzen gefunden hatte. Diese Kristalle hier jedoch waren ihrer speziellen Eigenschaft beraubt, sie waren ausgebrannt und nutzlos. Goman-Largo hatte erkannt, dass die Krelquotten die Kristalle dazu benutzt hatten, um ihre Psi-Kräfte auf einem ganz bestimmten, für sie angenehmen Niveau zu halten. Dieser Möglichkeit beraubt, entwickelten sie nun Kräfte, mit denen sie nicht umgehen konnten. Beobachtungen in und um die Stadt herum bestätigten das einwandfrei.

Für Goman-Largo ergaben sich aus seinen Beobachtungen brennende Fragen. Er erfuhr von der Erinnerung dieser Bewohner Cirgros, die auf ein schreckliches Unglück in der Vergangenheit hinwies, das sie einst ausgelöst hatten. Mehrere Welten waren ihm zum Opfer gefallen. Dies deutete darauf hin, dass die Krelquotten einst viel stärkere Fähigkeiten besessen hatten. Genaueres bekam er nicht heraus, aber er vermutete, dass diese Wesen deshalb so unruhig waren, weil sie befürchteten, die alte Zeit könnte plötzlich zurückkehren.

Die Krelquotten selbst besaßen keine Überlieferungen, die auf das Eingreifen eines Außenstehenden hindeuteten. Die Frage, ob ein Absolvent der Zeitschule den Krelquotten durch spezielle Kristalle geholfen hatte, blieb also unbeantwortbar.

Goman-Largo bewegte sich unruhig. Es war nicht einmal gesagt, dass seine Erinnerung tatsächlich richtig war. Es fehlten konkrete Informationen, und die Augen des Modulmanns begannen zu brennen, während er weiter angestrengt auf den Bildschirm sah. Er war sich ja nicht einmal über die Funktion der vielen Module im Klaren, die er in seinem Körper mit sich führte. Es handelte sich um zahllose winzige Funktionseinheiten, die biologisch gewachsen waren und technisch angewendet werden konnten. Diese Module waren genotronisch in der Zeitschule in seinen Körper eingesetzt worden, um ihm spezielle Fähigkeiten zu verleihen. Nur bei den Tigganois war ein solches gentechnisch-positronisches Verfahren möglich. Andere Lebewesen eigneten sich nicht dafür.

Der Aufbruch von Cirgro hatte in seine Absichten gepasst, zunächst einmal alle Informationen auszuwerten und nach Spuren oder Hinweisen zu suchen.

Er beugte sich ein wenig vor und schaltete die Datenbank POSIMOLS ab. Er hatte nichts gefunden, was ihm weiterhelfen konnte, und so richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das, was er am Rande mitbekommen hatte. Die STERNENSEGLER war der STERNSCHNUPPE gefolgt.

»Was des einen Segel, ist des anderen Schnuppe!«, klang die schrillend hohe Pfeifenstimme Neithadl-Offs hinter ihm auf. Er erhob sich und verließ die Nische.

»Was willst du damit sagen, holde Vigpanderin?«, erkundigte er sich höflich. »Ist es nicht egal, wie man ein Schiff nennt? Der Name ist ein emotionelles Ding und täuscht über die Funktionseinheiten hinweg. Bei unserem Schiff handelt es sich weder um ein Segelschiff noch um ein Raumschiff, das sich mit Hilfe eines Segels durch den Raum bewegt. Und was die STERNSCHNUPPE angeht ...«

»Anima ist ungeduldig«, klagte Neithadl-Off. »Sie bittet dich zu sich.«

»Anima?«, dehnte er und tat, als müsse er erst nachdenken, wer eigentlich damit gemeint sei. »Du willst mir zu verstehen geben, dass sie ihre Niedergeschlagenheit abgelegt hat, von der sie auf Barquass und auch teilweise auf Cirgro befallen war?«

»So ist es, mein Zeitritter«, säuselte der Diskant der Vigpanderin. »Wenn der hohe Absolvent sich herablassen würde, uns vor der Aufnahmekamera ein wenig Gesellschaft zu leisten?«

Der sechsbeinige »Metallrahmen« mit der graugrünen Hautbespannung setzte sich nach rückwärts in Bewegung, und Goman-Largo folgte der Parazeit-Historikerin hinauf in den Zentralraum und unter dem Torbogen hindurch zu den Flugkontrollen, wo Anima wartete. Sie besaß die Gestalt eines jungen Mädchens, und ihre beiden Gefährten wussten, dass es jene Gestalt war, die sie einst besessen hatte, bevor sie mit Hartmann vom Silberstern gegen Vergalo ausgezogen war.

