Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 129

9.

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Plötzlich war da die Stimme im Funkgerät. Es war Mrothyrs Stimme, und der Arkonide lauschte angestrengt.

»Hilfe!«, verstand er die leisen Worte. »So helft mir doch!«

»Mrothyr, ich komme!«, schrie er. »Halte aus. Wo bist du?«

Ein Zischen und Kreischen kam aus den Lautsprechern, dann verstummte die Antwort des Zyrphers.

»Loch ... Sternkreis ... Ungeheuer ...«

»Mrothyr, bleibe auf Sendung, ich peile dich an!«

Hastig justierte der Arkonide das Ortungsgerät. Er drehte den Körper im Flug und versuchte, an der Stärke der Peilimpulse zu erkennen, aus welcher Richtung das deutlichste Echo kam. Dort musste sich Mrothyr befinden.

Der Zyrpher gab keine Antwort mehr, die Peilung ergab nur ungenau einen Anhaltspunkt. Atlan wandte sich mehr nach Südosten.

»Mrothyr, verdammt«, rief er in das Mikrofon des geschlossenen Helmes. »Kannst du dich noch melden?«

Anima mischte sich ein. An Bord der STERNENSEGLER verfolgte man mit, was da los war. Kurz darauf geriet der Arkonide jedoch in einen Staubwirbel, und von da an war die Funkverbindung unterbrochen oder zumindest so gestört, dass keine sinnvolle Verständigung mehr möglich war.

»Mrothyr!«, versuchte er es wieder.

Ein Ächzen war die Antwort, und die neue Peilung ergab, dass die Flugrichtung in etwa stimmte.

»Mach das nochmals!«, rief Atlan. »Gleich bin ich bei dir!«

Er zermarterte sich vergeblich das Gehirn, wieso der Zyrpher sich bisher nicht gemeldet hatte. War sein Funkgerät defekt, so dass es nur noch über eine eingeschränkte Sendeleistung verfügte?

Für wenige Augenblicke riss der Himmel über der endlosen Ebene auf. Sonnenstrahlen fraßen sich in das Halbdunkel und bildeten ein wirres Muster aus hellen Linien und dunklen Schatten. Der Arkonide kniff die Augen zusammen.

Dort vorn, der Schatten, war das das Ziel? Fand er dort Mrothyr?

Die Unberechenbarkeit des Planeten Orgro entfaltete sich gerade in diesen hektischen Minuten der Suche nach dem vermissten Gefährten.

»Hilf...«, kam nochmals die Stimme, diesmal lauter und deutlicher.

»Bin schon da!«, versicherte Atlan. »Durchhalten, Mrothyr. Du hast schon ganz andere Dinge ausgehalten!«

Er versuchte, die STERNENSEGLER oder die STERNSCHNUPPE zu erreichen, aber beide Schiffe meldeten sich nicht. Schuld war der Sandsturm, der sich über der Ebene bildete. Der Himmel verfinsterte sich übergangslos, und es wurde beinahe stockdunkel. Es lag diesmal nicht an einer Staubwolke, die durch die Hochatmosphäre trieb, sondern an einer Sandfontäne, die über dem Boden aufwuchs und rasch mehrere hundert Meter emporwanderte. Sie kam immer näher und holte Atlan ein. Der Wind schob sie vor sich her, und der Arkonide verlor von einer Sekunde auf die andere die Orientierung. Um ihn herum war nur noch mehliger Sand, und der Sturm, der ihn trieb, riss an dem Einsatzanzug und ließ das Triebwerk auf dem Rücken heißlaufen. Atlan schaltete es ab. Er stürzte drei, vier Meter in die Tiefe, aber da fing ihn die Gewalt des Sturmes auf und riss ihn mit sich. Hilflos bewegte er sich hin und her. In seinem Funkempfänger herrschte endgültige Stille, und er bedeckte mit den Handschuhen den Helm, um das nervtötende Prasseln kleiner Sandkörner zu vermindern.

