Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 124

4.

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Die STERNENSEGLER war ins Trudeln gekommen. Sie verließ ihre bisherige Flugbahn und stürzte wie ein Stein in Richtung Cirgro. Die Triebwerke flammten unregelmäßig auf. Nur mühsam stabilisierte das Schiff seinen Flug, und die STERNSCHNUPPE raste herbei, um ihr zu Hilfe zu kommen.

Hektischer Funkverkehr erwachte zwischen den beiden Schiffen. Goman-Largo rechnete mit POSIMOL und steuerte das Schiff mit seinen überlegenen technischen Kenntnissen. Und die STERNSCHNUPPE mit ihrem eigenen Bewusstsein gab gute Ratschläge, die den Tigganoi nervten.

Auch der Diskus geriet außer Kurs. Offensichtlich wirkte sich die Nähe des Planeten negativ auf die Steuerung und den Antrieb aus.

Die Psi-Kräfte der Krelquotten mussten dahinterstecken, aber darüber fiel kein Wort.

Beide Schiffe retteten sich aus der Nähe des Planeten und nahmen Kurs auf den Leerraum zwischen den beiden nächsten Planeten. Noch immer bockte und schlingerte die STERNENSEGLER. Ein Triebwerksschaden war nicht auszuschließen, und Atlan meldete, dass der Antigravantrieb der STERNSCHNUPPE ausgefallen war. Ein Energiefinger von der STERNENSEGLER griff nach dem Diskus und zog ihn zu sich heran. Nebeneinander strebten die beiden Schiffe dem Nachbarplaneten Cirgros zu. Sie kreuzten jede mögliche Umlaufbahn und drangen mit viel zu hoher Geschwindigkeit in die Atmosphäre ein.

Der Planet leuchtete braun und gelb zu ihnen herauf. Es war eine Staubwelt, und auf der Oberfläche tobten regional begrenzte Stürme. Riesige Sandwolken trieben durch die Luft. Flüsse und Vegetation waren nirgends zu erkennen, aber eines gab es da unten. Das Schiff der Fremden musste sich irgendwo aufhalten. Es tauchte nach einer Weile unter einer Staubwolke auf, und die Ortungsanlagen der beiden Schiffe meldeten die Metallkonzentration. Zu diesem Zeitpunkt hatten STERNENSEGLER und STERNSCHNUPPE jedoch alles andere zu tun, als auf die ENTE zu achten.

Beide Schiffe hatten ihre Schutzschirme aktiviert. Sie zogen glühende Spuren durch die Atmosphäre, und ein gewaltiger Orkan folgte ihnen und ließ Stürme heißer Luft entstehen, die den Schiffen folgten und sich immer mehr der Oberfläche näherten.

Der Planet besaß etwa achttausend Kilometer Durchmesser. Er war kaum abgeplattet, und seine Rotationsachse stand senkrecht auf seiner Bahn um die Sonne. Flüsse waren nirgends zu entdecken, und wenn es auf dieser Welt Wasser gab, dann war es unter der Oberfläche zu suchen.

Langsam nahm die Geschwindigkeit der beiden Schiffe ab. Die STERNENSEGLER tat alles, um den Flug des Gespanns zu stabilisieren. Dennoch hing die STERNSCHNUPPE schräg unter ihr und wackelte bei jedem Schub aus den Triebwerken. Am Horizont tauchte eine massige Gebirgskette auf und schob sich immer mehr in den Himmel. Die beiden Schiffe stürzten darauf zu, und für Beobachter irgendwo auf der Tagseite des Planeten musste der Eindruck entstehen, als rasten sie direkt auf die Felsfront zu.

Tatsächlich reichten die Triebwerksschübe der beiden Schiffe nicht aus, um dem Zusammenstoß auszuweichen. Die STERNENSEGLER konnte nur noch die Hälfte ihrer Aggregate benutzen, und die STERNSCHNUPPE zappelte wie wild in dem Fesselfeld, das sie hielt.

»So schaffen wir es nie«, verkündete Atlan. »Ihr müsst mehr Schub geben!«

Das Bergmassiv befand sich jetzt nur noch tausend Kilometer entfernt, und es stand endgültig fest, dass sie dagegen prallen würden. Kurz darauf fiel zu allem Unglück auch der Schutzschirm der STERNENSEGLER aus.