»Wie wird er es auffassen?«, hörten der Tigganoi und die Vigpanderin Anima fragen. »Oh, vergessen hat er mich nicht. Ein Ritter der Tiefe kann seine Orbiterin nicht vergessen. Und ich würde es ihm nicht einmal übelnehmen, wenn er sich einen neuen Orbiter auserwählt hätte. Goman-Largo, was glaubst du? Welcher seiner beiden Begleiter könnte der Orbiter sein?«

»Nach all dem, was ich über deine Ritter inzwischen weiß, müssten beide seine Orbiter sein«, entgegnete der Modulmann. »Allerdings liegt die mathematische Wahrscheinlichkeit dieser Annahme unter fünfzig Prozent.«

Anima wandte den Kopf und sah ihn tadelnd an. Seine Antwort hatte sie nicht zufriedengestellt.

»Keine Sorge«, pfiff Neithadl-Off. »Wie ich ihn kenne, ist der Jüngling sein Orbiter!«

»Du tust, als würdest du ihn länger kennen als ich«, sagte Anima.

»Und du selbst? Was glaubst du?«, fragte die Vigpanderin.

»Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Aber wie Orbiter sehen sie eigentlich beide nicht aus. Eher wie alte Freunde!«

»Vergiss nicht, dass du sie nur schlafend gesehen hast«, warnte der Tigganoi.

»Dennoch«, beharrte Anima. »Du vergisst, dass eine Orbiterin ein ganz besonderes Verhältnis zu ihrem Ritter entwickelt. Sie bleibt auch über weite kosmische Entfernungen innerlich mit ihm verbunden. Ein klein wenig seiner Aura berührt sie, und sie trägt das Teil in sich und macht es zu ihrem Eigentum. Deshalb habe ich ja auch den Traum meines Ritters vernommen und verstanden, dass er sich in Not befand oder sich im Traum einbildete, in Not zu sein. Ich bin froh, dass ich ihn aus den Händen der Krelquotten befreien konnte.«

Sie hatte es dadurch getan, dass sie alle von körperlicher Mutation Befallenen geheilt und die Bewohner Cirgros von einem ihrer Probleme erlöst hatte.

»Die heilende Anima«, bestätigte Goman-Largo.

»Die fürchterliche Anima«, erwiderte das Mädchen. Es war ihr nicht entgangen, mit welchen Vorbehalten und welcher Scheu die Krelquotten ihr begegnet waren. Nach Abschluss ihrer Heilerfolge war sie schleunigst von Cirgro entfernt worden. Ihre Fähigkeit war den Krelquotten unheimlich gewesen, und sie hatte es ihnen nicht einmal übelnehmen können. Sie hatten sich gefragt, was geschehen könnte, wenn ein Wesen wie sie diese Fähigkeiten zum Nachteil anderer anwandte.

Ihre Gedanken kehrten in eine ferne Zeit zurück, als sie ein kleines Mädchen gewesen war, sie, die jüngste Tochter des Salzhändlers Ninnok. Sie hatte unter der Peitsche des alten Chatio zu leiden gehabt, und als es einmal sehr schlimm geworden war und sie instinktiv um ihr Leben gebangt hatte, da hatte sich ein roter Schleier vor ihre Augen gelegt, und als sie wieder bewusst sehen konnte, war von dem jähzornigen Chatio nichts als ein unförmiger Klumpen übriggeblieben.

Damals hatten die Priester ihr bescheinigt, dass ein Dämon in ihr wohnte, und sie war verbannt worden.