Wieder ein Ächzen und Stöhnen, ein unterdrückter Aufschrei. Diesmal vernahm er es trotz des Sturmes und des Sandes ganz deutlich.

»Mrothyr, ich bin im Sandsturm. Ich komme!«

Ein dunkler Schatten glitt unter ihm vorbei. Er verschwand seitlich hinter ihm, dann tauchte er vorn wieder auf. Fliehkräfte zerrten an dem Einsatzanzug, und Atlan zog die Beine an und umfasste sie mit den Armen. Er beugte den Kopf im Helm ein wenig vor, bis die Sichtscheibe an die Brust stieß. Seiner Schätzung nach befand er sich etwa sieben Meter über der Oberfläche des Planeten. Er begriff, dass er in einem Wirbel steckte, der ihn hin und her riss, von einer Seite auf die andere drehte und ihn nicht losließ, wenn er nicht wenigstens den Versuch einer Befreiung machte.

Hastig streckte er seinen Körper und schaltete das Flugaggregat auf maximale Leistung. In rechtem Winkel zu seiner Bewegungsrichtung schoss er davon. Er breitete die Arme aus und machte den Körper so steif wie möglich.

Es war, als prallte er gegen eine unsichtbare Wand. Die Kräfte seines Tornisters kämpften gegen die Kräfte der Natur dieses Planeten. Und sie gewannen, weil der Staubwirbel an dieser Stelle eine Schwachstelle besaß. Der geschützte Körper brach durch und befand sich im nächsten Moment außerhalb des Wirbeltrichters. Er wurde eine Strecke mitgerissen, dann hatte er die starken Fliehkräfte überwunden und entfernte sich nach rückwärts von der Staubwand, die über die Ebene raste.

Das Schauspiel der Natur war einmalig. Die Wand bildete in regelmäßigen Abständen solche Wirbel, und es sah aus, als würde ein künstliches Objekt mit eingelagerten, senkrecht stehenden Schläuchen mit hoher Geschwindigkeit über die Ebene rasen.

»Mrothyr!«, ächzte Atlan.

Er erhielt keine Antwort mehr. An der Bewegungsrichtung der Staubwand orientierte der Arkonide sich. Er flog entgegengesetzt, und nach kurzer Zeit fand er jenen dunklen Schatten wieder. Viel war nicht davon übrig. Der Sand hatte einen Wall aufgeschüttet, aber dennoch konnte Atlan die elf Felsspitzen ausmachen. Und er sah das Loch, das von einer bepelzten Kugel verdeckt wurde.

Atlan landete und zog den Strahler aus dem Gürtel. Er entsicherte ihn und trat an das Loch.

»Mrothyr, bist du das drinnen?«, fragte er über den Außenlautsprecher.

Dumpfes Gemurmel war die Antwort. Der Pelz wackelte. Atlan erkannte, dass es sich um den Kopf des Zyrphers handelte.

»Es hat mich gepackt«, hörte er Mrothyr flüstern. »Es ist eine riesige Spinne. Das Ungeheuer lässt mich nicht mehr los!«

Im nächsten Augenblick verschwand der Kopf. Atlan hörte den dumpfen Laut, als Mrothyrs Schädel gegen den Felsen stieß. Er beugte sich über die Öffnung und schaltete den Helmscheinwerfer ein. Kopfüber ließ er sich fallen und aktivierte den Antigrav. Er sank nach unten. Im grellen Licht der Lampe erblickte er das Untier. Es war eine dieser riesigen Spinnen, mit denen Chipol und er bereits Bekanntschaft gemacht hatten. Lange Tentakel umklammerten Mrothyr, der sich wand und doch nicht freikam.