Die Atmosphäre wurde dichter, je näher die beiden Schiffe der Oberfläche kamen. Noch immer war ihre Geschwindigkeit zu hoch, und sie taumelten weiter nach unten. Die Reibungshitze ließ die Luft um sie herum brennen.

Inzwischen ragte das Gebirge wie eine unendlich hohe Mauer vor ihnen auf. Die höchsten Gipfel waren über zehn Kilometer hoch, und die Flughöhe der Schiffe betrug nur noch zwölf Kilometer. Sie würden in einem Abstand von etwa acht Kilometern über der Oberfläche gegen den Fels prallen und zerschellen.

Längst waren die noch einsatzbereiten Triebwerke der STERNSCHNUPPE und der STERNENSEGLER miteinander synchronisiert. Die Taumelbewegungen ließen ein wenig nach, aber das war die Folge der starken Bremswirkung der Atmosphäre.

»Wir machen einen letzten Versuch«, verkündete Goman-Largo. »Es bleiben noch zwei Minuten nach eurer Zeitrechnung, um das Schiff zu verlassen!«

Niemand gab eine Antwort, niemand schien noch Hoffnung zu haben. Dennoch machte niemand Anstalten, ein Rettungsboot aufzusuchen oder mit einem Antigravgürtel zu einer der Schleusen zu eilen.

Das Wunder geschah. Mit vereintem Schub raste das Gespann auf das Feldmassiv zu, zwischen aufragenden Gipfeln hindurch, und fegte rund zwanzig Meter über einer Passhöhe dahin. Gleichzeitig erlosch der Traktorstrahl, machten sich die beiden kleinen Schiffe selbständig. Sie strebten auseinander und überwanden die letzten Bergkuppen. Sie sanken in eine Ebene hinab, die ebenso trostlos und öd wirkte wie die übrige Planetenoberfläche.

Die Ortung gab Alarm.

Atlan und Goman-Largo starrten sich auf den Bildschirmen an.

»Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, sagte der Arkonide. »Die Ortung hat doch ständig angezeigt, dass das Schiff da drüben steht!«

Der Bildschirm zeigte die Ebene, und die STERNSCHNUPPE projizierte einen Lichtpunkt dorthin, wo sie die ENTE geortet hatte.

Das Schiff der Fremden war verschwunden, oder es hatte sich den Ortungsgeräten entzogen.

Die beiden Schiffe landeten. Die STERNSCHNUPPE ging weit südlich nieder, rund dreißig Kilometer vom theoretischen Standpunkt der ENTE entfernt. Die STERNENSEGLER hielt sich weiter im Norden, etwa in doppelter Entfernung vom Ziel des Täuschungsmanövers.

»Wir schalten die Triebwerke aus«, sagte Anima. »Umfangreiche Reparaturen sind notwendig. Vorläufig ist an einen Start nicht zu denken. Orgro ist zu einer Art Falle für uns geworden.«

»Orgro?«, fragte Mrothyr. »Wie kommst du auf den Namen?«

»Ich habe ihn von einem Krelquotten aufgeschnappt«, pfiff Neithadl-Off. »Er sagte deutlich Orgro. Ist das verwunderlich? Der andere Planet heißt Cirgro. Und die Namen der übrigen Welten sind mir ebenfalls bekannt: Dargro, Murgro, Vengro, Sergro, Tisgro, Ragro und Xogro!«

»Da kann etwas nicht stimmen«, sagte Chipol leise, so dass es nur in der Zentrale der STERNSCHNUPPE zu hören war.

»Was denn?«, knurrte Mrothyr.

»Der Junge hat Recht«, bestätigte Atlan. »Wir haben neun Namen, aber das System verfügt nicht über neun Planeten, sondern über acht!«

Die Aggregate des Schiffes liefen aus. Nur die wichtigsten Systeme arbeiteten noch, und der Arkonide wies das Schiff an, eine Bestandsaufnahme zu machen. Drüben in der STERNENSEGLER arbeiteten der Tigganoi, die Vigpanderin und Anima bereits daran, das Schiff wieder flugtauglich zu machen. Schließlich tauchte der Modulmann wieder auf dem Bildschirm auf.