Nein, sie nahm es ihnen nicht übel. Jetzt nicht mehr, obwohl sie damals unter der Verbannung gelitten hatte. Sie wusste nicht einmal, ob es das Volk der Vardi noch gab, dem sie einmal angehört hatte. Und sie sagte spontan:

»Es ergeht mir wie dir, Goman-Largo. Ich weiß nichts über mein Volk. Aber ich kenne noch das Märchen, das mir die alte Frau aus der Höhle von Misan damals erzählte. Sie erzählte mir von Corloque, den man den Eroberer nannte. Corloque soll der letzte Held gewesen sein. Sagt dir der Name etwas?«

Goman-Largo dachte angestrengt nach. Er versuchte, seine Erinnerung zu aktivieren, aber es gelang ihm nicht.

»Ich bin noch keinem Agenten der Zeitchirurgen begegnet«, sagte er leise. »Deshalb weiß ich es nicht. Aber ich bilde mir ein, dass ich die Agenten an ihren Namen erkennen würde. Corloque, der Eroberer, wer kann das schon sagen. Märchen sind manchmal bewusst gewordene Träume!«

Anima richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Steueranlagen der STERNENSEGLER.

»STERNENSEGLER ruft STERNSCHNUPPE!«, sagte sie.

»Hier STERNSCHNUPPE«, kam die Antwort. »Du bist Anima. Atlan und seine beiden Begleiter erwachen soeben. Bitte gedulde dich noch ein wenig.«

*

»Anima! Endlich!«

Atlans Gesicht blickte ihr vom Bildschirm entgegen, und sie erwiderte sein Lächeln und hob die Hände zum Gruß.

»Mein Ritter!«, rief sie aus. »Deine Orbiterin kehrt zurück. Bist du bereit, mich erneut anzunehmen?«

Sie sah, wie der Arkonide schluckte. Sein Gesicht wurde ernst.

»Ich habe dich nie entlassen«, sagte er. »Und es ist nicht einmal eine Rückkehr zu mir. Tatsache ist, dass ich von den Kosmokraten aus Alkordoom entführt und nach Manam-Turu versetzt wurde. So gesehen, kehre ich zu dir zurück, Seele!«

»Und du hast deine Orbiterin nicht vergessen!«

»Nie hätte ich das gekonnt«, kam die Antwort.

»Aber du hast dir einen neuen Orbiter gesucht!«

»Nein!«

Anima wandte sich zur Seite.

»Da hört ihr es! Ich bin noch immer seine Orbiterin. Denn ein Ritter der Tiefe benötigt nur einen einzigen Orbiter, der ihm treu zur Seite steht und ihn beschützt!« Ein trauriger Ausdruck trat in ihr Gesicht. »Und wie habe ich es ihm gedankt. Ich konnte nicht verhindern, dass er verschwand. Und ich war nicht in der Lage, ihn rasch zu finden und ihm gegen seine Feinde beizustehen. Ich habe erneut versagt, wie ich damals versagt habe, als Hartmann mir zurief, ich solle ...«

»Schweig still!«, rief Atlan aus. »Es hat keinen Sinn, Trübsal zu blasen. Wir sind wieder vereint und sollten uns freuen!«

»So muss es sein«, sagte Goman-Largo. »Alles andere wäre unlogisch. Und wenn ich irgend etwas in der Zeitschule gelernt habe, dann muss es dies sein: Geschäftspartner sollen mit offenen Karten spielen!«

Atlan wandte den Kopf ein wenig, um den Tigganoi anzusehen.

»Du bist Goman-Largo«, stellte er fest. »Ich habe von dir gehört. Von dir und von Neithadl-Off. Ich traf den Roboter Traykon, der es mir berichtete. Von ihm erfuhr ich, dass du lebst, Anima!«

Die junge Vardi schwieg. Traurigkeit hatte sie befallen, und sie brachte es nicht fertig, sich aus dieser Stimmung zu lösen.

Sie berichtete, was sich auf Cirgro aus ihrer und ihrer Begleiter Sicht ereignet hatte. Sie schilderte, wie sie ihn und seine beiden Gefährten gesehen hatte. Und Goman-Largo berichtete nüchtern und wissenschaftlich, wie er das Verhalten der Krelquotten beurteilte.

»Es ist wissenschaftlich absolut erklärbar, warum diese Wesen so reagieren!«, schloss er.

Atlan nickte. Sie würden alles Weitere bereden, sobald sie sich gegenüberstanden. STERNSCHNUPPE und STERNENSEGLER glichen bereits ihre Geschwindigkeit an und verringerten ihren Abstand weiter.