»Das haben wir gleich!«, zischte der Arkonide. Er schoss, aber der Strahl verfehlte sein Ziel. Etwas hatte seinen Helm getroffen und die Lampe zum Erlöschen gebracht. Nochmals löste Atlan die Waffe aus, und diesmal traf er. Irgendwo krachte es, dann blubberte eine Flüssigkeit hinab zum Boden der Höhlung.

Atlan richtete die Waffe nach oben. Er schoss erneut. Er achtete nicht darauf, dass irgendwo flüssiges Gestein hinabtropfte. Er wollte sehen, wo Mrothyr sich befand. Die Tentakel des Ungeheuers waren verschwunden, der Zyrpher auch.

»Ich bin hier!«, hörte Atlan die Stimme hinter sich. Er wandte den Kopf, aber da traf ihn ein Schlag und warf ihn herum. Ein kräftiger Arm griff nach seinem Antigravgürtel und riss den Verschluss auf. Der Gürtel wurde weggezogen, und Atlan stürzte nach unten. Er verlor den Strahler, dann prallte er auch schon auf.

»Mrothyr, was ist los?«, schrie er. »Was soll das?«

»Du bist ein Dummkopf«, kam die Antwort aus der Höhe. »Du bist mir in die Falle gegangen. Oder glaubst du, ich hätte mich freiwillig von diesem Ungetüm fangen lassen? Willkommen in der Unterwelt, du Beauftragter der Kosmokraten!«

Der Arkonide reagierte bereits. Mrothyr war dort oben an der Öffnung, wo matter Lichtschein hereindrang. Unter dem Rücken des Unsterblichen regte sich die Riesenspinne. Etwas tastete an seinem linken Bein, und er zog es hastig an sich. Er war auf den Rücken der Spinne gestürzt.

Vorsicht! Mrothyr plant etwas!, warnte der Extrasinn. Er hat etwas mit dir vor!

»Wer bist du?«, schrie Atlan hinauf. »Mrothyr, komm zu dir!«

»Ich bin bei vollem Bewusstsein«, kam die Antwort. »Du aber wirst bald dein Bewusstsein verlieren. Du Köder!«

Köder wofür? Mrothyr musste den Verstand verloren haben. Anders war es nicht möglich. Vielleicht hatte die Spinne ihm ein Gift in die Blutbahnen gebracht, das seinen Verstand verwirrte.

Es konnte keine andere Möglichkeit geben. Oder doch? Hatte Soray gelogen? Waren die Tessaler schuld an dem, was sich hier abspielte? Nein, es war unlogisch. Die Fremden hatten kein Interesse daran, lästige Konkurrenten loszuwerden. Es ging um nichts, denn Cirgro war nicht erreichbar.

»Mrothyr«, versuchte er es nochmals, aber der Zyrpher gab keine Antwort. Er hing dort oben, und kurz darauf flammte ein Licht auf und leuchtete das Loch aus.

»Ich will es genießen«, verkündete Mrothyr. Gleichzeitig schüttelte sich die Spinne, und Atlan glitt von ihrem Rücken zum Boden hinab. Er kam auf den Füßen auf und warf sich sofort zur Seite. Seine Augen gewöhnten sich an das Halbdunkel zwischen Licht und Schatten. Die Spinne wuchtete ihren Körper herum, der für die Höhlung fast zu groß war. Atlan entdeckte einen Gang, der aus dem Loch hinausführte, und schob sich hastig hinein. Er sah etwas glitzern und bückte sich hastig. Es war sein Strahler. Er vergewisserte sich, dass die Waffe einsatzbereit war. Er hob den Arm und schoss.

»Du bist ein Spielverderber«, klang die Stimme Mrothyrs auf. »Warum lässt du sie nicht an dich heran? Ich passe schon auf, dass sie dich nicht tötet. Sie wird dich ein bisschen verwunden, leicht oder schwer, das ist egal. Aber warum willst du, dass ich alles selbst tue?«

Die Spinne wurde in der Leibesmitte getroffen. Ein Kreischen klang auf, und Atlan hörte dieses Geräusch wieder, das an ein Kichern erinnerte. Und dann schrie die Spinne. Atlan wich alarmiert weiter zurück. Er spürte instinktiv, dass es ein Schrei im Todeskampf war, und er sah auch die Ursache dafür.