»Wir benötigen ein paar seltene Metalle«, verkündete er. »Dazu müssen wir Sonden ausschleusen. Hoffentlich verfügt dieser Planet über die nötigen Rohstoffe!«

Atlan stimmte ihm zu. Goman-Largo hatte das vereinbarte Signal gegeben, das sie nach ihrem Plan verabredet hatten. Phase Rot war eingetreten, womit niemand gerechnet hatte. Die ENTE war verschwunden, ohne dass sie den Planeten verlassen hatte.

Beide Schiffe schleusten Sonden aus. Sie machten sich auf die Suche, aber sie suchten nicht nach Bodenschätzen, sondern nach dem Schiff der Fremden.

*

Eine halbe Stunde später verließen Atlan und Chipol das Schiff. Mrothyr blieb zurück. Und die drei Insassen der STERNENSEGLER rührten sich nicht. Für den heimlichen Beobachter hatte es den Eindruck, als seien beide Schiffe stark beschädigt, und dabei fehlte ihnen überhaupt nichts. Sie hatten ihre Rolle gut gespielt, und es blieb zu hoffen, dass die Fremden ihnen die Geschichte abnahmen. Das plötzliche Verschwinden der ENTE war nicht dazu angetan, diese Hoffnung zu nähren.

Gleichzeitig ging der Notruf ab. Beide Schiffe funkten eine Schadensmeldung über den Planeten und in den Raum hinaus und baten um Unterstützung. Antwort kam keine, und Atlan hatte dies auch nicht anders erwartet. Er strich sich über den Einsatzanzug. Er leuchtete grau im fahlen Licht. Die Hochatmosphäre wurde von einer riesigen Sandwolke erfüllt, die kaum Sonnenlicht durchließ. Die Luft war zwar atembar, aber von Staub durchdrungen wie ein nasser Schwamm von Wasser. Es war ratsam, die Helme nicht zu öffnen.

»Wohin wenden wir uns?«, fragte Chipol. Er ging neben Atlan, und der Arkonide deutete nach Osten.

»Es wäre unlogisch, wir würden uns nicht um das verschwundene Schiff kümmern«, sagte er. Sie hatten ihre Helmfunkgeräte auf minimale Reichweite eingestellt, so dass niemand sie hören konnte. Dies ließ auch keine Verbindung mit den beiden Schiffen zu, aber es war verabredet worden, dass sie sich in regelmäßigen Abständen mit verstärkter Sendeleistung meldeten.

Sie beschleunigten ihren Schritt. Die STERNSCHNUPPE verschwand im Halbdunkel, und Atlan schaltete die Helmlampe ein. Der grelle, weiße Strahl stach durch die Landschaft.

Die Ebene war trostlos. Es gab keine Vegetation. Der Boden war von Sand und Staub bedeckt. Man lief auf ihm wie auf einem weichen und dicken Teppich. Manchmal sanken die Stiefel bis über die Knöchel ein. Die Fußstapfen waren deutlich zu sehen, aber der heftige Wind verwischte sie rasch wieder und machte es unmöglich, nach einer Viertelstunde den exakten Rückweg zu finden.

Irgendwie war das alles gespenstisch, und Chipol machte seinen Empfindungen Luft.

»Das ist wie in einem riesigen Gefängnis. Man hat Bewegungsfreiheit, aber man kommt doch nicht weiter. Lass uns umkehren!«

Atlan schüttelte stumm den Kopf. Er deutete voraus. Er hatte einen Schatten ausgemacht, der sich bewegte. Mitten in der Einöde ohne irgendeine Bodenerhebung ragten zwei Felsen auf. Sie bewegten sich im Wind und schlugen gegeneinander.

»Dong!«, machte es, und der Ton erinnerte an eine Glocke. »Dong!«

Mit zunehmendem Wind wurde der Rhythmus schneller, und Atlan blieb vor dem Gebilde stehen und betastete es. Es war Fels, aber er war nicht fest im Boden verankert. Der Arkonide winkte Chipol. Gemeinsam entfernten sie den Sand drum herum. Die Felsen waren nicht mit dem Untergrund verwachsen. Sie steckten einfach in der Gesteinsfläche.

Das Ganze war so unnatürlich, dass sich die beiden sofort fragten, wer dieses Signal aufgestellt hatte. Atlan versuchte, einen der Felsen zu bewegen. Er schaffte es nicht. Der Fels schwang weiter im Wind.