»Die Krelquotten haben uns und euch eine Warnung mit auf den Weg gegeben«, ergriff wieder Anima das Wort. »Wir sollen Cirgro nicht mehr zu nahe kommen. Es sieht danach aus, als wolle sich dieses Volk auch in Zukunft von der Außenwelt isolieren.«

Die beiden Schiffe meldeten eine Fremdortung. Ein Raumer näherte sich dem Cirgro-System. Er besaß kleinere Ausmaße als die STERNSCHNUPPE oder die STERNENSEGLER. Er flog einen der Sektoren an, in dem es Schiffstrümmer in großer Zahl gab. Er beachtete die beiden Schiffe nicht und behielt seinen Kurs bei.

»Ein wenig sinnvolles Verhalten«, bemerkte Atlan über die Funkverbindung. »Unsere Passivortung spricht noch immer nicht an!«

»Jetzt gab es einen kurzen Kontakt«, erwiderte Goman-Largo. »POSIMOL maß das Auftreffen vom Impulsen!«

Auch die STERNSCHNUPPE hatte mit der Passivortung den Vorgang bemerkt.

Der Fremde nahm Reißaus. Er drehte ab und beschleunigte mit Vollschub.

Die Besatzungen der beiden Schiffe berieten kurz. Sie beschlossen, dem kleinen Raumer zu folgen, dessen Verhalten so auffällig war, dass es verdächtig wirkte. Der Arkonide wollte in Erfahrung bringen, wer sich an Bord aufhielt.

Das fremde Schiff erinnerte in seiner Form entfernt an eine Schildkröte ohne Gliedmaßen und mit ausgefahrenem Kopf. Es verfügte über keine besonders leistungsfähige Technik, und Atlan wies die STERNSCHNUPPE an, den Verfolgungsabstand langsam zu vergrößern. Er gab dem Fremden die Bezeichnung ENTE.

Die ENTE verließ das Cirgro-System. Sie änderte zweimal den Kurs und tauchte schließlich in das übergeordnete Kontinuum ein. Es bereitete der STERNSCHNUPPE keine Schwierigkeit, ihre Spur zu verfolgen, und die STERNENSEGLER flog alle Manöver simultan.

Atlan ließ mehrere Manöver fliegen, um die ENTE zu testen. Auf dem fremden Raumer schien man an keinerlei Kontakt interessiert. Die Reichweite seiner Ortungsanlagen reichte nicht über drei Lichtminuten hinaus, und nach einer halben Stunde ließ der Arkonide die beiden Schiffe zurückfallen und zur Seite abdrehen. Sie näherten sich wieder dem Cirgro-System.

Die ENTE setzte ihre Flucht fort, und sie verschwand irgendwann von den Skalen der Ortungsanlagen. Sie hatte den Kurs geändert, und dann tauchte sie unvermutet zwischen den äußeren Planeten des Systems auf.

»Es ist so, wie ich es vermutet habe«, sagte Atlan. »Wir sollten sie uns vorknöpfen. Sie wollen etwas hier.«

Sie beobachteten, wie die Fremden sich Cirgro näherten, sich es dann anders überlegten und einen unmittelbaren Nachbarplaneten ansteuerten. Atlan folgte ihnen in sicherem Abstand, so dass sie seine Anwesenheit nicht erahnen konnten.

Die ENTE landete auf dem Nachbarplaneten, und nichts deutete darauf hin, dass sie so schnell wieder starten würde. Atlan beriet sich mit seinen beiden Begleitern und sprach mit Anima, Goman-Largo und Neithadl-Off. Der Tigganoi konnte sich zu keiner Entscheidung durchringen und überließ diese Anima. Und die Orbiterin nahm den Vorschlag ihres Ritters an. Sie stimmte mit ihm in der Beurteilung der Lage überein. Wer auch immer die Fremden waren, im Gegensatz zu allen anderen raumfahrenden Völkern in der kosmischen Umgebung Cirgros schienen sie wenig Respekt vor den Vorgängen zu besitzen, die sich um den Planeten der Krelquotten abgespielt hatten.

Atlan entwickelte einen Plan, um einen Kontakt zu den scheuen Astronauten der ENTE herzustellen. Und dieser Plan wurde auch sofort in die Tat umgesetzt.

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)

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