Mrothyr hatte sich herabfallen lassen. Er landete auf dem Kopf der Spinne. Atlan sah, wie er zweimal mit beiden Armen zuschlug. Das Tier brach auseinander, und ein übler Gestank machte sich in der Höhlung breit, dem der Arkonide dadurch entging, dass er die Außenversorgung des Atemluftsystems abschaltete und die interne Versorgung in Anspruch nahm.

»Du wolltest es so haben!« Mrothyr kam auf Atlan zu. Seine Haltung war drohend.

»Schieß!«, verlangte der Zyrpher. »Versuche, mich zu töten! Es wird dir nicht gelingen!«

»Mrothyr, komm zu dir!«, sagte der Arkonide eindringlich. »Ich bin es, Atlan! Wir sind Freunde und Gefährten. Erinnerst du dich nicht?«

»Und wie ich mich erinnere. An jede Einzelheit erinnere ich mich. Du hast Recht. Ich bin Mrothyr. Du kannst es mir glauben. Aber ich bin ein anderer, seit ich für kurze Zeit von Aklard verschwand. Hast du das Märchen mit Zyrph wirklich geglaubt? Ich bin zu einem wesentlich bedeutenderen Wesen geworden!«

Spätestens jetzt begriff der Arkonide, dass Mrothyrs Veränderung nichts mit der Spinne zu tun haben konnte. Er musste an jene Ereignisse auf Aklard denken. Und es gab nur eine einzige Erklärung dafür. Aber er wollte sie aus dem Mund des Zyrphers selbst hören.

»Ich weiß nicht, was sich da abgespielt hat«, antwortete er. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du nicht mehr weißt, dass wir Freunde waren und für die gute Sache eingetreten sind. Hast du vergessen, wie alles anfing? Wie wir uns zum ersten Mal begegneten?«

»O nein!« Mrothyr lachte hässlich. »Ich habe es nicht vergessen. In mir ist etwas, was sich sehr gut daran erinnert. Es tobt vor Schmerz und ist dem Wahnsinn nahe. Wenn es aufhört zu existieren, ist es nicht schade darum. Es ist das Bewusstsein des Zyrphers Mrothyr, von dem ich spreche. Atlan, es ist mir eine Genugtuung, dir endlich gegenüber zu stehen. Bald werde ich in Manam-Turu keine Gegner mehr haben.«

»Wer bist du?«, schrie der Arkonide mit sich überschlagender Stimme. »Und was willst du?«

»Ich will nicht etwas, sondern jemanden. Ich will dich und Anima. Ihr beide werdet gemeinsam sterben. Denn nur euer gemeinsamer Tod kann mich zufriedenstellen!«

Atlan war es, als hätte ihn jemand zuerst in heißes und dann in eiskaltes Wasser getaucht.

»Ich bin EVOLO«, sagte Mrothyr und lachte laut. »Ein Teil EVOLOS. Sein bester Teil. Ich habe einen Auftrag, und kein Wesen wird mich hindern, diesen Auftrag auszuführen!«

Atlan sah die Arme des Zyrphers nach vorn schießen. Er reagierte reflexhaft, aber viel zu langsam. Er duckte sich, und Mrothyrs Hände trafen ihn seitlich am Hals. Der Arkonide stieß die Luft aus und verlor das Bewusstsein.

*

Mrothyr ließ den Bewusstlosen liegen. Er nahm lediglich den Antigravgürtel mit hinauf. Er warf ihn irgendwo in den Sand und vergewisserte sich, dass er keine verräterischen Spuren hinterlassen hatte. Er ging ein paar Schritte zu Fuß, dann schaltete er sein Triebwerk ein und flog gemächlich in Richtung der STERNENSEGLER davon. Er hatte Atlan die restliche Ausrüstung gelassen, denn der Bewusstlose konnte nichts mit ihr anfangen.