»Wir sollten suchen, ob wir noch mehr von dieser Sorte finden«, meinte Chipol. »Es geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Könnte es sein, dass das fremde Schiff auf Orgro einen Stützpunkt besitzt? Oder gibt es hier sogar ein Volk, dessen Existenz bisher nicht nachweisbar war?«

Sie würden es sehen. Vorläufig gab es keine konkreten Hinweise, und Atlan setzte sich wieder in Bewegung und stapfte in Richtung Osten. Sie hätten gut ihre Rückentornister mit den integrierten Fluggeräten aktivieren können. Das aber hätte die Fremden frühzeitig auf sie aufmerksam gemacht.

Für kurze Zeit wurde der Himmel heller und die Sicht klarer. Hinter den beiden Wanderern erhob sich die Bergkette, und in den drei übrigen Himmelsrichtungen erstreckte sich die Ebene bis zum Horizont. Weiter vorn in Marschrichtung senkte sich der Boden ein wenig ab.

Wieder trieb eine Sandwolke durch die Hochatmosphäre. Es wurde finster, und diesmal schaltete auch Chipol seinen Scheinwerfer ein. Er eilte Atlan voran und blieb nach einer Weile stehen. Inzwischen waren sie fast dreißig Minuten unterwegs.

»Da ist ein Loch«, sagte er und deutete nach vorn. »Beim Großen Feuer von Manam-Turu, wir sind hier auf einer Welt, die von den Göttern schwer vernachlässigt wurde. Das Loch sieht aus wie der Eingang in die Unterwelt!«

Atlan betrachtete die Vertiefung. Sie mochte zwanzig Meter breit und zehn Meter tief sein. Der Boden fiel sanft ab und wurde unten ein wenig steiler. Sein Scheinwerfer leuchtete das Dunkel ab und blieb an mehreren Säulen hängen. Sie bestanden aus Naturstein, und sie stützten die Felsdecke. Es sah aus, als befände sich da unten eine größere Höhlung.

Der unterhöhlte Boden würde das plötzliche Verschwinden des fremden Schiffes erklären, meldete sich der Extrasinn. Es muss eingebrochen sein.

Der Arkonide setzte sich in Bewegung. Er wies Chipol an, einen kurzen Funkspruch an die STERNSCHNUPPE durchzugeben. Der Daila kam der Aufforderung nach. Inzwischen stieg Atlan langsam in die Tiefe hinab. Der Staub begleitete ihn, und manchmal rutschte er und drohte auf dem nachgiebigen Boden zu stürzen. Chipol kam ihm nach, nachdem er die Sendeleistung des Helmfunks wieder reduziert hatte.

Nebeneinander kamen sie am Grund der Vertiefung zum Stehen. Ein paar Meter vor ihnen ragten die Felssäulen auf, und dazwischen war es finster. Dort gab es kein Gestein, das das Licht reflektierte. Die Strahlen der Scheinwerfer verschwanden irgendwo im Hintergrund.

»Zeit haben wir genug«, sagte Atlan. »Und wenn der Hyperraumzapfer der STERNENSEGLER defekt ist, kann das lange dauern. In der Zwischenzeit haben wir die ENTE dreimal erreicht.«

»Du willst in dieses Labyrinth eindringen?«

»Ja, Chipol.«

Um die Fremden in ihrem Raumschiff brauchten sie sich keine Sorgen zu machen. Es gehörte mit zum Plan, dass die ENTE auf alle Fälle daran gehindert würde, Orgro wieder zu verlassen. Vorausgesetzt, sie ließ sich hindern. Vorläufig war alles ein einziges Versteckspiel, das dazu dienen sollte, dem anderen tröpfchenweise die eigenen guten Absichten beizubringen.

Atlan watete durch den Staub vorwärts, der sich am Grund der Vertiefung über einen halben Meter hoch angesammelt hatte. Zwischen den Säulen blieb er stehen und ließ den Strahl seiner Lampe wandern. Die Felssäulen waren mit dem Boden und der Decke verwachsen. Sie bildeten eine Einheit, und zwischen ihnen befand sich ein Hohlraum, dessen Begrenzungen nicht erkennbar waren.

Der Arkonide schritt weiter und verschwand in der Kaverne oder was immer es war. Er ging geradeaus, und Chipol folgte ihm ein paar Meter seitlich. Die Säulen standen in einem Abstand von zehn Metern zueinander, und es gab sie in großer Zahl.

Die beiden Gefährten trennten sich. Atlan wandte sich nach links, der junge Daila nach rechts. Ungefähr zweihundert Schritte legten sie zurück, bogen ab und kehrten weiter im Innern der Höhlung zu ihrer ursprünglichen Route zurück.

»Es ist ein riesiges Areal«, rief Chipol aus. »Eine so große Höhle habe ich noch nie gesehen!«

»Höhle ist nicht das richtige Wort«, sagte Atlan. »Aber hier unten ist die Luft nicht staubhaltig. Versuchen wir, ohne Helm zu atmen.«

Vorsichtig klappte er ihn zurück und holte langsam Luft. Sie roch modrig, kalt und feucht. Der Arkonide legte die Hände an den Mund und ließ einen Schrei los. Aufmerksam lauschte er. Außer von den Säulen kam kein Echo. Seine Vermutung bewahrheitete sich, aber der Extrasinn mahnte ihn zur Mäßigung.

Nichts spricht dafür, ließ er sich vernehmen. Es ist eine große Höhle, mehr nicht.

»Du vergisst die verschwundene ENTE«, hielt er entgegen. »Wir müssen die beiden Schiffe warnen. Es besteht Einsturzgefahr!«

Suche erst einmal weiter. Die Katakomben existieren sicherlich nicht zum Spaß.

Sie marschierten weiter, und an ihrer Umgebung änderte sich nichts. Die Säulen besaßen immer noch denselben Abstand zueinander, und der Gedanke, dass die gesamte Ebene auf diese Weise unterkellert war, ließ sich nicht mehr von der Hand weisen.

»Die Oberfläche, die wir kennen gelernt haben, ist nichts anderes als eine Decke«, sagte Chipol düster. »Es ist ein Schutz oder etwas Gefährliches. Vielleicht sitzen wir in einer Falle!«

Atlan verzog den Mund. Nebeneinander lauschten sie. Je länger sie die Ohren anstrengten, desto deutlicher hörten sie ein Geräusch. Es klang wie das Rauschen von Wasser.

Sie eilten vorwärts. Einen halben Kilometer legten sie zurück. Nichts veränderte sich, aber dann senkte sich der Boden ein Stück nach unten, und nach zwei weiteren Kilometern erreichten sie den Einschnitt im felsigen Untergrund. Ein Riss tat sich vor ihnen auf. In gut acht Metern Tiefe rauschte ein unterirdischer Fluss entlang, und an seinen Steilufern wuchsen fluoreszierende Moose.

Langsam bekamen Atlan und Chipol eine Vorstellung von diesem Planeten. Die Höhlung unter der Oberfläche war natürlichen Ursprungs und vermutlich von den nach unten zurückweichenden Wassermassen geschaffen worden. Lediglich die symmetrische Anordnung der stützenden Felssäulen verblüffte, aber es war nicht das erste Mal, dass die Natur etwas absolut Geometrisches und Regelmäßiges geschaffen hatte.

Und wenn es hier unten Wasser gab, dann musste auch damit gerechnet werden, dass Pflanzen und Lebewesen existierten. Die Moose waren ein Beweis dafür.

In das Rauschen mischte sich ein tiefes Murmeln. Es kam von allen Seiten, und es näherte sich dem Standort der beiden Eindringlinge. Chipol griff nach Atlans Hand.

»Weg hier!«, zischte er. Sie wandten sich um, aber da fiel etwas Feuchtes und Schweres auf sie und drückte sie gegen den Boden. Es gelang ihnen gerade noch, ihre Helme zu schließen. Dann konnten sie sich nicht mehr rühren.

*

Soray war der Obmann, und seine Untergebenen begegneten ihm mit Respekt. Auch jetzt traten sie unter etlichen Höflichkeitsbezeigungen ein und überreichten ihm das Ergebnis der Untersuchung. Er entließ sie und studierte den Bericht.

Die Schiffswracks gehörten unterschiedlichen Bauarten und Bauzeiten an. Es ließen sich Rückschlüsse auf rund ein Dutzend unterschiedlicher Völker ziehen. Sie alle mussten sich in diesem System aufgehalten haben, das der Obmann vorläufig mit der Bezeichnung Außen-AX-1200 versehen hatte. Er bezweifelte, ob es ihnen möglich sein würde, den eigentlichen Namen herauszubekommen.