Nichts konnte mehr schiefgehen. Der Plan war perfekt.

Mrothyr entdeckte einen Blutspritzer am rechten Unterarm. Er landete und wischte ihn mit Sand weg. Dann stieg er wieder auf und setzte den Flug mit erhöhter Geschwindigkeit fort. Er arbeitete an dem Funkgerät, und nach einer Weile gab er den ersten Funkspruch durch. Die Verbindung war noch verzerrt, aber sie konnten immerhin verstehen, dass er sich auf dem Weg zum Schiff befand.

Der Zyrpher schaltete sein Gerät aus. Sollten sie ruhig ein wenig schmoren. Er hatte Atlan mit keinem Wort erwähnt, oder sie hatten den Eindruck erhalten, dass sie seine Worte über Atlan nicht hatten empfangen können, weil der Empfang gestört war.

Egal wie, sie würden unruhig sein.

Eine halbe Stunde flog er dahin. Er machte einen weiten Bogen nach Norden. Seine Gedanken beschäftigten sich mit dem Arkoniden. Er würde stundenlang bewusstlos bleiben, denn die beiden Handkantenschläge hatten ihn hart am Hals getroffen.

Mrothyr korrigierte den Kurs. Es sah nun aus, als käme er direkt von Osten. Er aktivierte den Funk und meldete sich klar und deutlich. Die Verbindung war in Ordnung.

»Anima muss sofort mit mir kommen«, stieß er hervor. »Hölle über Orgro, dass die Sandstürme jeden Funkverkehr erschweren. Atlan ist von einer der Riesenspinnen erfasst und schwer verletzt worden. Anima muss sofort helfen!«

»Atlan verletzt?«, schrie Anima auf. »Lasst mich weg. Ich muss sofort zu ihm!«

»In Ordnung«, klang die Stimme Goman-Largos auf. »Aber Mrothyr soll zunächst einmal an Bord kommen!«

Die beiden Schiffe tauchten in der Ferne auf. Mrothyr raste auf sie zu. Er wunderte sich, dass sich an der STERNENSEGLER keine Schleuse öffnete.

»Was ist?«, schrie er. »Schlaft ihr? Wir dürfen keine Zeit verlieren!«

»Wirklich nicht«, rief Chipol. »Wir sind in der STERNSCHNUPPE. Du musst die Bodenschleuse benutzen!«

Mrothyr erkannte, dass sein Plan eine geringfügige Veränderung erfuhr. Er konnte es wahrscheinlich nicht verhindern, dass die STERNSCHNUPPE sofort den Ort des Geschehens anflog. Sie konnte nicht in die Höhlung eindringen, aber Anima würde nicht allein zu dem Verletzten vorstoßen. Es ließ sich jedoch arrangieren, dass sie es als erste tat. Das reichte. Mehr als eine Person konnte sowieso nicht durch die Öffnung absteigen. Erst wenn das Loch frei war, konnte die nächste folgen. Dieser Zeitraum genügte.

Mrothyr wusste, dass damit seine eigene Existenz auch dem Ende entgegenging. Sein Auftrag sah nicht vor, auch die anderen zu töten. Und er hatte keine Lust, sich gegen sie zu wehren, wenn sie sahen, was er angerichtet hatte.

Das Bewusstsein in ihm drohte endgültig überzuschnappen, und er verlachte es. Was bedeutete ihm schon dessen Existenz? Gar nichts!

Er erreichte die Bodenschleuse und schaltete das Flugaggregat aus. Er stürmte in den Antigrav und ließ sich nach oben in die Zentrale tragen.

Die Zentrale war leer.