Da waren die zwei Schiffe, vor denen sie zunächst Reißaus genommen hatten. Diese waren plötzlich verschwunden, so als hätten sie ein schlechtes Gewissen.

Dann waren sie zurückgekommen. Sie hatten sich dem Planeten ziemlich weit genähert, und es wunderte den Obmann nicht, dass sie Schwierigkeiten bekommen hatten. Es war ihnen gerade noch geglückt, auf der Hülle des Nachbarplaneten notzulanden. Soray hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt diesen Planeten als Zwischenbasis auserkoren, und die YOI 1 landete in der großen Ebene des Staubes. Sie sockelte, und der eigentliche Erkunder schwebte zehn Handspannen über dem Sockel, der eigentlich nur die Basis der externen Energieversorgung darstellte.

Aber das war vorbei. Plötzlich war der Sockel verschwunden, und er hatte die YOI 1 in die Tiefe gerissen. Der Boden war eingebrochen, und der Schwere Erkunder war hundert Handspannen tiefer gegen den Felsboden geprallt.

Inzwischen war die Ursache des Unglücks gefunden, das auch eine positive Seite zu verzeichnen hatte. Die beiden fremden Schiffe konnten sie nicht mehr aufspüren, denn die Felsmassen ließen keine Ortungsstrahlen durch. Die YOI 1 war so gut wie vom Erdboden verschluckt.

Soray hustete zufrieden. Das Erkundungskommando war in den Höhlen unterwegs, und es war eine Zeitspanne vereinbart worden, nach der es sich zurückmelden würde. Wie der Obmann seine Untergebenen kannte, würden sie sich exakt daran halten. Und wenn sie es nicht taten, dann war etwas geschehen.

Weiter las Soray in dem Bericht. Der Planet, den sie hatten anfliegen wollen, wies eindeutig jene Merkmale auf, die ihnen genannt worden waren. Es konnte keine Verwechslung sein. Doch was war mit dieser Welt geschehen?

Niemand konnte es bisher sagen. Es musste eine fürchterliche Katastrophe gewesen sein. Nichts wies darauf hin, dass auf der Oberfläche noch Leben existierte. Es gab nur diese fürchterlichen Phänomene.

Plötzlich waren Schatten durch den Schweren Erkunder gegeistert. Sie hatten Unruhe gestiftet und allerhand Unfug angestellt. Fremde Kräfte hatten nach den Steueranlagen gegriffen, wobei es sich eindeutig um psionische Einflüsse handelte. Im letzten Augenblick war es gelungen, das Schiff in Sicherheit zu bringen.

Soray hatte zunächst keine Zeit gehabt, sich mit den Erscheinungen weiter zu befassen. Er musste das Schiff verstecken, und es war ihm gelungen, die Fremden an der Nase herumzuführen. Dass sie dann doch auf demselben Planeten gelandet waren wie er und auf derselben Ebene jenseits des Felsengebirges, das konnte nicht mehr als ein dummer Zufall sein.

Das Glück ist auf unserer Seite, dachte der Obmann. Wir sind vorläufig sicher.

An der YOI 1 waren keine nennenswerten Schäden entstanden. Die externe Energieversorgung hatte einen Schlag erhalten und war kurzfristig ausgefallen. Das war behoben, und das Schiff hing wie gewöhnlich zehn Handspannen über dem Sockel.

»Hauptmann Derlag zu mir, sofort!«, sagte Soray laut. Er ließ sich in eines der weichen Wandpolster sinken. Kurz darauf trat Derlag ein und grüßte.

»Du hast mich gerufen, Obmann!«

»Ich möchte, dass ein Erkundungskommando eines der beiden Schiffe aufsucht. Die Männer dürfen nicht gesehen werden, das ist klar. Ich brauche Informationen. Vor allem will ich wissen, welche Kenntnisse die Fremden über den geheimnisvollen Planeten besitzen. Abtreten!«

Derlag ging, und der Obmann widmete sich wieder seinen Gedanken.

Die Hinweise waren eindeutig gewesen. Und der Daila konnte nur die Wahrheit gesprochen haben. Dennoch ... Soray wurde ein komisches Gefühl nicht los. Im System Außen-AX-1200 hatte sich mehr ereignet als nur ein kleiner Unfall. Es musste eine große Schlacht gegeben haben.