Mrothyrs Gedanken begannen sich zu beschleunigen. Er warf sich herum. Ein Fesselfeld griff nach ihm, und das Schiff verkündete:

»Dein Spiel ist aus, Zyrpher.«

Auf dem Bildschirm sah er, wie die STERNSCHNUPPE abhob und nach Osten raste. Anima meldete sich von der Bodenschleuse und forderte das Schiff auf, sich zu beeilen.

Mrothyr wand sich in dem Feld. Es verstärkte seine Energie, und er konnte sich überhaupt nicht mehr rühren. Die Türen der angrenzenden Kabinen öffneten sich. Goman-Largo, Neithadl-Off und Chipol traten heraus und blieben in der Nähe der Wandung der kreisförmigen Zentrale stehen.

»So also sieht ein potentieller Mörder aus«, stellte der junge Daila fest. In seiner Stimme mischten sich Zorn und Unglaube. »Wenn ich nicht wüsste, dass EVOLO dich verseucht hat, würde ich denken, du hast den Verstand verloren!«

Mrothyr war kein gewöhnliches Lebewesen mehr. Er schluckte die Vorwürfe hinunter, ohne dass es ihm etwas ausmachte. Er begriff, dass etwas nicht so war, wie es hätte sein sollen. Der unfehlbare Plan enthielt einen Fehler.

Er überlegte, aber er kam nicht darauf. Die STERNSCHNUPPE landete bei dem Loch, und Anima stürmte hinaus. Chipol folgte ihr jetzt, und der Zyrpher blieb mit Goman-Largo und Neithadl-Off allein.

»Lasst mit euch reden«, sagte er, um von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken. »Was geht euch das Schicksal von Atlan und Anima an. Ihr seid falsch in Manam-Turu. Fliegt mit eurem Schiff weiter und lasst uns in Ruhe!«

»Du hast einen Fehler gemacht, EVOLO-Geschöpf«, sagte der Tigganoi unberührt. »Du hast den Zellaktivator vergessen, den Atlan trägt. Er macht ihn zu einem Unsterblichen. Der Zellaktivator hat bewirkt, dass er früher aus der Bewusstlosigkeit erwachte, als du vermuten konntest. Er ist schwer verletzt, aber immerhin hat er es geschafft, mit dem Strahler als Rückstoßaggregat das Loch zu verlassen und einen Funkspruch abzusenden, der auch bei uns ankam. Wir waren vorgewarnt, bevor du uns erreicht hattest. Du warst lange unterwegs!«

Mrothyr handelte. Ein Aufschrei in seinem Innern begleitete sein Vorhaben. Psionische Fragmente EVOLOS verließen den verseuchten Körper und rasten durch das Fesselfeld auf die beiden ungleichen Wesen zu. Die Hautbespannung der Vigpanderin begann ein wenig zu zittern, und Goman-Largo verzog das Gesicht. Hätte Mrothyr den Tigganoi besser gekannt, dann hätte er gewusst, dass es ein Ausdruck der Geringschätzung war.

Dann jedoch wurde das Gesicht starr vor Staunen.

»Psionischer Angriff«, stellte er fest. Und Neithadl-Off pfiff in ihrer schrillen, hohen Stimmlage: »Es gibt sehr viele Fliegen hier auf Orgro. Wie viele willst du mit einer Klappe schlagen, Mrothyr?«

Mrothyr wusste nicht, was der Spruch bedeuten sollte. Er konzentrierte sich ganz auf sein Vorhaben. Es war einen Versuch wert, und wenn wenigstens eines der beiden Wesen psi-begabt war, dann musste der Erfolg innerhalb kürzester Zeit eintreten. Gespannt wartete der Zyrpher.