Wieder wanderten seine Augen über den Bericht. Es gab Schiffe, die durch Waffeneinwirkung zu Wracks geworden waren. Es hatte aber auch Fälle gegeben, in denen ein oder zwei Schiffe gleichzeitig von innen heraus zerstört worden waren, ohne dass ein Grund ersichtlich war.

Besatzungen, die ihr Schiff und sich selbst vernichteten, nur weil ein paar Geister durch die Räume schwebten?

Soray musste auch damit rechnen, dass es Intelligenzen gab, die auf solche Erscheinungen mit Selbstzerstörung reagierten.

Sie hatten keine Leichen gefunden, die im All trieben. Alles war so geheimnisvoll und unheimlich.

Auf einem Bildschirm beobachtete er, wie das Kommando den Erkunder verließ. Es verschwand zwischen den Felstrümmern des Einbruchs und tauchte kurz darauf oben an der Bruchkante auf. Ein letztes Handsignal hinab zu den Kameras der Aufnahmeoptik, dann war der letzte der Männer verschwunden. Wie immer wünschte Soray ihnen im Geist viel Glück.

Der Obmann machte sich daran, den nächsten Schritt einzuleiten. Er musste alle Eventualitäten berücksichtigen. Seine Mission in diesem Sonnensystem war eine äußerst diffizile. Sie musste unauffällig vonstatten gehen und sollte möglichst keine fremden Zeugen oder Beobachter haben. Durch einen Zufall konnte der Erkunder doch noch entdeckt werden, und dann befand sich Soray in keiner beneidenswerten Position. Eines der beiden fremden Schiffe war deutlich größer als die YOI 1, die Besatzungsstärke musste entsprechend sein. Und gegen eine Übermacht waren selbst die Tricks und Kniffe seiner Männer wirkungslos.

Die beiden Kommandos waren deshalb zur Ablenkung gedacht. Soray und seine engsten Untergebenen blieben noch eine Weile im Schiff, um die Entwicklung abzuwarten. Dann erst würden sie sich aufmachen und nach etwas suchen, was sie eigentlich auf dem Nachbarplaneten zu finden hofften. Es war jedoch nicht auszuschließen, dass es auch hier das gab, wonach sie suchten und wovon der Daila gesprochen hatte.

Daila sind seltsame Geschöpfe, dachte Soray, so klein und grobschlächtig. Eigentlich sehen sie gar nicht vertrauenerweckend aus. Und doch gibt es keinen Grund für die Annahme, dass das Wesen uns angelogen haben könnte. Wozu auch.

Wie in anderen Fällen war es auch bei ihm gelungen, die eigentlichen Vorzüge der tessalischen Kultur geheim zu halten. Diesen Kunstkniff wandten sie auch jetzt an, und ihre eigentlichen Mittel würden erst dann zum Tragen kommen, wenn sie die eigentliche Aufgabe in Angriff nehmen konnten, nämlich den endgültigen Landungsversuch auf dem Planeten, an den man nicht so ohne weiteres herankommen konnte.

Soray fuhr auf. Ein Gedanke kam ihm. Nochmals ließ er Derlag kommen und trug ihm auf, der Oberflächengruppe nachzufliegen und eine Änderung seiner Absichten kundzutun. Derlag tat es, und danach stand fest, dass das Kommando nicht im geheimen operieren würde. Es würde sich den Insassen des kleineren Schiffes zeigen und auch einen Kontakt in Kauf nehmen. In der Zwischenzeit wusste man im Erkunder mehr über das Höhlensystem und konnte den Vorstoß zum Nachbarplaneten in seine letzte Phase treten lassen.

Der Obmann hoffte, dass die fremden Schiffe so schwer beschädigt waren, dass sie ihm nicht folgen konnten. Sobald er davon überzeugt war, wollte er ihnen Hilfe anbieten. Zunächst jedoch war es ratsam, die eigenen technischen Möglichkeiten nicht zu zeigen und selbst um Hilfe zu bitten. Damit lieferte er einen Grund für Gespräche über Funk oder bei einer Gegenüberstellung. Er wollte die Fremden aushorchen, denn vielleicht wussten sie etwas über den verhexten Planeten, der nichts und niemand an sich heranließ. »Wir werden es schon schaffen«, sagte Soray zuversichtlich.

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)

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