Etwas Seltsames geschah. Mrothyr sah einen Schatten, und dann durchfuhr Schmerz seinen Körper. Es handelte sich um einen Rückkopplungseffekt zwischen den abgestoßenen Psi-Fragmenten und denen des Körpers, der sich aus einer amorphen Masse herausgebildet hatte. Mrothyr spürte, wie die ausgesandten Fragmente zu existieren aufhörten, und das Lachen Goman-Largos brachte ihn völlig aus dem Gleichgewicht. Er bildete sich ein, dass am Körper des Tigganois etwas fehlte, aber es konnte sich nur um Einbildung handeln. Erneut entließ er Fragmente aus dem Körper, und wieder war da ein Huschen wie von einem winzigen Gebilde. Mrothyr gab es auf, die beiden Wesen mit EVOLOS Ablegern verseuchen zu wollen. Hilflos hing er in dem Fesselfeld, und er wusste, dass er nur entkommen konnte, wenn er seinen Körper völlig in die atomaren Teile auflöste. Das bedeutete, dass auch das eingesperrte Bewusstsein frei wurde. Es würde sich zerstreuen, und damit würde die Voraussetzung verloren sein, dass der Körper jemals wieder die Gestalt Mrothyrs annehmen konnte.

Parapsychische Rückkopplung hieß der Effekt, der den Zusammenhang erklärte und dafür verantwortlich war, dass EVOLO Mrothyrs Bewusstsein nicht einfach getötet hatte.

Der Schatten verschwand, und Goman-Largos Körper besaß keine Andeutung einer Veränderung mehr.

»Du hast vergessen, dass ich der Modulmann bin«, sagte er. »Es gibt Dinge, die in meinen Körper integriert sind, deren Funktion ich nicht kenne und deren Steuerung sich meiner Kontrolle entzieht. Mein Unterbewusstsein muss soeben einen Teil der verschütteten Erinnerung freigegeben haben, ohne dass es mir bewusst wird.«

»Du bist ohnehin ein Held, dass es durch alle Galaxien schallt«, spottete Neithadl-Off, ohne den Zyrpher weiter zu beachten. »Komm, wir wollen Anima helfen!«

*

Die STERNSCHNUPPE projizierte einen schwachen Traktorstrahl. Der Arkonide hing dicht über dem Boden in einem Schutzschirm, der ihn gegen den Sand schützte, den der Wind ohne Unterlass über die Ebene blies.

»Dieser Verbrecher!«, stöhnte Chipol, als er den Arkoniden sah. Atlan war wieder bewusstlos geworden. Er blutete aus einer breiten Wunde an der Schulter. Auch die linke Hüfte war verletzt, und am rechten Oberschenkel klaffte die Muskulatur weit auseinander.

Anima stand hilflos vor dem Körper ihres Ritters. Sie wurde von einem Weinkrampf geschüttelt, und sie schloss immer wieder die Augen. Dann aber wandte sie sich zu dem jungen Daila um.

»Verschwinde!«, schrie sie ihn an. »Ich muss allein sein. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du dumme Bemerkungen machst!«

Wortlos verschwand Chipol in der Bodenschleuse. Anima heftete ihre Augen auf den reglosen Körper. Atlan schlug wieder die Augen auf, und seine Brust hob sich deutlicher, als er sie erkannte.

»Anima!«, hauchte er. »Du bist gekommen. Wo ist Mrothyr?«

»Du brauchst dich nicht vor ihm zu fürchten«, weinte sie. »Er ist gefangen.«

»Hilf mir!«, flehte der Arkonide. »Ich habe starke Schmerzen!«

Anima konzentrierte sich auf die Wunden. Sie war sich unschlüssig, wo sie beginnen sollte. Unruhig wanderten ihre Augen zwischen Schultern, Hüfte und Oberschenkel hin und her. Ihre Hände verkrampften sich zu Fäusten.

»Jetzt!«, flüsterte der Arkonide.

Ich kann nicht!, schrien ihre Gedanken. Panik befiel sie. Sie hatte Angst, es nicht zu schaffen. Mit aller Macht drängten die Erlebnisse aus der Vergangenheit in ihr Bewusstsein und hinderten sie an der Konzentration.

Anima hatte Angst, erneut zu versagen.

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)

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